Kommunalpolitiker müssen sich geschützt fühlen

Auch wenn in der Gesellschaft der Umgangston deutlich rauer geworden sei und der Respekt vor Behörden abgenommen habe, müssten Kommunalpolitiker sich "geschützt fühlen, um den Job sorgenfrei machen zu können" - Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Ulrich Maly im RBB-Inforadio.

Frage: Wie kann es sein, dass Kommunalpolitiker Angst haben müssen, wenn sie sich für Flüchtlinge in ihrem Ort einsetzen?... Muss man Kommunalpolitiker wie in diesem Fall (in Tröglitz) einfach besser schützen?
Antwort: Sicher nicht in dem Sinn, dass vorne und hinten ein Polizist mitläuft... Das will auch keiner von uns. Es gibt den guten alten Spruch: Wer sich fürchtet, ist im Bett nicht sicher. Auf der anderen Seite: Dort, wo es um echte politische Verfolgung geht - und das war in Tröglitz der Fall -, da sind eigentlich zwei Instanzen gefordert, einmal die Polizei, zum anderen aber schon auch die Zivilgesellschaft. Man muss sich schon auch als Kommunalpolitiker von der Gesellschaft getragen fühlen, ein Stück weit auch mit geschützt fühlen, um den Job sorgenfrei machen zu können.
Frage: Schutz auch von der Polizei, sagen Sie. Wie muss man sich das vorstellen?
Antwort: In Tröglitz war das ja nichts, was über Nacht kam oder überraschend und auch keine Taten von jetzt psychisch Kranken oder so. Sondern das war schon sehr strukturell von der rechten Szene dort geplant. Dann verbietet das Landratsamt den Aufzug vorm Bürgermeisterhaus nicht und, und, und. Da ist schon vieles zusammengekommen, was eigentlich nicht Stand der Dinge ist heute in der Politik.
Und in so einer Situation braucht man eben diese beiden Schutzquellen, einmal den direkten Schutz durch Polizei und Behörden. Das kann nicht sein, dass Bürgermeisterprivathäuser zum Zielort von politisch gegnerischen Demonstrationen werden. Und das Zweite ist, dass eigentlich das Dorf aufschreien muss an der Stelle und sagen: Ihr könnt gerne für Eure verrückten Ideen demonstrieren, aber nicht, indem persönlich Gefahr für einen Menschen ausgeübt wird.
Frage: Hat sich da in letzter Zeit auch etwas verändert? Erleben Sie weniger Respekt vor Mandatsträgern?
Antwort: Natürlich ist in den sozialen Netzwerken die Schwelle zu beleidigen schon deutlich geringer. Früher musste ich mich hinsetzen, den Kuli zur Hand nehmen, einen Brief schreiben, zukleben, zum Briefkasten gehen... Das hat viele vielleicht in spontanen Wutzuständen davon abgehalten, sich zu äußern. Das geht heute alles mit einem Mausklick. Und von dem Mausklick machen auch viele Gebrauch.
Das heißt, der Umgangston ist deutlich rauer geworden, ja. Der Respekt vor Behörden ist auch geschwunden, wobei ich jetzt nicht für einen Sonderrespekt gegenüber Amtspersonen plädiere, sondern eigentlich dafür, dass wir jedem Mitmenschen gegenüber den notwendigen Respekt zeigen.

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