Recht aktuell
Wenn Bürgermeister zu viel sagen ...
Bürgermeister und Bürgermeisterinnen als Hauptverwaltungsbeamte
Grundsätzlich dürfen Hauptverwaltungsbeamte in amtlicher Eigenschaft zu allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Stellung nehmen. Diese Befugnis folgt aus der im Grundgesetz und den Landesverfassungen garantierten kommunalen Selbstverwaltung und umfasst sowohl Informationen über getroffene Entscheidungen als auch Erläuterungen zu künftigen Maßnahmen. Die Öffentlichkeitsarbeit dient dabei vor allem der sachgerechten und objektiven Information und trägt so zum lebendigen demokratischen Grundkonsens bei.
Grenzen bei Äußerungsrechten von Bürgermeistern
Die direkte Wahl verleiht Hauptverwaltungsbeamten zudem eine besondere demokratische Legitimation: Als Repräsentanten der Kommune dürfen sie sich offensiver zu lokalpolitischen Themen positionieren – allerdings immer im Rahmen der vorgegebenen Grenzen. So ist es etwa unproblematisch, wenn ein Bürgermeister in einer Ratssitzung oder einem Interview erläutert, warum ein neuer Radweg geplant wird, anders ist es zu bewerten, wenn er sich zu bundespolitischen Debatten äußert. Es gibt aber auch Grenzen bei den Äußerungsrechten. Die Äußerungsbefugnis stößt dann an ihre klaren Grenzen, sofern es sich um amtliche Äußerungen handelt. Äußerungen sind amtlich, wenn explizit auf das Amt Bezug genommen oder staatliche Ressourcen wie das Amtsblatt oder die kommunale Webseite dafür genutzt werden. Zudem müssen die Äußerungsinhalte stets einen erkennbaren örtlichen Bezug haben und in die Zuständigkeit der Kommune fallen – seien es politische, kulturelle, sportliche oder gesellschaftliche Fragen.
Neutralitätsgebot des Bürgermeisters
Besondere Bedeutung hat das Neutralitätsgebot gegenüber politischen Parteien. Ein Bürgermeister, der unter Nutzung amtlicher Ressourcen Wahlkampf betreibt, verletzt die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität. Zugleich genießen direkt gewählte Hauptverwaltungsbeamte einen gewissen Spielraum: Ihre demokratische Legitimation umfasst einen politischen Gestaltungsauftrag, der auch eine gewisse Politisierung des Verwaltungshandelns zur Folge hat.
Darüber hinaus ist auch die Art und Weise der Äußerung maßgeblich. Diese muss sachlich, objektiv und frei von Herabsetzungen sein; Werturteile sind nur dann zulässig, wenn sie auf überprüfbaren Tatsachen beruhen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Schutz der Verfassung oder der freiheitlich-demokratischen Grundordnung berührt ist. In solchen Fällen können auch kritische Bewertungen, etwa gegenüber extremistischen Parteien, erlaubt sein – vorausgesetzt, sie stützen sich auf verlässliche Fakten.
Wie weit die Äußerungsbefugnis reicht, hängt wesentlich von der jeweiligen Funktion ab, in der sich ein Hauptverwaltungsbeamter äußert. In der Funktion des Leiters der Verwaltung gelten das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot, sodass politische Stellungnahmen in diesem Bereich nur eingeschränkt zulässig sind. In der Rolle des Ratsmitglieds hingegen nimmt der Hauptverwaltungsbeamte am politischen Diskurs teil, ohne an diese Grenzen gebunden zu sein – abgesehen von den allgemeinen Regeln im Rahmen des freien Mandats. Strikt neutral bleiben muss er dagegen als Sitzungsleiter, wo politische Positionierungen unzulässig sind.
Klare Regeln in den sozialen Medien
Entscheidend für die Beurteilung ist immer der konkrete Kontext: Ort, Redereihenfolge oder eine deutliche Kennzeichnung der Funktion verdeutlichen nach außen, in welcher Rolle gesprochen wird. Auch in den sozialen Medien gibt es klare Regeln. Logischerweise nutzen im digitalen Zeitalter immer mehr Bürgermeister und Landräte Facebook, Instagram oder X. Das ist eine große Chance, denn Informationen erreichen die Bürger schnell und unkompliziert.
Doch auch in den sozialen Netzwerken muss eine klare Abgrenzung zwischen amtlicher Information und privater Äußerung erfolgen. Bei Accounts von Behörden, Kollegialorganen oder vergleichbaren staatlichen Institutionen ist die Einordnung eindeutig: Sie gelten grundsätzlich als amtlich, was meist schon durch Stadtwappen, offiziellen Namen oder eine entsprechende Beschreibung erkennbar ist. Schwieriger wird es bei personenbezogenen Accounts von Amtsträgern. Hier stellt sich oft die Frage, ob es sich um einen amtlichen Kanal handelt oder um ein privates Profil. Eine Abgrenzung erfolgt dann im Einzelfall nach entsprechenden Kriterien.
Wird dabei ein Account erkennbar im Zusammenhang mit dem Amt geführt – etwa durch die Bezeichnung „Bürgermeister“, durch ein städtisches Impressum oder durch die Unterstützung von Rathaus-Mitarbeitern – erwarten die Nutzer neutrale, sachliche und vor allem amtliche Informationen. In diesem Fall gelten ähnliche Regeln wie für eine städtische Webseite oder das klassische Amtsblatt: politische Neutralität, klare Trennung von Amt und Partei sowie ein respektvoller Umgangston.
Hauptverwaltungsbeamte
sollten sich ihrer Rollen bewusst sein und ihre
Äußerungen daran ausrichten.“
Tipps für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister
Hier daher die wichtigsten Praxistipps: Hauptverwaltungsbeamte sollten sich ihrer verschiedenen Rollen bewusst sein und ihre Äußerungen daran ausrichten. Gerade in Funktion der Sitzungsleitung empfiehlt es sich, klar zu kennzeichnen, wenn das Wort außerhalb dieser Funktion ergriffen wird. Ein eindeutiger Hinweis wie „Ich äußere mich nun nicht als Sitzungsleiter, sondern als Ratsmitglied“ schafft Transparenz. Wer etwa am Ende einer Ratssitzung noch eine persönliche Anmerkung machen möchte, sollte dies ausdrücklich kenntlich machen.
Auch für die Kommunikation in sozialen Netzwerken gilt: Ein sachlicher Ton, transparente Informationen und eine konsequente Trennung von Amt und Privatperson helfen, Konflikte zu vermeiden. Kommt es dennoch zu Auseinandersetzungen, stehen rechtliche Mittel zur Verfügung – wichtiger ist jedoch, schon vorher Klarheit zu schaffen.
Die Äußerungsrechte kommunaler Hauptverwaltungsbeamter sind weitreichend, unterliegen aber klaren gesetzlichen Vorgaben. Information der Bevölkerung, politische Positionierung zu lokalen Fragen und auch kritische Bewertungen sind zulässig – solange Rolle, örtlicher Bezug, Sachlichkeit und Neutralität gewahrt bleiben.
Damit gilt auch künftig – sowohl auf traditionellen Wegen als auch in den sozialen Netzwerken: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen?!“ – allerdings stets im Rahmen der rechtlichen Spielregeln.

