Verbote sind rechtswidrig
Rechtsgutachten: Kommunen müssen Tauben füttern
Es gibt zwar kein Gesetz, dass die Fütterung deutschlandweit verbietet, doch trotzdem haben viele Städte und Gemeinden Regelungen erlassen und auch Hauseigentümer bemühen sich häufig, in ihren Mietverträgen ein Verbot der Fütterung von Tauben zu formulieren. Denn für eine Verordnung nach Stadt- oder Gemeinderecht ist der Geltungsbereich meist auf den öffentlich zugänglichen Raum beschränkt, nicht aber auf den Garten oder Balkon. Doch all diese Regelungen könnten nun nichtig sein, wenn sich Gerichte künftig an ein neues Gutachten halten sollten.
Kommunen haben Fürsorgepflicht für Tauben
Grund ist der Tierschutz. Der verpflichtet Kommunen laut einem Gutachten sogar, die Tauben aktiv zu füttern. Dahinter steckt, dass Tauben den Status von "Fundsachen" haben. Das Gutachten stammt aus dem Hause der Landestierschutzbeauftragten des Landes Berlin. Sie hat es von einem Referenten ihres Hauses zusammen mit einem Tierarzt erstellen lassen. Dieses Gutachten stuft nun Stadttauben als Haustiere ein. Die Begründung: Die Tiere verlieren auch nach zahlreichen weiteren Generationen nicht das ihnen typische angezüchtete Verhalten und vermischen sich genetisch nicht mit in Deutschland vorkommenden Wildtaubenarten. So wurde den Tieren laut dem Gutachten eine "hohe Brutaktivität angezüchtet", die sie nie verloren haben.
Für Kommunen bedeutet das laut dem Gutachten: Laut Tierschutzgesetz (Art. 20a Grundgesetz, §1 Tierschutzgesetz) als auch nach Fundrecht haben sie Pflichten (Bürgerliches Gesetzbuch §§99 Abs. 1, 953, 966 Abs.1). Demnach ist "der Finder zur Verwahrung der Sache verpflichtet". Das ursprüngliche Eigentum an den ersten Zuchttieren setze sich auch auf die Nachkommen fort. Für die Kommunen folgern die Autoren daher Halterpflichten nach §§ 2ff. Tierschutzgesetz. Das betrifft dann sowohl die Fütterung, als auch die Pflege und die tierärztliche Versorgung.
Was das Gutachten für Kommunen bedeutet - das Gutachten im Original zum Herunterladen!
Direkte rechtliche Auswirkungen hat das Gutachten bisher nicht, es wurde bereits Ende Oktober vergangenen Jahres verfasst. Bisher hat das Gutachten auch in Berlin nicht zu Gesetzesänderung geführt. In der Hauptstadt jedoch gibt es ohnehin bisher kein Fütterungsverbot für Tauben. Ob Gerichte der Schlussfolgerung des Gutachtens entsprechen ist somit noch offen, da es seit Erstellung des Gutachtens auch noch keinen einschlägigen Prozess gab. Das könnte sich aber bald ändern. Denn vor dem Verwaltungsgericht in Kassel läuft bereits seit fast 2 Jahren ein Prozess einer Taubenliebhaberin gegen die Stadt. Sie hatte mehrere Bußgeldbescheide wegen des Fütterns von Tauben kassiert. Eigentlich sollte schon im vergangenen Jahr ein Urteil fallen, durch Corona wurde die Verhandlung immer wieder vertagt. Das Gutachten aus Berlin dürfte dort nun Teil der Verhandlung werden.
Aus Sicht der Berliner Tierschutzbeauftragten ist die Sache jedoch klar, sie sagt: "Soweit in deutschen Kommunen noch Taubenfütterungsverbote existieren, sind diese rechtswidrig, da sie gegen das höherrangige Bundestierschutzgesetz und das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz verstoßen".
Wir stellen Ihnen das Gutachten als PDF Datei zum Herunterladen zur Verfügung. HIER finden Sie den Original-Text:
