Städte und Gemeinden
Kommunalfinanzen- das fordern Bürgermeister

Kein Wunder, denn derzeit bemühen sich viele Bundesländer um die Einführung einer kostenfreien Kindertagesbetreuung. Doch so unterschiedlich die jeweiligen Systeme auch sind, am Ende bleibt vieles an den Kommunen hängen: „Die kostenfreie Kita ist für die jungen Eltern eine tolle Entlastung“, sagt Constance von Buchwaldt, Bürgermeisterin in der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. „Das System, wie es aktuell gefahren wird, ist aber fiskalisch für die Kommunen eine sehr große Belastung.“ In ihrer Gemeinde, die mit über 200 Quadratkilometern flächengrößte Kommune in Mecklenburg-Vorpommern, haben sich die Kosten für die Kinderbetreuung bei einer gleichbleibenden Zahl von Kindern in den letzten fünf Jahren um 30 Prozent erhöht. „Inzwischen haben wir auch die Rückmeldung von den Eltern, dass die Kosten für die Essensversorgung so stark gestiegen sind, dass diese jetzt höher liegen als die ursprünglichen Kosten für die Betreuung“, so die Bürgermeisterin.

Ähnlich sieht es Philipp Thoma, Bürgermeister der im vorderen Odenwald gelegenen hessischen Gemeinde Fischbachtal. Seine Gemeinde ist von immer mehr Zuzüglern geprägt. Und oft sind es Familien mit Kindern, die sich hier ein Haus kaufen und niederlassen. „Derzeit ist es so, dass wir als Kommune über 60 Prozent der Betriebskosten unserer Kita allein zu schultern haben“, sagt Thoma. „Kinderbetreuung ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe; daher sollte auch die Kostenteilung zwischen den staatlichen Ebenen fair sein, ohne die Eltern über Gebühr zu belasten.“

Dann ist da das Thema Fördermittel. Für viele Kommunen lohnt es kaum noch, Förderanträge zu stellen. Oft werden dazu in den Rathäusern eigene Mitarbeiter vorgehalten, die sich für die Kommunen um die teils hoch spezialisierten Ausschreibungen kümmern. „Die gegenwärtige Ausgestaltung weiter Teile der kommunalen Finanzierung durch ein komplexes Förderwesen aus Land, Bund oder EU bindet enorm Ressourcen - sowohl bei uns als auch auf Seiten der Fördermittelgeber“, sagt Maren Busch, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Diez in Rheinland-Pfalz. „Im Ergebnis verpufft viel Zeit und Geld – Steuergeld – in der meist sehr aufwendigen Antragstellung, wozu regelmäßig auch die Erstellung von Gutachten, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Ähnlichem gehört, und im Nachgang die Verwendungsnachweise und Dokumentationspflichten.“ Die Bürgermeisterin wünscht sich einen radikalen Schnitt: „Meines Erachtens müssen wir die Finanzierung der Kommunen nochmal von Grund auf neu denken: weniger Förderungen, mehr Grundausstattung!“

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch der Gothaer Oberbürgermeister Knut Kreuch. Seit 2006 steht er an der Spitze der mit 45.000 Einwohnern fünftgrößten Stadt in Thüringen. Also einer Kommune, die ungleich mehr personelle und materielle Ressourcen hat als die Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz oder die dörfliche Gemeinde an der mecklenburgischen Seenplatte. „Die Abhängigkeit der Kommunen in den Ländern der Friedlichen Revolution von Fördermitteln, die mit starken Restriktionen und langen Antragswegen verbunden sind, ist enorm und hemmt jede Entwicklung“, beklagt Kreuch. „Diese Hindernisse müssen weg. Kurze Antragswege, schnelle Bewilligungen und unkomplizierte Abrechnungen sind hier die Antwort!“

Und auch der Thüringer Oberbürgermeister spricht sich für eine ganz andere Art der kommunalen Finanzierung aus. „Kommunen sollten entsprechend ihrer Aufgabenwahrnehmung und Größe grundfinanziert werden über Bundes- und Landesmittel“, unterstreicht Kreuch. Gewerbesteuer und Grundsteuern sollten nicht mehr für die Aufgaben der Daseinsvorsorge genutzt werden müssen. „Die eigenen Steuereinnahmen sollten zusätzlich verwendet werden können, um die Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen individuell zu gestalten.“ Und eine nicht refinanzierbare Verschuldung der Kommunen sollte gesetzlich ausgeschlossen sein.
Kommunale Finanzen neu regeln
„Die kommunalen Haushalte sind allein mit Steuererhöhungen nicht mehr reformierbar. Nötig sind einerseits eine Aufgabenkritik öffentlicher Leistungen und gegebenenfalls Einsparungen von diesen staatlichen Leistungen und andererseits eine ausgabengerechte Finanzierung durch Land und Bund“, sagt die Mecklenburgerin Constance von Buchwaldt. Doch die klassische Kommune gibt es nicht. Mehrere Bürgermeister plädieren im Gespräch mit KOMMUNAL daher dafür, regionale und strukturelle Unterschiede bei möglichen Finanzreformen zu berücksichtigen. „Wir brauchen die Aufnahme von siedlungsspezifischen Besonderheiten bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen durch den Kommunalen Finanzausgleich“, sagt Philipp Thoma aus Hessen. „Es ist ein großer Unterschied, ob eine Kommune keine Ortsteile hat oder ob sie mehrere Ortsteile mit der entsprechenden Infrastruktur zu unterhalten hat.“ Am Ende allerdings ist für die meisten Bürgermeister quer durch die Republik eines völlig klar: So wie bisher kann es mit den kommunalen Finanzen nicht mehr weitergehen. Denn immer mehr Städten und Gemeinden steht das Wasser inzwischen bis zum Hals.

