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  1. Politik
  2. Trotz Baukrise: So sollen neue Wohnungen entstehen
Frau und Mann im Gras mit Haus aus Zollstock
Der Traum vom Haus - wie kann er Wirklichkeit werden?
© AdobeStock

Maßnahmen-Paket

Trotz Baukrise: So sollen neue Wohnungen entstehen

von Gudrun Mallwitz
Chefreporterin | KOMMUNAL
25. September 2023
Im ersten Halbjahr 2023 sind in Deutschland rund 156.200 Baubewilligungen erteilt worden - das sind rund 28 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum im Vorjahr. Von ihrem Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, ist die Ampel-Regierung weit entfernt. Die kommunalen Spitzenverbände fordern von Bund und Ländern, bessere Rahmenbedingungen für die Kommunen zu schaffen. Beim Treffen des "Bündnisses bezahlbarer Wohnraum" mit Bundeskanzler Olaf Scholz legte die Bundesregierung jetzt ein 14-Punkte-Maßnahmenpaket vor, mit dem es trotz steigender Zinsen und Fachkräftemangel vorangehen soll beim Wohnungsbau.

Wie kann erreicht werden, dass in Deutschland wieder mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht? Die Baukosten steigen und steigen - und die Kredite für den Hausbau ebenso. Beim Wohnungsbaugipfel mit Kanzler Olaf Scholz legte die Bundesregierung jetzt ein Maßnahmenpaket vor. Darin enthalten: Familien erhalten mehr Wohneigentumsförderung, Kommunen sollen den Bau von bezahlbaren Wohnungen vereinfachter und beschleunigter planen können. Es soll mehr Geld für sozialen Wohnungsbau bereitstehen. Auch im 14-Punkte-Paket: Es soll eine neue Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden. Die Bundesregierung strebt dazu Investitionszuschüsse und Steuervorteile an. Die Koalition will darauf verzichten, dass im Neubau der Standard EH 40 ab 2025 Pflicht werden soll. Der Bund will den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbssteuer ermöglichen.

So soll das Bauen in Deutschland funktionieren:

  • Bei der Wohneigentumsförderung für Familien werden die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind deutlich von 60.000 auf 90.000 Euro erhöht. Je weiterem Kind können 10.000 Euro hinzuverdient werden. In den kommenden beiden Jahren wird der Bund zudem ein Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden auflegen, verbunden mit einer an den BEG-Regeln orientierten Sanierungsauflage. Das Programm wird über die  KfW abgewickelt.
  • Der Umbau von leerstehenden Büros und Läden zu neuen Wohnungen soll in den kommenden beiden Jahren mit 480 Millionen Euro unterstützt werden. Durch zinsverbilligte Kredite sollen damit der klimafreundliche Umbau gefördert und Leerstand beseitigt werden. Das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.
  • Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum soll durch die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit ab kommendem Jahr geschaffen werden. "Wir werden außerdem das Baugesetzbuch anpassen und durch eine Sonderreglung Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten bis Ende 2026 ermöglichen, den Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfachter und beschleunigter zu planen", kündigte Bundesbauministerin Klara Geywitz an.
  • Der Bund wird in Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten den Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfachen und beschleunigen. Dazu wird eine an die Generalklausel des § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch (BauGB) angelehnte Sonderregelung befristet bis zum 31. Dezember 2026 geschaffen. Eine entsprechende Änderung des BauGB werde noch in diesem Jahr vorgelegt.
  • Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, den Ländern in den Jahren 2022 bis 2027 insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Jeder Euro des Bundes wird aktuell durch rund 1,50 Euro der Länder kofinanziert. Künftig stünden damit rund 45 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bis 2027 bereit.
  • Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wird die bislang bis Ende 2024 befristete Möglichkeit zur vergünstigten Abgabe BImA-eigener Grundstücke für öffentliche Aufgaben sowie den sozialen Wohnungsbau um weitere fünf Jahre fortführen. Eine weitere Option sei, den Verbilligungsbetrag von bis zu 25.000 Euro pro neu geschaffener Sozialwohnung um 40 Prozent auf 35.000 Euro pro Sozialwohnung anzuheben und zusätzlich das Verbilligungsvolumen für sonstige öffentliche Zwecke um 10 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.
  • Mit den 16 Ländern will die Bundesregierung noch in diesem Jahr einen "Pakt für Planungs- und Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung" abschließen.

