Reaktionen auf Kita-Studie
Frühkindliche Erziehung in Kitas ausbaufähig
Hartes Urteil für Deutschlands frühkindliche Erziehung in Kitas
Die Ergebnisse sind alarmierend: Am Stichtag, dem 1. März 2019 standen für 74 Prozent aller Kinder amtlich erfasster Kita-Gruppen nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung. Das Betreuungsverhältnis für rund 1,7 Millionen Kinder bewertet die Studie damit als nicht kindgerecht.
Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt, dass rein rechnerisch drei Kinder in Krippengruppen und 7,5 Kinder in Kindergartengruppen auf eine Fachkraft kommen. Im Bundesdurchschnitt waren es 2019 aber 4,2 beziehungsweise 8,8 Kinder. Zwar hat sich das Verhältnis damit gegenüber 2013 verbessert, ist aber immer noch ungenügend. Damals kamen noch 4,6 beziehungsweise 9,6 Kinder auf eine Fachkraft.
Laut wissenschaftlichen Empfehlungen sollten Krippengruppen nicht größer als 12 Kinder und Kitagruppen nicht größer als 18 Kinder sein. 54 Prozent der erfassten Kindergruppen sind in der Praxis laut Monitoring aber zu groß. Dadurch entstehe zusätzlicher Stress für das Personal und eine qualitativ gute Arbeit sei nur noch eingeschränkt möglich.
Die regionalen Unterschiede sind groß
Außerdem hebt die Studie regionale Unterschiede hervor. Während in Westdeutschland das Betreuungsverhältnis besser ist, sind in Ostdeutschland die Fachkräfte meist besser ausgebildet. Im Westen kommt vergleichsweise mehr Personal auf Assistenzniveau zum Einsatz. Bei fehlendem Personal steige damit aber auch das Risiko einer niedrigeren Bildungsqualität, so die Verfasser der Studie.
Bertelsmann Stiftung: Das braucht es für eine gute Bildungsarbeit
Auch wenn die Statistiken spannende Zahlen in Bezug auf den Bundesdurchschnitt abbilden - vor Ort sieht die Situation wieder ganz anders aus. Entscheidend für eine gelungene Bildungsarbeit sind laut Bertelsmann Stiftung aber der Personalschlüssel, die Gruppengrößen und das Qualifikationsniveau des Personals.
Bertelsmann fordert finanzielle Beteiligung des Bundes
Bisherige Bemühungen reichten laut Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung, nicht aus. Er sieht den Bund in der Pflicht. „Gute pädagogische Arbeit für die Kleinsten geht nur mit zusätzlichen Mitteln und braucht auch die angemessene und dauerhafte Finanzierungsbeteiligung des Bundes“, betont der Bildungsexperte.
Kommunen: Geforderte Mindeststandards sind realitätsfern
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verweist darauf, dass die Kommunen bereits tun, was sie können. In Anbetracht der kritischen Lage seien die von der Studie geforderten Mindeststandards aber momentan schlichtweg nicht umsetzbar und realitätsfern. Die Coronakrise verschärft das Problem zusätzlich.
„Es gibt das Personal nicht, wir müssen schauen, dass die Länder entsprechende Ausbildungskapazitäten bereitstellen", sagte Ursula Krickl, Referatsleitern für Soziales und Jugend zu KOMMUNAL. Sie fügte hinzu: "Eine Ausbildung zur Erzieherin dauert drei bis fünf Jahre. Das geht nicht von heute auf morgen.“
Der Regelbetrieb in Kitas geht erst mal vor
„Natürlich müssen wir noch weiter ausbauen, weitere Anstrengungen unternehmen, Personal für Kitas akquirieren“, weiß Krickl. In Anbetracht der Lage seien die in der Studie getroffenen Aussagen zurzeit eher kontraproduktiv. „Sie belasten das Klima, das wir momentan haben“, so die Referatsleiterin. „Wir sind froh und dankbar, dass wir die Kitas überhaupt im Regelbetrieb aufrechterhalten können. Das ist ganz wichtig für die Eltern und auch sehr wichtig für die Kinder.“