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Tipps zur Rettung der Innenstadt
Tipps zur Rettung der Innenstadt
© fotolia

Acht Strategien

So beleben wir die Innenstadt

von Christian Erhardt-Maciejewski
Chefredakteur | KOMMUNAL
28. Juni 2023
Rettet die Innenstadt, denn sie ist Dreh- und Angelpunkt dafür, dass sich Menschen in einer Gemeinde wohl fühlen. Eine Studie im Auftrag des Bundesinnenministeriums hat zum Thema zahlreiche Tipps und Beispiele zusammengestellt. Christian Erhardt hat acht besonders spannende Tipps aus der Studie für Sie herauskristallisiert.

Spätestens nach der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie es der Innenstadt häufig geht - wenig attraktive Geschäfte, kleine Inhaber müssen schließen, es kommt zu Leerstand. Aufhalten lässt sich der Trend zwar nur bedingt, es gibt aber Untersuchungen darüber, wie die Innenstadt der Zukunft aussehen muss. Und Forscher haben durch Vergleiche verschiedener Innenstädte herausgefunden, welche konkreten Handlungen wirklich Erfolg versprechend sind. Wir haben aus der langen Studie die acht wichtigsten Tipps herauskristallisiert. 

Retten wir die Innenstadt: Spaziergänge bringen spannende Perspektiven

Am Anfang steht die Bestandsaufnahme: Machen Sie mit Gemeindemitgliedern zunächst nicht am "runden Tisch", sondern direkt in der Innenstadt eine Ortsbegehung. Das können Spaziergänge sein mit verschiedenen Zielgruppen, etwa ein Spaziergang mit Ratsmitgliedern, Architekten, Baufachleuteneiner und einer mit Senioren. Sie werden feststellen, dass unterschiedliche Akteure sehr unterschiedliche Blickwinkel auf die Herausforderungen haben und die Probleme sehr unterschiedlich wahrnehmen. Am Schluss der Diskussionsrunde sollten sie auch die externe Expertise nicht vergessen, zum Beispiel durch einen Spaziergang mit Menschen, die nicht in Ihrer Gemeinde/Region wohnen, etwa aus Ihrer Partnerstadt oder einer anderen Region.

Wen mit dem Umbau beauftragen? 

Oft werden bei solchen Spaziergängen einzelne Objekte identifiziert, die das Problem besonders einfach sichtbar machen. Etwa ein verfallenes Gebäude, in dem seit Jahren kein Geschäft mehr ist oder wo seit Jahren niemand mehr wohnt. Eine Möglichkeit ist es, eine kommunale Projektentwicklungsgesellschaft zu gründen. Das hat etwa die Stadt Eschwege gemacht als Gegenstrategie zur drohenden Schließung des dortigen Kaufhauses Hertie. Hier drohte die Gefahr, dass durch das Sterben von Hertie auch andere Geschäfte in den Sog gezogen werden. Durch eine Projektgesellschaft wurde das Gebäude reaktiviert und neu vermarktet, bevor es zu Leerstand kam. Heute gehört das Einzelhandelsobjekt einem dänischen Fondshaus, in den Räumen befinden sich zahlreiche kleine Geschäfte mit dem Namen "Schlossgalerie". 

Private Unternehmen einbinden

Das wichtigste für die Kommune ist, dass Sie nach der Bestandsanalyse ein klares Konzept für eine Innenstadtbelebung entwickeln. Das wird nur funktionieren, wenn Sie alle Akteure einbinden. Das bedeutet: Die Besitzer der Immobilien in der Innenstadt, auch der verlassenen Gebäude, aber auch ihre Einwohner. Analysieren Sie daher den Wohnungs- und Gewerbemarkt vor Ort, ISEK ist hier eine gute Methode. Auch während dieser Phasen sollten Sie immer informelle Formate wie Runde Tische oder Quartiersgespräche nutzen. Hinzu kommt, so die Studie: Nutzen Sie die Möglichkeiten aktiver kommunaler Grundstückspolitik. Sprich: Kaufen Sie lieber auch eine Fläche auf Vorrat, verkaufen können sie diese immer noch wieder. Sie gewinnen aber durch den Zwischenerwerb Handlungshoheit.

