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Pfeile als Symbol für Bedeutungsgewinn
© adobeStock

Gastbeitrag

Öffentliche Unternehmen gewinnen an Bedeutung

von Marcus Sidki
Gastautor
21. September 2022
Rund 19.000 Betriebe der öffentlichen Hand gibt es in Deutschland. Ihr Umsatz steigt seit Jahren erheblich an. Gleichzeitig geraten immer mehr von ihnen in wirtschaftliche Nöte, wie eine neue Studie im Auftrag der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit zeigt. Die Stadtwerke und ihre drohende Schieflage durch die Energiekrise sind da nur die Spitze des Eisberges. Der Autor der Studie, Marcus Sidki von der Hochschule Ludwigshafen, erläutert die Ergebnisse im KOMMUNAL-Gastbeitrag.

In Deutschland gibt es rund 900 Stadtwerke. Es handelt sich bei ihnen um öffentliche Unternehmen, die als kommunale Infrastrukturdienstleister die Bürger versorgen. Kennzeichnend für ein öffentliches Unternehmen ist die Mehrheitskontrolle durch eine oder mehrere öffentliche Einrichtungen. Somit müssen in Summe mehr als 50 Prozent des Eigenkapitals oder der Stimmrechte von der öffentlichen Hand gehalten und kontrolliert werden. Oftmals befinden sich öffentliche Unternehmen auch zu 100 Prozent im öffentlichen Eigentum. Unternehmen mit einer öffentlichen Beteiligung von unter 50 Prozent werden von der öffentlichen Hand zwar beeinflusst, aber letztlich nicht mehrheitlich kontrolliert. Man spricht in diesem Falle von gemischtwirtschaftlichen, aber keinen öffentlichen Unternehmen.

Öffentliche Unternehmen - vor allem in Kommunen

Im Jahr 2019 existierten in Deutschland etwa 19.000 öffentliche Unternehmen. Der überwiegende Anteil von etwa 88 Prozent entfällt auf öffentliche Unternehmen im mehrheitlichen Eigentum von Kommunen, weitere rund 10 Prozent auf die Unternehmen der Bundesländer. Ferner verteilen sich öffentliche Unternehmen auf unterschiedlichste Branchen, wobei zu beachten ist, dass die reine Anzahl nicht zwingend auf die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Branchen schließen lässt. Das Ausmaß der wirtschaftlichen Betätigung öffentlicher Unternehmen nimmt stetig zu. Seit dem Jahr 2003 ist die Zahl öffentlicher Unternehmen um 43 Prozent gestiegen. Bei den Umsatzerlösen beträgt der Zuwachs im selben Zeitraum sogar 123 Prozent.  Öffentliche Unternehmen sind damit ein großer und überdurchschnittlich ansteigender Wirtschaftsfaktor für die deutsche Volkswirtschaft. Dies untermauert auch ein Blick auf die Beschäftigungszahlen: Rund 2 Millionen Angestellte arbeiten für öffentliche Unternehmen. Genauso bedeutend ist jedoch auch der Einfluss öffentlicher Unternehmen auf die Verschuldung des gesamten öffentlichen Bereichs. Im Fall von Baden-Württemberg beträgt die Verschuldung der öffentlichen Unternehmen das 3,75-fache der Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte.

Umsatzerlöse steigen

Dass die ansteigende Bedeutung nicht nur auf das allgemeine Wachstum der deutschen Wirtschaftsleistung zurückzuführen ist, verdeutlicht ein Blick auf den Vergleich der Umsatzerlöse der öffentlichen Unternehmen mit der deutschen Bruttowertschöpfung. Es zeigt sich dabei, dass die Umsatzerlöse öffentlicher Unternehmen in allen Jahren stärker anstiegen als die Bruttowertschöpfung. Dies lässt vermuten, dass die Wirtschaftsaktivitäten der öffentlichen Hand stetig stärker wachsen als die deutsche Wirtschaft insgesamt.

Grafik Öffentliche Unternehmen

Grundsätzlich sind die Tätigkeiten öffentlicher Unternehmen beschränkt. Sie müssen dem öffentlichen Zweck der Daseinsvorsorge dienen, in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen und der Zweck darf nicht wirtschaftlicher oder ebenso gut durch einen Dritten erzielt werden können. Ebenso bedeutsam ist das generelle Meinungsbild der Bevölkerung. Hierzu wurde im März 2020, also vor dem ersten Corona-Lockdown, eine bundesweite repräsentantive tive Umfrage unter gut 2.000 Bürgern durchgeführt. Die Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass öffentlichen Unternehmen durchaus eine Legitimität zugesprochen wird. Eine Sonderrolle für öffentliche Unternehmen im Vergleich zur Privatwirtschaft besteht jedoch keinesfalls. So gibt es mehrheitlich keine Bereitschaft in der Bevölkerung, höhere Preise für Leistungen öffentlicher Unternehmen zu zahlen.

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Akzeptanz von öffentlichen Unternehmen

Öffentliche Unternehmen werden also nur dann mehrheitlich akzeptiert, wenn sie einen konkreten Mehrwert für die Bevölkerung schaffen. Öffentliche Unternehmen füllen insbesondere dann eine notwendige Rolle für die deutsche Wirtschaftsordnung aus, wenn nur durch ihre Wirtschaftstätigkeit die Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Gütern und Dienstleistungen in der gesellschaftlich gewünschten Menge gewährleistet werden kann. Auch sofern öffentliche Unternehmen für eine Intensivierung des Wettbewerbs sorgen, können sie eine im ordnungsökonomischen Sinne positive Wirkung entfalten. Voraussetzung

hierfür ist allerdings, dass sie als gleichberechtigte Wettbewerber zur Privatwirtschaft auftreten. Sofern die öffentliche Hand als Regelsetzerin ihre Befugnisse und Gestaltungsmacht derart einsetzt, dass sie öffentlichen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, entsteht jedoch eine marktschädigende und wettbewerbsverzerrende Wirkung.

Grafik Öffentliche Unternehmen nach Branchen



Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass öffentliche Unternehmen durchaus eine Existenz- und Tätigkeitsberechtigung haben. Diese weist allerdings ebenso klare Grenzen auf,  die immer dann erreicht wird, wenn aus einer Zuträglichkeit zum Wettbewerb ein Hindernis wird. Auch in den Kommunen sollte die wettbewerbsverzerrende Wirkung öffentlicher Unternehmen zunehmend kritisch gesehen werden und öffentliche Unternehmen nur dann zum Einsatz kommen, wenn eine gleichwertige Versorgung durch private Anbieter unmöglich erscheint.

Marcus Sidki ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Statistik an der Hochschule Ludwigshafen und hat die Studie im Auftrag der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit erstellt. 

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