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Was tun gegen die Schandflecke der Stadt - sogenannte Schrottimmobilien - unser Anwalt erklärt die Rechtslage
Was tun gegen die Schandflecke der Stadt - sogenannte Schrottimmobilien - unser Anwalt erklärt die Rechtslage
© fotolia

Recht Aktuell

Kommunale Strategien gegen Schrottimmobilien

von Dr. Maximilian Dombert
"Gastautor, Rechtsanwalt | Dombert Rechtsanwälte
13. Juni 2023
Leerstehende und dem Verfall preisgegebene Häuser sind Schandflecke im Stadtbild. Wie Städte und Gemeinden mit etwas kommunalpolitischem Mut rechtssicher dagegen vorgehen können, erläutert der Anwalt Maximilian Dombert.

Buchstäblich blühende Landschaften: Inmitten bunter Wiesen und Felder liegt ein kleines Dorf. Kirchturm und Marktplatz erstrahlen frisch saniert, ringsherum schmiegen sich gepflegte Häuser. Doch dann das: Ein einzelnes Gebäude steht leer und verfällt, aus dem porösen Sandstein wachsen schon die Birken. Ein solcher Makel fällt in der Idylle besonders auf.

Immer wieder stellen sich Kommunen daher die Frage, welchen juristischen Möglichkeiten sie haben, gegen derartige Schrottimmobilien vorzugehen. Diese stehen regelmäßig im Eigentum Privater, die sich aus verschiedenen Gründen nicht um die Objekte kümmern. Das Eigentümerinteresse kann – gerade in attraktiven Innenstadtlagen – von Spekulation gesteuert sein. Eigentümer, die häufig selbst nicht in der Kommune ansässig sind, wollen Grundstück und Gebäude nicht nutzen, sondern zu einem wirtschaftlich günstigen Zeitpunkt gewinnbringend veräußern. Den Eigentümern von Schrottimmobilien können, trotz grundsätzlicher Bereitschaft, für die Gebäudesanierung aber auch schlicht die finanziellen Ressourcen fehlen. Die Verwahrlosung der Immobilie kann zudem aus der Unauffindbarkeit der Eigentümer und damit leerlaufender Verantwortlichkeit herrühren. Gleichzeitig führen Schrottimmobilien regelmäßig zu Beschwerden aus der Bevölkerung, bedingen Funktionsverluste in Form von Wohnungsleerstand und können sogar städtebauliche und soziale Missstände in ganzen Quartieren begründen.

Schrottimmobilien und Baugebot: Das sagt das Baugesetzbuch 

Will die Kommune erreichen, dass brachliegende Grundstücke bebaut und verfallene Häuser saniert werden, kann sie auf die vom Baugesetzbuch so bezeichneten städtebaulichen Gebote zurückgreifen. Hierzu zählen nicht nur die schon begrifflich naheliegenden Bau-, Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote, sondern auch das Pflanzgebot, mit dem die Gemeinde eine bebauungsplanentsprechende Bepflanzung erreichen kann, sowie das Rückbau- und Entsiegelungsgebot, wenn ein aufstehendes Gebäude nicht mehr zu retten ist.

Mit dem Baugebot hat der Gesetzgeber den Kommunen ein Instrument zur Umsetzung ihrer städtebaulichen Planungen an die Hand gegeben. Es kommt daher vor allem im Geltungsbereich von Bebauungsplänen zur Anwendung. Dabei hat es die Verpflichtung des Grundstückseigentümers zum Inhalt, sein Grundstück plankonform zu bebauen oder vorhandene Bebauung den Festsetzungen des Bebauungsplans anzupassen. Entgegenstehende Bebauung muss dann ganz oder teilweise entfernt werden. Das Baugebot kann auch im unbeplanten Innenbereich ausgesprochen werden mit dem Ziel, unbebaute oder nur geringfügig bebaute Grundstücke unter Berücksichtigung der Eigenart der näheren Umgebung zu nutzen oder zu bebauen, insbesondere um Baulücken zu schließen.