Haus im Rohbau

Die Länder planen, folgende Änderungen in den Landesbauordnungen vorzunehmen:

  • Einmal bereits in einem Land erteilte Typengenehmigungen für das serielle und modulare Bauen bekommen bundesweit Gültigkeit und werden uneingeschränkt gegenseitig anerkannt.
  • Die Dauer aller Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau wird zeitlich begrenzt. Es wird befristet bis 2026 in allen Landesbauordnungen eine bundesweit einheitliche Genehmigungsfiktion von drei Monaten eingeführt.
  • Nutzungsänderungen von Dachgeschossen zu Wohnzwecken einschließlich des Baus von Dachgauben werden zukünftig unter bestimmten Bedingungen in allen Landesbauordnungen genehmigungsfrei sein.
  • Regelungen zu Kfz-Stellplatzanforderungen werden in allen Landesbauordnungen vereinheitlicht, verbunden mit dem Ziel, dass die Kfz-Stellplatzpflicht bei Aufstockungen und Ergänzungen im Wohnungsbestand entfällt.
  • Die Bundesregierung hat im Rahmen des Wachstumschancengesetzes vorgeschlagen, eine degressive AfA in Höhe von jährlich 6 Prozent für neu errichtete Wohngebäude einzuführen; die degressive Abschreibung fördert die schnellere Refinanzierung von getätigten Investitionen. Sie schafft über diesen Mechanismus Investitionsanreize, die zur Stabilisierung der Bauwirtschaft beitragen können. Die Regelung sieht keine Baukostenobergrenzen vor. Es kann ab einem Effizienzstandard von EH 55 gebaut werden.
  • Die degressive AfA wird für Gebäude gelten, die Wohnzwecken dienen und mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird. Erstmals soll nicht der Bauantrag entscheidendes Kriterium für die Gewährung der degressiven AfA sein, sondern der angezeigte Baubeginn. Die degressive AfA ergänzt die Erhöhung der linearen AfA von 2 auf 3 Prozent und die Sonder-AfA für besonders klimafreundlichen Mietwohnungsneubau.

Kommunen fordern bessere Rahmenbedingungen

Die kommunalen Vertreter forderten von Bund und Ländern anlässlich des Treffens des "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" im Kanzleramt, bessere Rahmenbedingungen für die Kommunen zu schaffen. "Dazu müssen die bisherigen Vorschläge des Bündnisses sowie die Maßnahmen aus dem ,Deutschland-Pakt', die auf Beschleunigung abzielen, schnellstmöglich umgesetzt werden. Wir unterstützen eine Digitalisierung der Prozesse und einen Bürokratieabbau. Damit ist es jedoch noch nicht getan; wir brauchen echte Aufgabenkritik und den Abbau von Luxus-Standards", betonten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände in einer gemeinsamen Erklärung.

Baugesetzbuch-Novelle als Chance

Eine große Chance könne die anstehende Novelle des Baugesetzbuches bieten: "Wir müssen die bereits erprobte Innenentwicklungsmaßnahme besser nutzen können. Auch müssen die Kommunen das Vorkaufsrecht umfassender und leichter ausüben können. Schließlich gilt es aber insgesamt, dem Wohnungsbau mit finanziellen Mitteln wieder Schwung zu geben. Bauwillige, die günstigen Wohnraum schaffen, brauchen deutlich mehr Mittel von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau. Dazu gehören auch gezielte Investitionszuschüsse für Wohnungsbauträger, die Sozialwohnungen errichten, und nicht nur steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten mit der Gießkanne", forderten der Oberbürgermeister Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Landrat Stephan Loge vom Deutschen Landkreistag und Bürgermeister Ralph Spiegler, der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Zudem seien vor allem die Länder gefordert, den Bestandsschutz zu erweitern und damit die Umwandlung von Büros und Gewerbe in Wohnraum zu vereinfachen.

Kommunen genehmigen zügiger Bauprojekte

Die Städte, Landkreise und Gemeinden tun alles, was sie können, bekräftigen die kommunalen Vertreter. "Die Kommunen genehmigen immer zügiger Bauprojekte und unterstützen Projektentwickler für wichtige Vorhaben. Sie stellen für Investoren Bauland bereit, verdichten in Innenbereichen nach, ertüchtigen Leerstände, unterstützen die Gebäude-Umnutzung und den Umbau und entwickeln Baulandmodelle zur sozialgerechten Bodennutzung. Sie verabreden Sozialbindungen, setzen mit kommunalen Wohnungsunternehmen strategische Ziele und unterstützen Genossenschaften. Allerdings bremsen steigende Baukosten, Inflation und Zinsanstieg sowie der Fachkräftemangel den Wohnungsbau massiv aus", so die kommunalen Vertreter. Doch: "Die Zahl der Baugenehmigungen bricht deutlich ein. Projektentwickler ziehen ihre Anfragen zurück. Immer mehr Wohnungsbauprojekte verschwinden in der Schublade, weil Bauträger auf bessere Zeiten hoffen. Auch stellt die Flüchtlingsunterbringung die Kommunen weiterhin vor große Herausforderungen. Diese Bedingungen können die Kommunen kaum verändern", betonten sie.

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