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Digitalisierung im Gesundheitswesen
Digitalisierung im Gesundheitswesen
© 123rf

Zettelwirtschaft

Digitalisierung im Gesundheitswesen: Stimmung wie im Wartezimmer?

von Thorsten Bullerdiek
11. März 2021
Mit der elektronischen Patientenakte darf es nicht getan sein. E-Rezept, Online-Sprechstunde, digitale Kur und Videokonferenzen mit Arzt, Krankenhaus und Patient sind nur einige weitere Schritte, meint unser Gastautor und fragt: "Gesundheit 5.0 - wo stehen wir"?

Am Empfang in einer, auf den ersten Blick recht modernen Arztpraxis, wurde mir kürzlich wieder deutlich dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Digitalisierung in Deutschland noch enorme Lücken sind. Vielfältigste Ankündigungen und Erfolgsmeldungen lassen uns glauben das wir auf einem guten Weg sind. Leider kommen einem aber deutliche Zweifel bei dem Satz: „E-Mail benutzen wir nicht – aber wir können Ihnen den Bericht gern per Post zusenden“, den ich mir im Februar 2021 anhören musste.  Per Post.. hm naja, es könnte ja auch mal eilig sein. Für diesen Fall gibt es eine hochmoderne und effiziente Lösung: der Patient fährt zu Arzt A. und bringt den ausgedruckten Bericht zu Ärztin B. Dort wird der Bericht gescannt und steht, nach geringer Wartezeit, flugs im System.

Statt Digitalisierung: Patienten laufen, transportieren und warten..

Nach etwas weiterem Warten lächelt die Assistentin mich freundlich an und überreicht mir mit den Worten: „Wir haben hier etwas vorbereitet“, einen schönen mehrseitigen analogen Patientenfragebogen, der, völlig unvorbereitet, nach einiger Zeit von mir ausgefüllt ist. Dieser Bogen wird nun von den Fachkräften ins System der Arztpraxis eingegeben. Das dieser Bogen auch im Vorfeld digital von Zuhause ausgefüllt an die Arztpraxis übersandt wird, wäre der effektive und richtige Weg. Leider ist dies in den meisten Arztpraxen nicht einmal angedacht. Danach Diagnose, Blutabnahme, Röntgen und der Patient wird an das örtliche Krankenhaus verwiesen um dort weiter an und mit ihm zu arbeiten.

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Angekommen im Krankenhaus bringt der Patient alle Unterlagen natürlich selbst mit. CD für CD und Bericht für Bericht.  Wieder gibt es den, diesmal 7-seitigen Patientenfragebogen in dem genau die gleichen Dinge abgefragt werden. Erneute Blutprobe. Eine elektronische Datenübermittlung oder ein zentraler Datentresor den der Patient freigibt? Bisher Fehlanzeige. Das es hilfreich für die Patienten ist wenn die behandelnden Ärzte über die Medikamentationspläne, Ergebnisse der Blutproben, Impfungen, Röntgenbilder oder Ultraschallergebnisse aus erster Hand verfügen ist sicherlich unstreitig, aber leider aus sicherlich gut abgewogenen Gründen immer noch nicht überall erledigt. Dabei muss jedem Patienten klar sein, dass diese Datenbestände das eigene Leben retten können! Die Ärzte wissen dies mit Sicherheit auch, es tut sich aber bisher so gut wie nichts. Ein höchst fragwürdiges und völlig inneffizientes System was wir uns leisten.

Doch es wird besser mit der Digitalisierung..... zumindest im Schneckentempo...

Alles soll besser werden: am 1. Januar 2021 wurde die elektronische Patientenakte (ePA) eingeführt. Zum Start bieten die Krankenkassen jetzt ihren Versicherten eine App zum Download an, als Zugang zur elektronischen Krankenakte. Zeitgleich beginnt eine Test- und Einführungsphase mit ausgewählten Arztpraxen. In Phase 2 werden im 2. Quartal alle Ärztinnen und Ärzte mit der ePA verbunden. In Phase 3 zum 1.7.2021 müssen alle vertragsärztlich tätigen Leistungserbringer in der Lage sein, die ePA zu nutzen und zu befüllen. In Krankenhäusern muss die ePA spätestens zum 1.1.2022 laufen. Die privaten Krankenversicherungen starten zum 01.01.2022. 

Es bleibt aber abzuwarten ob Ärzte die bisher mit E-Mail nichts zu tun haben wollen in der Lage sind dieses System wirklich effektiv zu nutzen.

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Wie viele Patienten sterben an mangelhafter Datenübermittlung? Leider gibt es hier keine belastbaren Studien, aber ich befürchte die Zahl ist hoch. Die Prozesse im Gesundheitswesen müssen neu gedacht und gemacht werden.  Was von Zuhause erledigt werden kann muss dort möglich gemacht werden. Was elektronisch übermittelt werden kann muss heutzutage unbedingt mit sicherer Verschlüsselungstechnik übermittelt werden. Wenn es ein Restrisiko gibt übernehmen die meisten Patienten dieses bestimmt gerne wenn sie dadurch größere Heilungschancen bekommen. Wir brauchen aber neben der elektronischen Patientenakte dringend:

  • die Onlinesprechstunde, Corona zeigt es: es sollte weniger Zeit in risikobehafteten Räumen, wie Wartezimmern verbracht werden.
  • das E-Rezept wird Zeit. Bisher läuft der Patient zur Apotheke legt sein Rezept vor und im allergünstigsten Fall erhält er das Medikament. Häufig muss aber nicht vorrätige Ware bestellt werden. Der Patient darf ein zweites Mal in die Apotheke. All dies muss nicht sein. Ein E-Rezept kann direkt vom Patienten an die Apotheke gesandt werden, die dann Beratung und Versand organisiert.
  • die digitale Kur, online beantragt und begleitet.  
  • Videokonferenzen zwischen Arzt, Facharzt, Krankenhaus, Patient und Angehörigen. Solche Angebote gibt es nur höchst vereinzelt und dabei wäre vieles möglich was derzeit unmöglich scheint.
  • den digitalen Impfpass

An dieser Stelle ein großes Danke an die Ärztinnen und Ärzte und alle die im Gesundheitswesen uns jeden Tag unverdrossen helfen und um jedes Leben kämpfen. Ich hoffe dass ihnen und den Patienten die Digitalisierung endlich eine wirkliche Hilfe sein wird.

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