Geht es indes nicht darum, Plankonformität herzustellen, sondern aus städtebaulichen Gründen den Bestand zu ertüchtigen, kommen Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote in Betracht. Hiermit kann die Gemeinde dem Grundstückseigentümer aufgeben, Missstände oder Mängel an Gebäuden zu beheben, damit diese wieder den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entsprechen und durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinflüsse oder Einwirkungen Dritter entstandene Mängel beseitigt werden. Mängel in diesem Sinne liegen vor, wenn bauliche Anlagen nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden können, sie das Straßen- oder Ortsbild beeinträchtigen oder wegen ihrer geschichtlichen oder künstlerischen Bedeutung erneuerungsbedürftig sind. Kann die Behebung der Mängel auch aus landesrechtlichen Gründen des Denkmalschutzes verlangt werden, bedarf das Instandsetzungsgebot der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde.

Schrottimmobilie oder nur Modernisierungs- und Instandsetzungsbedürftig?  

Anders als das Baugebot stehen Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote nicht unter dem Vorbehalt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit. Soweit die Kosten der Modernisierung oder Instandsetzung aus Erträgen der baulichen Anlage aufgebracht werden können, muss sie der Eigentümer tragen. Im Übrigen bestehen Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Gemeinde, es sei denn der Eigentümer hat zuvor wirtschaftlich zumutbare Instandsetzungen des Gebäudes unterlassen, ist also für den Verfall der Immobile verantwortlich.

Da sowohl Baugebot als auch Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot in das grundrechtlich geschützte Eigentum eingreifen, muss der Eigentümer angehört werden. Mehr noch: Wenn die Gemeinde ein städtebauliches Gebot erlassen will, muss sie die Maßnahme mit den Betroffenen zuvor erörtern und soll dabei auch zu Finanzierungsmöglichkeiten aus öffentlichen Kassen beraten. Die Erörterung hat zum Ziel, die Anordnung hoheitlicher Maßnahmen zu vermeiden und einvernehmliche Lösungen zum Umgang mit der Problemimmobilie zu finden. Diese können dann in einem städtebaulichen Vertrag festgehalten werden. Kommt es nicht zur Vereinbarung freiwilliger Maßnahmen und erlässt die Kommune ein städtebauliches Gebot, kann dieses – wenn es unanfechtbar geworden oder für sofort vollziehbar erklärt worden ist – vollstreckt werden. Als Zwangsmittel kommen dabei vor allem das Zwangsgeld oder die Ersatzvornahme auf Kosten des Verantwortlichen in Betracht.

Und wenn der Besitzer der Schrottimmobilie nicht erreichbar ist? 

 

Dabei muss die Unauffindbarkeit des Eigentümers eines Grundstücks dem Erlass städtebaulicher Gebote nicht entgegenstehen. Der entsprechende Bescheid kann gleichwohl zugestellt werden. Sofern die Eigentümeranschrift unbekannt ist, muss die Kommune zunächst Ermittlungen anstellen, etwa Nachforschungen bei Meldebehörden und Polizei vornehmen oder Dritten, insbesondere in der Nachbarschaft befragen. Verläuft dies erfolglos und ist die Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich, kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntgabe nach dem Verwaltungszustellungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass eine Benachrichtigung an der Stelle erfolgt, die von der Kommune hierfür bestimmt worden ist, etwa im Amtsblatt, in einer Tageszeitung, auf einer Website oder im Bundesanzeiger. Wichtig ist, dass dort nicht der Bescheid selbst veröffentlicht wird, sondern der Hinweis auf das zuzustellende Dokument, wo es eingesehen werden kann und welche Fristen in Gang gesetzt werden. Der Bescheid gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung dieser Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind. Der Inhalt des städtebaulichen Gebots ist ab diesem Zeitpunkt wirksam.

Klar ist, dass der Umgang mit Schrottimmobilien auf dem Papier leichter fällt als in der kommunalen Praxis. Betroffene Eigentümer werden sich gegen eine Inanspruchnahme regelmäßig zur Wehr setzen. Damit städtebauliche Gebote keine verwaltungsrechtliche Trockenübung bleiben, bedarf es daher der kommunalpolitischen Courage, die städtebaulichen Interessen der Kommune auch gegen Anfechtungen durchzusetzen. Stadtbild und Stadtgesellschaft werden es danken.

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