Fördermittel-Dschungel
Finanzen im Griff: So funktioniert eine Kostenbremse für Kommunen
Wie gut eine Kommune wirtschaftet, wird immer weniger relevant
„Wir sind zum allergrößten Teil auf finanzielle Mittel angewiesen, die wir als Kommunen entweder gar nicht oder nur in geringem Ausmaße beeinflussen können“, sagt Philipp Thoma, der Bürgermeister der hessischen Gemeinde Fischbachtal. Das gilt etwa für die den Kommunen zufallenden Anteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer, aber auch für den Kommunalen Finanzausgleich, über den Landesregierungen und Parlamente entscheiden. „Hier sind wir abhängig von Beschlüssen, die auf Landes – oder gar Bundesebene gefällt werden“, sagt Thoma. Mit anderen Worten: Wie gut eine Kommune wirtschaftet, ist immer weniger relevant.
Entscheidungen fallen bei den Ländern und beim Bund
Die Entscheidungen, die die Kommunen belasten, fallen ganz überwiegend nicht in den Kommunen. Auch hier sind es Beschlüsse der Landtage und des Bundestags sowie Verordnungen der Bundes- und Landesregierungen, die Ausiwrkungen auf die kommunale Ebene haben – und sehr oft, entgegen aller Versprechungen, nicht kompensiert werden. „Als Kommune sind wir zum Beispiel mit steigenden Kosten bei der Kinderbetreuung konfrontiert“, sagt Thoma. „Diese Kosten müssen wir als Gemeinde zu über 60 Prozent tragen.“ Ausgleichen könnte die Gemeinde das über eine Erhöhung der Elternbeiträge. Doch Thoma ist sich sicher: Eine Kostendeckung durch Elternbeiträge ist sozial nicht wünschenswert. “Daher sehe ich das Land hier stärker in der Pflicht”, so der hessische Bürgermeister.

Am Ende sind es viele kleine Mosaiksteinchen, die ein großes Gesamtbild zeichnen: Fast jeder Bürgermeister, den KOMMUNAL als „Bürgermeister des Monats“ vorstellte, berichtete von Problemen bei der Finanzierung der Alltagsarbeit. Und viele mahnten grundlegende Reformen bei den Kommunalfinanzen an: Also nicht nur Schutzschirme und Rettungspakete, sondern Wege, die es den Kommunen ermöglichen, wieder mehr Dinge aus eigener Kraft tun zu können.
Städte- und Gemeindebund: Kommunale Kassen entlasten
Das ist auch die Position des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. „Die Städte und Gemeinden müssen dauerhaft in den Stand versetzt werden, alle ihre Aufgaben aus eigenen Mitteln finanzieren zu können, einschließlich der Investitionen in den Kommunen“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Uwe Zimmermann. „Dazu ist es nötig, die gemeindlichen Steuereinnahmen zu stärken und zu verstetigen sowie die kommunalen Kassen zu entlasten.“ Dies gelte vor allem für die steigenden Sozialkosten. „Das Konnexitätsprinzip – Wer bestellt, der bezahlt! – muss umfassend verwirklicht werden“, sagt Zimmermann. „Und es muss eine echte Kostenbremse in der Gesetzgebung kommen: Wenn eine politische Ebene, wie der Bund, neue Leistungen versprechen oder bestehende ausbauen will, dann muss er verpflichtet werden, dafür immer auch eine entsprechende Abgabenerhöhung zu beschließen.“
Zimmermann: Förderprograme vereinfachen
Skeptisch sieht Zimmermann auch den Umfang mancher Förderprogramme. „Förderprogramme machen grundsätzlich einen Sinn”, sagt der Vertreter des Städte- und Gemeindebundes. “Allerdings ist so eine Masse sehr bürokratieaufwändiger Förderprogramme entstanden, dass diese dringend reduziert und vor allem vereinfacht werden müssen.“ Es müssten mehr Globalbudgets in die Hand der Kommunen gegeben werden. Die örtliche Entscheidungsfreiheit über den Einsatz der Finanzmittel müsse gestärkt werden. „Und es muss der Grundsatz gelten,dass die Gemeinden nicht von Förderprogrammen abhängen dürfen, sondern alle ihre Aufgabenerledigungen und Investitionen aus eigenen Mitteln müssen finanzieren können – dauerhaft!“

Offen dafür zeigt sich auch so mancher Bundespolitiker. Zum Beispiel der neue Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, André Berghegger. „Die Länder dürfen aus ihrer Verantwortung für die aufgabenangemessen, auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen nicht entlassen werden”, sagt Berghegger. Wichtig sei aber, dass auf der jeweiligen Landesebene definiert wird, was „aufgabenangemessen“ und „auskömmlich“ bedeute. „Dabei ist darauf zu achten, dass zusätzlich zu dieser Mindestausstattung den Kommunen eine ausreichend freie Spitze zur Verfügung steht.” Dafür müssten die Länder ausreichend Geld in das Finanzausgleichs-System stecken.
Bundestagabgeordneter für "Flächenveredelung"
Verschiebungen innerhalb der kommunalen Verbundmasse dürften nicht für strukturpolitische Prioritätensetzungen genutzt werden. „Bei der Ausgestaltung der Finanzausgleichsregelungen müssen die Länder auch besondere Bedarfe berücksichtigen“, fordert Berghegger. „Dazu gehören neben der Einwohnerveredelung größerer Städte auch eine Art „Flächenveredelung“ von Gemeinden in dünner besiedelten ländlichen Räumen.” Zur Verantwortung der Länder gehöre auch, Mehrbelastungen aus Aufgabenübertragungen im Rahmen der Konnexität auszugleichen. “Wenn der Bund sich an der Finanzierung einer Aufgabe beteiligt, müssen die vom Bund für die Kommunen bereitgestellten Finanzmittel auch ungekürzt und zusätzlich vor Ort ankommen.“
Auch André Berghegger sieht die zunehmende Abhängigkeit der Kommunen von Förderprogram men kritisch. „Die kommunale Investitionskraft kann besser im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs oder über eine verbesserte Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden als über viele Sonder-Förderprogramme”, sagt er. „Letztere entpuppen sich immer wieder als ‚Goldene Zügel‘, binden vor allem finanzschwache Kommunen kaum ein und schaffen keine verlässliche Grundlage für kommunale Investitionsplanungen.“

Zielführender wäre aus Sicht von Berghegger, die kommunal relevanten Förderprogramme zusammenzufassen und durch eine allgemeine Finanzzuweisung an die Kommunen zu ersetzen. „Denkbar ist eine Verteilung über das Umsatzsteueraufkommen“, sagt der Abgeordnete. „Dafür sollte ein Kommunalanteil definiert werden, der stärker an Kriterien wie der Einwohnerzahl, Sozialausgaben und der Relation aus Gebietsfläche und Einwohnerzahl ausgerichtet wird.

