Urteil
Grundsteuer - So entscheidet Gericht zwei Klagen gegen Kommune
Grundsteuer erhöht - Widerspruch eingelegt
Der Stadtrat hat dann Ende des Jahres 2020 in der neuen Haushaltssatzung den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 610 von Hundert festgelegt. Für den Grundstückseigentümer bedeutete dies, dass er künftig 522,31 Euro mehr pro Jahr zahlen sollte. Gegen den Grundsteueränderungs-Bescheid, der Anfang März vorigen Jahres bei ihm einging, reichte er kurz danach, im April, Widerspruch ein. Er argumentierte unter anderem darin, dass die Erhöhung des Hebesatzes gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018 verstoße. Sie sei nicht mit der dort ausgesprochenen Fortgeltungsanordnung zu vereinbaren. Zudem sei die Erhöhung des Hebesatzes unverhältnismäßig und sei willkürlich erfolgt.
Das Stadtrechtsausschuss bei der Stadt Neuwied wies den Widerspruch im Oktober zurück und forderte den Kläger auf, den Bescheid zu akzeptieren und die geforderte Summe zu bezahlen. Daraufhin klagte der Mann im November und beantragte, den Grundsteueränderungsbescheid aufzuheben.
Verwaltungsgericht Koblenz weist Klage gegen Grundsteuer ab
Das Verwaltungsgericht Koblenz entschied zu Gunsten der Kommune. Der Grundsteueränderungsbescheid vom April 2021 und damit auch der Widerspruchsbescheid seien rechtmäßig gewesen. Sie verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Gericht führte auch an die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B diene der Sicherung der angemessenen Finanzausstattung. Den Gemeinden stehe im Rahmen der allgemeinen Selbstverwaltungsgarantie gewährleisteten Finanzhoheit grundsätzlich ein weites Ermessen zu. Die Erhöhung sei auch nicht willkührlich. Vielmehr sei sie angesichts dessen, dass die Haushaltssatzung der Beklagten für das Haushaltsjahr 2021 im Ergebnishaushalt ein Defizit von 8.079.000 Euro ausweise und eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen vorsehe, sachlich gerechtfertigt.
Kommune muss Hebesätze nicht an andere Gemeinden anpassen
Den vom Kläger angeführte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ließ das Gericht nicht gelten. Er sei nicht dadurch verletzte, indem die Hebesätze nicht in allen Gemeinden gleich sei. Die Kommune müsse sich weder an die Hebesätze der anderen Gemeinden anpassen, noch sei sie an den Landesdurchschnitt der Hebesätze gebunden. Und: Das Grundsteuergesetz sieht keinen allgemein vorgeschriebenen Höchstsatz des Hebesatzes vor. Zwar könne der Landesgesetzgeber einen Höchstsatz festlegen, der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber habe das aber nicht getan.
Das Urteil mit der detaillierten Begründung kann hier abgerufen werden.
Weiterer Grundstückseigentümer zieht vor Gericht
Ein weiterer Eigentümer klagte. Hier geht es zur Entscheidung. Gegen beide Entscheidungen (Verwaltungsgericht Koblenz, Urteile vom 3. Mai 2022, 5 K 999/21.KO und 5 K 1000/21.KO) wurde jeweils Rechtsmittel zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erhoben. Auf Anfrage von KOMMUNAL teilte ein Sprecher des Oberverwaltungsgerichts Koblenz mit, dass Revision eingelegt wurde, das Gericht darüber aber noch nicht entschieden hat.
Neue Grundsteuer könnte teuer werden
Die Gerichte könnten auch die neuen Reglungen zur Grundsteuer beschäftigen, die am 1. Januar 2025 in Kraft treten soll. Die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu. Derzeit sind es fast 15 Milliarden Euro jährlich. Die Prognosen des Verbandes der Grundstücksnutzer beunruhigen die Immobilienbesitzer. Danach könnten sich die Grundsteuerlasten von Eigenheimbesitzern gerade in östlichen Ballungszentren wie im Berliner Umland ab dem Jahr 2025 fast verdoppeln, im östlichen Teil Berlins sogar fast verdreifachen. Mehr Infos.
Grundsteuer-Reform: Das ändert sich
Das Bundesverfassungsgericht hat das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße.
Künftig soll sich die Steuer am Wert des Grundstücks und der Immobilien orientieren, wie Bundeskanzler Olaf Scholz es als damaliger Finanzminister vorgeschlagen hatte. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und die Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer landesgesetzlich geregelt. Das Saarland und Sachsen haben die Öffnungsklausel genutzt, um vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen einzuführen. Bei der Bewertung von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder abgesehen von punktuellen Abweichungen einheitlich das Bundesmodell an. Mehr Informationen.
Zeitplan für neuer Grundsteuer
Die auf Grundlage der neuen Werte berechnete Grundsteuer muss ab dem 1. Januar 2025 gezahlt werden. Die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts ist aber bereits bis zum 31. Oktober 2022 abzugeben. Die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts muss elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Dazu kann das Portal „Mein ELSTER“ verwendet werden. Dies ist seit 1. Juli möglich. Für die elektronisch authentifizierte Übermittlung über ELSTER müssen Haus- und Grundstücksbesitzer sich beispielsweise über ein sogenanntes ELSTER-Zertifikat authentifizieren. Ein ELSTER-Zertifikat ist nach kostenloser Registrierung zu bekommen unter www.elster.de.
Vereinfacht elektronisch übermitteln
Für einfach gelagerte Sachverhalte (unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) in Ländern, die bei der Grundsteuer das Bundesmodell anwenden, wird laut Bundesfinanzministerium unter www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de eine vereinfachte elektronische Übermittlungsmöglichkeit für die Steuererklärung zur Verfügung gestellt.


