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Hinweisgeberschutz - Was müssen Kommunen gewährleisten?
© Adobe Stock

Dazu sind Kommunen verpflichtet

Hinweisgeberschutz: Interne Meldestellen im Rathaus

27. November 2025
Das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Kommunen, eigene Anlaufstellen einzurichten. Dort können Beschäftigte vertraulich auf Missstände oder Rechtsverstöße hinweisen – ohne Angst vor Kündigung. Wie weit die Umsetzung in Kommunen ist und welche Chancen sich damit ergeben, erläutert Juliane Drechsler vom Landkreis Börde im Gastbeitrag.

Zunächst: Als Autorin habe ich im Rahmen meiner Masterarbeit die Umsetzung der Meldestellenpflicht in Sachsen-Anhalt untersucht. Die Ergebnisse lassen sich auf andere Bundesländer übertragen. Viele Gebietskörperschaften haben Meldestellen eingerichtet, andere befinden sich im Aufbau, manche haben trotz Pflicht noch keine Schritte eingeleitet. Gründe dafür sind knappe Ressourcen, rechtliche Unsicherheiten und fehlende Priorisierung. 

Juliane Drechsler über Hinweisgeberschutz
Juliane Drechsler ist Prüferin im Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde und Dozentin am Studieninstitut für Kommunale Verwaltung Sachsen-Anhalt e. V.

Feststellen lässt sich schon heute: Die Meldestellen sind wichtig. Hinweisgebersysteme ermöglichen es Bediensteten, Missstände ohne Angst vor Repressalien zu melden. Probleme lassen sich intern klären, bevor sie öffentlich eskalieren. Behörden, die Meldestellen aktiv nutzen, steigern ihr Ansehen bei Bürgern, aber auch in Politik und Medien. Gerade in Zeiten wachsender Erwartungen ist Hinweisgeberschutz ein Instrument für nachvollziehbares Verwaltungshandeln.

Trotz des Potenzials ist vielerorts Zurückhaltung spürbar. Fachkräftemangel, offene Fragen, fehlende Qualifizierung und Akzeptanzprobleme in der Belegschaft erschweren die Einführung. Besonders kleinere Kommunen fühlen sich überfordert. Diese Hürden sind nachvollziehbar, dürfen aber keine Ausrede sein.

Meist ist die Meldestelle im Haupt- bzw. Rechtsamt oder beim Datenschutzbeauftragten angesiedelt. Technisch setzen die Verwaltungen auf E-Mail-Postfächer, Briefkästen oder digitale Systeme mit besonders geschützter Kommunikation.

Ein gut funktionierendes Hinweisgebersystem ist kein bürokratischer Selbstzweck. Er ist Ausdruck von Verantwortung. Eine echte Meldekultur entsteht jedoch nicht über Nacht. Erst wenn Schweigen seinen Glanz verliert und Reden zum neuen Gold wird, kann Vertrauen wachsen. 

Handlungsempfehlungen zur nachhaltigen Implementierung

Hinweisgebersystem (freiwillig) einführen

Auch Kommunen ohne Verpflichtung sollten eine freiwillige Umsetzung erwägen. Die Meldestelle stärkt das interne Kontrollsystem, deckt Risiken präventiv auf und vermeidet Skandale.

Kräfte durch Kooperationen bündeln

Gemeinsame Meldestellen sparen Ressourcen und bündeln Expertise. Hierfür sollten Zweckvereinbarungen zwischen den beteiligten Organisationen abgeschlossen werden.

Verantwortlichkeiten festlegen

Da Meldestellenbeauftragte diese Aufgabe zusätzlich zu ihrer eigentlichen Tätigkeit übernehmen, müssen ihre Rollen strikt getrennt sein, um Zielkonflikte zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Schutzmechanismen des Hinweisgeberschutzgesetzes greifen.

Qualifikation durch Schulung aufbauen

Die Verantwortlichen benötigen rechtliche Kenntnisse, Erfahrung im Umgang mit sensiblen Situationen sowie Verfahrenssicherheit. Ebenso wichtig sind Vertrauenswürdigkeit und Kommunikationsstärke.

Passende (anonyme) Meldekanäle anbieten 

Die Kombination mehrerer Meldewege senkt Hürden. Anonyme Meldungen sind zwar kein Muss, fördern aber die Meldebereitschaft. Entscheidend ist, dass alle Kanäle sicher und benutzerfreundlich sind.

Den Anwendungsbereich erweitern

Kommunen können das System freiwillig auf weitere Themen wie Mobbing, intransparente Stellenbesetzungen oder interne Regelverletzungen ausdehnen. 

Eine Kultur der Offenheit fördern

Nur bekannte Systeme werden genutzt. Zweck und Schutzmechanismen sollten kommuniziert, Richtlinien festgelegt und Kanäle für externe Beteiligte geöffnet werden.

Meldeprozess aufbauen

Der gesamte Ablauf vom Meldungseingang bis zum Abschluss des Verfahrens muss geregelt sein. Fristenkontrollen und Nachbereitungen sollten integraler Bestandteil sein. 

Ressourcen planen 

Je nach Verwaltungsgröße, Meldungsaufkommen und Kanalauswahl liegen die jährlichen Kosten im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich. Eine frühzeitige Budgetplanung schafft Planungssicherheit.

Netzwerke nutzen und Best Practices teilen

Die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck zeigt, wie Hinweisgeberschutz gelingen kann. Sie hat freiwillig eine eigene Meldestelle geschaffen, bietet sie anderen Gebietskörperschaften zu festen Konditionen an und stärkt so interkommunale Zusammenarbeit. Ein Netzwerk für Hinweisgeberschutz könnte diese Ansätze sichtbar machen und den Austausch fördern. 

Pro und Contra zum Hinweisgeberschutz 

Frühwarnsystem: Kommunen können interne Missstände erkennen, bevor sie öffentlich eskalieren.

Bürokratieaufwand: Vor allem kleine Kommunen klagen über hohen administrativen und technischen Aufwand.

Rechtssicherheit: Wer meldet, ist besser geschützt – das stärkt Vertrauen in die Verwaltung.

Kosten: Externe Anbieter verlangen teils hohe Gebühren für Meldesysteme.
Transparenz: Bürger und Mitarbeiter erleben, dass Fehlverhalten nicht unter den Teppich gekehrt wird. Misstrauenskultur: Manche befürchten, dass Denunziation oder Misstrauen im Kollegenkreis zunehmen.

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