
Bürgermeister händeringend gesucht
Marth, Rauschwitz, Tautenberg, Weinberge – das sind Ortsnamen, die in diesem Jahr mit traurigen Ereignissen in die deutschen Geschichtsbücher eingehen werden. Alle drei Orte liegen in Thüringen – dort fanden im Frühjahr Bürgermeister- und Landratswahlen statt. In diesen Orten fanden sich aber keine Kandidaten mehr für das Amt. In Marth etwa ist Peter Dreiling, 65 Jahre alt, ehrenamtlicher Bürgermeister. Er stand nicht erneut auf dem Wahlzettel, wollte Platz für einen Jüngeren machen. Der fand sich aber nicht. So stand im April bei der Wahl zwar niemand auf dem Wahlzettel, trotzdem haben rund 36 Prozent der Wähler seinen Namen auf den Stimmzettel geschrieben. Peter Dreiling blieb daraufhin – notgedrungen – im Amt und hofft so bald wie möglich auf einen Nachfolger.
Warum ist das Bürgermeisteramt so unattraktiv?
Natürlich kann es gerade in kleinen Gemeinden eine Belastung sein, nebenberuflich noch eine Gemeinde zu managen. Und so trat in Thüringen in diesem Jahr in jeder dritten Gemeinde auch nur ein einziger Kandidat an. Hier gab es allerdings noch eine Besonderheit:
Immer wieder wurde die abgeblasene Kreisgebietsreform genannt. Die Diskussion darüber, dass mit den Fusionen die Ehrenamtlichen überflüssig würden, hatte für viel Frustration gesorgt. Von der frustrierenden Wahlbeteiligung gar nicht zu sprechen.
Thüringen ist ein Seismograph für ein bundesweites Problem
Wenn im kommenden Mai zeitgleich mit der Europawahl etwa in Bundesländern wie Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, aber insbesondere in vielen ostdeutschen Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg Kommunalparlamente gewählt werden, muss befürchtet werden, dass die Zahl der Kandidaten in einigen Regionen auf ein Allzeittief fällt.
KOMMUNAL stellt Ihnen in den kommenden drei Ausgaben des Printmagazins engagierte Männer aus Thüringen vor und spricht mit Ihnen über ihre politischen Erfahrungen, Enttäuschungen und Erfolge. Den Anfang macht in der kommenden Ausgabe (November 2018) ein parteiloser, der zum Landrat gewählt wurde - für ihn ziemlich überraschend. Mit nur 37 Prozent Wahlbeteiligung erreichte das Interesse in seinem Landkreis einen Rekordtiefpunkt in ganz Deutschland. Aber liegt das wirklich an den Kandidaten?