Interview zu Lebensmittelskandalen
"Es wird nie hinter jeder Pizza ein Lebensmittelkontrolleur stehen!"
Auch die Beanstandungsquoten bei Kontrollen und amtlichen Proben hält sich seit Jahren auf einem konstanten Niveau. Ob diese Ergebnisse im Sinne eines präventiven gesundheitlichen Verbraucherschutzes als ausreichend zu interpretieren sind, möge den politischen Entscheidungsträgern überlassen bleiben.
Was jedoch auch klar sein muss: Die Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit liegt laut europäischen Vorgaben bei den Lebensmittelunternehmern, während die amtliche Lebensmittelüberwachung die „Kontrolle der Eigenkontrollen“ ausüben soll. Es kann, soll und wird auch nie hinter jeder Pizza ein Lebensmittelkontrolleur stehen!
Was sind aus Ihrer Sicht die akut größten Herausforderungen in der Lebensmittelkontrolle?
Da gibt es eine Vielzahl. Durch das EU-Recht sind viele Aufgaben hinzugekommen. Die Rechtsbegriffe sind nicht genau genug, so dass einige Auslegungssache der Kontrolleure bleibt. Die Kontrollen brauchen heute mehr Zeit, da es nicht mehr nur um Hygieneaspekte geht: Die Kontrollen müssen so genau sein, dass hinterher eine Risikobeurteilung möglich ist, es gibt immer mehr Rückrufüberwachungen und der Ruf nach Veröffentlichungen wird immer größer, so dass mit großer Sorgfalt in der Erfassung gearbeitet werden muss. Auch die Tatsache, dass gerade in der Gastronomie immer mehr Quereinsteiger arbeiten, sorgt für mehr Arbeit bei den Lebensmittelkontrolleuren.
Wie kann man die Lebensmittelkontrolleure dabei unterstützen?
Zuerst einmal fordern wir, dass das Handwerkszeug für den Vollzug des Lebensmittelrechts rechtssicher gemacht wird. Immer häufiger kommt es zu Anfragen die Kontrollen öffentlich zu machen – nicht zuletzt durch die Aktion „Topf Secret“ von Foodwatch. Die daraufhin losgebrochene Klagenflut durch kontrollierte Betriebe erschwert die Arbeit der Kontrolleure. Darüber hinaus halten wir es für sinnvoll, dass die Lebensmittelüberwachungsbehörden auf allen Ebenen vernetzt werden, denn die Lebensmittelindustrie funktioniert nicht mehr nur lokal. Klar ist auch, dass wir eine angemessene Personal- und Sachausstattung in den Behörden benötigen und ausreichende finanzielle Ressourcen. Dazu kommen viele weitere Forderungen, wie etwa die Vereinheitlichung der Datenerfassung in Deutschland, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Lebensmittelrecht oder auch der verbindliche Sachkundenachweis für Quereinsteiger in der Lebensmittelbranche.
Sehen Sie ein Problem darin, dass die Lebensmittelkontrollen kommunal organisiert sind?
Lebensmittelkontrollen werden immer in der Fläche vor Ort stattfinden, so dass es auch die Lebensmittelüberwachungsbehörden vor Ort geben muss. Der Vorteil kommunaler Anbindung besteht unter anderem in der Ortskenntnis sowie territorialer, traditioneller und struktureller Besonderheiten der Region. Durch die vorgeschriebene Rotationspflicht der Kontrollgebiete soll darüber hinaus sichergestellt werden, dass es zu keinen Interessenskonflikten zwischen Lebensmittelunternehmer und Lebensmittelkontrolleur kommt. Sofern in einem Bundesland ein zentrales Qualitätsmanagementsystem verbindlich in allen kommunalen Behörden zur Anwendung kommt, ist auch über diesen Weg sichergestellt, dass Lebensmittelkontrollen, Probenahmen und der Vollzug nach einheitlichen Kriterien und Schwerpunkten erfolgen können. Im Rahmen von Audits wird dies seit Jahren überprüft.
