Leitfaden
Sicher zur Schule: Wie Kommunen Schulstraßen erfolgreich umsetzen können
Sicher und selbstständig zur Schule
Die Kinder sollen selbstständig und sicher zum Unterricht kommen – so lautet das Ziel des Aktionsbündnisses. Bei einer Schulstraße handelt es sich um eine Straße nahe einer Schule, die für motorisierten Verkehr zeitweise oder dauerhaft gesperrt ist. Wie genau eine solche Sperrung aussieht, kann je nach örtlichen Gegebenheiten durchaus unterschiedlich sein:
- Ein Ansatz ist es, die Straße nur in einem bestimmten Zeitraum am Tag zu sperren.
- Bei der ganztägigen Schulstraße ist die Straße dauerhaft für motorisierten Verkehr gesperrt und exklusiv für Fuß- und Radverkehr freigegeben.
Ist eine grundlegende Sperrung nicht realisierbar, gibt es noch die Möglichkeit, zumindest einzelne Fahrspuren oder Parkstreifen in Gehwege umzuwandeln. Für alle Varianten liefert sowohl das Straßenverkehrsrecht als auch das Straßenrecht mögliche rechtliche Grundlagen.
Erfolgreiche Beispiele im In- und Ausland
Im Ausland wurde das Konzept der Schulstraßen schon in unterschiedlicher Form umgesetzt. In Bologna gibt es vor einigen Schulen Plätze, die eigens für den nichtmotorisierten Verkehr umgestaltet wurden. In Paris gibt es die „rues aux ecoles“, dauerhafte Fußgängerzonen im Umfeld von Bildungseinrichtungen. In Österreich wiederum wurde 2022 in der dortigen Straßenverkehrsordnung eine spezielle rechtliche Grundlage mit eigenen Verkehrszeichen geschaffen, um den Weg zur Umsetzung von Schulstraßen in Zukunft rechtlich deutlich zu erleichtern.
Auch in Deutschland setzen sich zunehmend mehr Kommunen für die Einführung von Schulstraßen ein und sind mit Schuljahresbeginn 2024/25 unter anderem Pilotprojekte in Dortmund und Mönchengladbach gestartet und wurden weitere etwa in Bamberg und Hamburg beschlossen. „Es gibt aber auch Kommunen, die weiterhin zögerlich sind“, sagt Simone Kraus, die Sprecherin des Kidical Mass Aktionsbündnisses. Der neue Leitfaden solle dazu beitragen, dass sich das ändert.
Das Straßenverkehrsrecht – Grundlage bei provisorischen Schulstraßen
Geht es darum, dass eine Schulstraße erst einmal nur für einen abgesteckten Zeitraum getestet werden soll, empfiehlt das Aktionsbündnis, dies auf Grundlage des Straßenverkehrsrechts. Zuständig für die Anordnung ist die jeweilige Straßenverkehrsbehörde. Um eine Schulstraße nun tatsächlich zu testen, braucht es laut Straßenverkehrsrecht eine „qualifizierte Gefahr“ – also eine überdurchschnittliche Gefährdung der Kinder. Wie diese begründet werden kann, führt der Leitfaden detailliert auf und betont dabei das Recht der Kinder auf Teilhabe am Verkehr und die öffentliche Verpflichtung zum Schutz von Leben und Gesundheit. Helfen könne bei der Begründung einer Beschränkung darüber hinaus auch ein städtebauliches Verkehrskonzept der Kommune.
Das Straßenrecht als Basis für längerfristige Maßnahmen
Soll eine Schulstraße dauerhaft eingeführt werden, muss sie auch rechtlich über das Straßenrecht abgesichert werden. Dafür ist eine sogenannte „straßenrechtliche Teileinziehung“ erforderlich. Konkret: Eine bestimmte Fahrbahn, für die je nach Fall mal die Gemeinde, mal der Kreis und mal der Bund zuständig ist, wird für den Verkehr beschränkt. Dabei steht weniger die unmittelbare Gefahr im Fokus, sondern das öffentliche Wohl. Dazu gehören eine bessere Aufenthaltsqualität, mehr Sicherheit für Kinder oder Umweltaspekte wie eine verringerte Luftverschmutzung.
Gut beschildern, sichern und überwachen
Ganz gleich, auf welcher Rechtsgrundlage eine Schulstraße schließlich eingerichtet werden kann - damit sie in der Praxis angenommen wird und gut funktioniert, muss sie entsprechend beschildert werden. Bislang gibt es laut Aktionsbündnis in Deutschland kein eigenes Verkehrszeichen für derartig beschränkte Fahrbahnen, deshalb rät der Leitfaden zur Benutzung der Zeichen für ein „Verbot für Kraftfahrzeuge“ oder ein „Verbot für Fahrzeuge aller Art“.
Von der Verwendung des Schilds „Anlieger frei“ wird abgeraten, schließlich würden sich Eltern sonst auch schnell zu den Anliegern zählen und ihre Kinder mit dem Auto bis vor die Schule fahren. Neben einer guten Beschilderung ist außerdem eine Sicherung mit Schranken oder Pollern notwendig. Die Überwachung der Schulstraße übernimmt schließlich das jeweilige Ordnungsamt.
Schulstraße als Teil eines großen Verkehrskonzepts
Bis eine Schulstraße tatsächlich Realität wird in einer Kommune, sind viele kleine Schritte notwendig, angefangen bei der Antragstellung über die Prüfung der örtlichen Gegebenheiten bis hin zur konkreten Umsetzung. Dabei betont das Bündnis: „Die Einrichtung einer Schulstraße kann immer nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept sein. Idealerweise wird die Schulstraße in ein umfassendes kindgerechtes Mobilitätsmanagement der Kommune integriert“, ergänzt durch weitere Ansätze wie eine übergreifende Schulwegplanung oder eine gute ÖPNV-Anbindung.
Damit die Schulstraße von den Bürgern und Verkehrsteilnehmern akzeptiert wird, ist neben der rechtlichen Vorbereitung die Einbindung der Öffentlichkeit entscheidend. In Informationsveranstaltungen, Bürgerwerkstätten und bei Ortsbegehungen empfiehlt das Bündnis, Schulleitung, Elternbeirat, Schülerinnen, Anwohnende, Verbände und ortsansässige Unternehmen möglichst aktiv und frühzeitig einzubeziehen.
Weltweite Bewegung für kinder- und fahrradfreundliche Städte
Bei dem Kidical Mass Aktionsbündnis handelt es sich um eine weltweite Bewegung, die seit 2017 auch in Deutschland existiert. Das Bündnis setzt sich mit unterschiedlichen Aktionen für kinder- und fahrradfreundliche Städte und Gemeinden ein und vereint mehr als 700 lokale Organisationen und Initiativen. Dabei wird es von überregionalen Partnerorganisationen wie dem ADFC, Campact, Changing Cities, Clean Cities Campaign, dem Deutschen Kinderhilfswerk, Greenpeace, Parents For Future, Pro Velo Schweiz, VCD und Zukunft Fahrrad unterstützt.
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