Retten wir die Innenstadt: Eigentümermoderation nutzen

Machen Sie die Eigentümer zu ihren Partnern, nur so werden sie diese motivieren. Eine Eigentümermoderation - die bei schwierigem persönlichen Verhältnis auch extern moderiert werden kann - analysiert den Bestand und den Entwicklungsbedarf und motiviert die Eigentümer zur eigenen Initiative. Die Kommune leistet aktiv Unterstützung durch den Einsatz von Förderprogrammen oder sonstigen benötigten Hilfen. 

Denken Sie an alle Generationen 

Das "Wohnen in den eigenen vier Wänden" hat für viele Ältere Menschen einen hohen Stellenwert. Sehr häufig denken Kommunen an die Schaffung von Seniorenheimen, nicht aber an die Barrierefreiheit der Einrichtungen und Gebäude. Gleichzeitig gibt es immer mehr Single-Haushalte. Gerade in kleinen Kommunen ist das Angebot an Häusern mit Grundstück zwar groß, kleinere Wohnungen fehlen oft aber. Das kann ein Hemmnis für junge Menschen sein, die etwa nach dem Studium in ihre alte Heimat zurückziehen wollen, aber kein Interesse an einem Haus mit Garten haben. Stellen Sie hier also ein Entwicklungskonzept für alle Generationen und Familienformen auf. Haben Sie nicht nur die "aktuellen Einwohner" auf dem Schirm sondern loten sie auch aus, für wen Ihre Kommune möglicherweise interessant werden könnte, welche Gründe für einen Zuzug es geben könnte. Gerade leerstehende Immobilien bieten oft die Chance, neue, individuelle Wohnformen zu realisieren.

Interkommunale Zusammenarbeit 

Ja, es geht um den Kernbereich ihrer eigenen Gemeinde. ABER: Sie sind niemals isoliert, es gibt immer Wechselwirkungen mit Umlandgemeinden. Die Menschen werden schließlich immer mobiler. Interkommunale Zusammenarbeit, so rät die Studie, ist unbedingt als übergeordnete Strategie zu betrachten. Ziel muss es sein, dass eine ganze Region gestärkt wird, nicht nur eine Gemeinde. Nicht zuletzt können Sie auf diese Weise Geld und Personal sparen. Ein Werkzeug können Allianzen und Vereine sowie Zweckvereinbarungen sein. Schaffen Sie mit ihren Nachbarkommunen die Voraussetzungen etwa durch Gründung eines gemeinsamen Vereins. Halten Sie die Vereinbarungen in einem Vertrag fest. Auch eine Trägergesellschaft kann so eine Art der Versteifung der interkommunalen Zusammenarbeit sein. 

Denken Sie an Grün- und Freiflächen 

Die Attraktivität eines jeden Stadtkerns steht und fällt mit der Aufenthaltsqualität. Plätze, Wege, Grünflächen schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität, wenn sie richtig angelegt sind. Bei der Gestaltung aber auch der Pflege können und sollten Sie die privaten Akteure unbedingt mit einbeziehen. In der Nähe eines Sportgeschäftes kann ein kleiner Park mit Sportgeräten viel Sinn machen, neben einem Porzellanhandel vielleicht eine Freifläche mit Informationen und Gegenständen aus der Geschichte des Bestecks oder der Porzellanherstellung. 

Retten wir die Innenstadt: ABER - Nicht alles auf einmal

Eine Innenstadtbelebung lässt sich nicht von heute auf morgen organisieren. Oft braucht es kreative Zwischenlösungen. Zwischennutzung sind daher ein wichtiges Stichwort. Auch der Umgang mit finanziellen Problemen kann oft nur kreative Ideen gelöst werden. Die Studie verweist hier unter anderem auf die Stadt Altena. Dort war die Stadt finanziell nicht in der Lage, die Einkaufsstraße komplett neu zu pflastern, das Geld reichte gerade mal für das Baumaterial. So nahmen die Einzelhändler die Pflasterung kurzerhand selbst in Angriff und packten zusammen mit freiwilligen Bürgern an. Das führte im Ergebnis dazu, dass sich aus dieser Gruppe heraus weitere bürgerschaftlichen Initiativen gründeten. Gleichzeitig schaffte die Stadt in der Innenstadt die Möglichkeit für kleine Händler, mit experimentellen Geschäften sich "vorübergehend" auszuprobieren. So entstand eine Reihe von sogenannten Pop-Up Stores - das sind Geschäfte, die nur für einige Monate am Standort bleiben und somit ein vorübergehendes Interesse der Kunden wecken, weil sie eben nur kurz da sind.

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