Bäderbetriebe
Freibadsaison: Sprung ins kalte Wasser?
Berlin: Wie wird sich die Wassertemperatur verändern?
Bisher wurde das Wasser in den Freibädern immer auf 22 Grad geheizt. Doch damit ist nun Schluss. Eine der Sparmaßnahmen, die die Berliner Bäderbetriebe eingesetzt haben. Das Wasser werde ab sofort nur noch per Sonneneinstrahlung und Umgebungstemperatur gewärmt. Nach dem aktuellen Wetterbericht käme man vermutlich nicht über 12 bis 15 Grad Wassertemperatur. Lediglich eine Minderheit der Bäder ist mit Solarabsorberanlagen ausgestattet, die die Erwärmung unterstützen können. Doch auch mit diesen werden Badewannentemperaturen im deutschen schwerlich Sommer erreicht, wie KOMMUNAL von einer Stadt erfahren hat, die den Test bereits gemacht hat.
Die Beschwerden von Besucherinnen und Besuchern sind vorprogrammiert. Das wissen verschiedene Bäder, die in den letzten Jahren wegen der hohen Energiekosten nur wenige Grad Celsius im Becken eingespart haben. Auch darunter bereits die Berliner Bäder.
Bad Bergzabern: Schwimmtrainer schmeißt wegen Wassertemperatur hin
Auch in der Stadt Bad Bergzabern in Rheinland-Pfalz lodert seit mehreren Jahren der Konflikt, weil die Stadtverwaltung sich entschieden hat, das Wasser im Rebmeerbad nur noch auf 21 Grad zu erwärmen. Im letzten Jahr hatte deshalb sogar ein Schwimmtrainer in der Stadt das Handtuch geworfen und in einem offenen Brief schwere Vorwürfe gegen Bezirksbürgermeisterin Katrin Flory erhoben. Man spiele mit der Gesundheit der Badegäste.
Wegen derartiger Vorfälle hüten sich die meisten Kommunen vor Schritten wie dem, den nun die Berliner Bäder gehen.
Kommunale Freibäder sind Verlustgeschäft
Was ganz klar ist: Das kommunale Schwimmbad – ob Hallenbad oder Freibad – ist ein Verlustgeschäft. Aber die Einrichtung hat für die meisten Kommunen auch einen hohen Stellenwert. Hier lernen Bürgerinnen und Bürger schwimmen. Das Schwimmbad ist Treffpunkt und Gelegenheit für Spiel und Sport. Und je nach dem kann es auch für den Tourismus ein wichtiger Faktor sein.
Was können Kommunen tun?
Um es weiterhin betreiben zu können, müssen viele Kommunen ihre Gebühren erhöhen. So in diesem Jahr auch die oberbayerische Stadt Grafing. Hier wurde als Sparmaßnahme vor drei Jahren die Beckentemperatur im Freibad von 26 auf 24 Grad gesenkt. „Die Senkung der Temperatur verringert den Energieverbrauch pro Grad um etwa sechs Prozent“, erklärt der Erste Bürgermeister der Stadt, Christian Bauer. Aufgrund der hohen Kosten für das Bad wurde auch in der aktuellen Haushaltsdebatte diskutiert, ob die Wassertemperatur nochmal um ein Grad verringert werden sollte. „Der Stadtrat hat sich aber dagegen entschieden, weil ihm 23 Grad besonders für Seniorinnen und Senioren als auch kleine Kinder zu niedrig erschien“, erzählt der Erste Bürgermeister.

Auch ob die Menge an Aufsichtspersonal reduziert werden kann oder Kosten durch den Einsatz von KI sinken könnten, sei in der Diskussion. „Wir haben eine Zweckvereinbarung abgeschlossen, mit der wir unsere Mitarbeiter verpflichten, im Winter in einem Hallenbad der Nachbarstadt mitzuarbeiten. Die Personalkosten werden in dieser Zeit erstattet“, so Christian Bauer. Und auch auf der Einnahmenseite wurde einiges getan. So gibt es seit 2021 ein Programm für Schwimmkurse, das gut angenommen wird und die Besucherzahl erhöhen konnte.
Höhere Eintrittspreise sollen Defizit schrumpfen
Trotzdem kam die Kommune in diesem Jahr – wie schon 2022 und 2019 – nicht drumherum auch die Gebühren zu erhöhen. Im vergangenen Jahr seien die Energiekosten doppelt so hoch und auch die Personalkosten höher gewesen als in den Jahren zuvor. Das Bad habe jährlich rund 90.000 Besucherinnen und Besucher. Und das Defizit sei trotzdem von 100.000 Euro im Jahr 2020 auf heute 680.000 Euro hochgegangen. Die neuen Eintrittspreise sollen helfen, das Defizit wieder zu verkleinern. Nun kostet die Einzelkarte für Erwachsene sechs Euro. Das liege noch unter den Preisen vieler anderer Bäder, gibt der Bürgermeister zu bedenken. Die Kommune erwartet durch die höheren Preise Mehreinnahmen von rund 40.000 Euro pro Jahr.
Viel zu viele Kinder können heute nicht schwimmen. Das Freibad bietet ein wichtiges Angebot nicht nur für Jugendliche und Kinder, sondern auch für Seniorinnen und Senioren, die ihre Runden im Wasser drehen und etwas für Ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden tun. Zuletzt ist das Freibad auch ein wichtiger Standortfaktor für die Stadt in Bezug auf Attraktivität für Familien.

Bönnigheim beheizt das Freibad über die Sonne
Einen anderen Weg, um die Heizung im Schwimmbad nicht abstellen zu müssen, ist das schwäbische Bönnigheim gegangen. Wie in Berlin werden die Schwimmbecken auch hier über die Sonne erhitzt. Doch ab diesem Jahr nimmt sie zuerst einen Umweg über eine Photovoltaikanlage.
In der Vergangenheit wurde das Wasser des Mineralfreibads Bönnigheim über zwei Gaskessel, ein Blockheizkraftwerk und eine Solarabsorberanlage geregelt. Schon ab 2022 hatte die Stadt entschieden, kein Gas mehr zur Erwärmung der Becken zu nutzen. Diese – bis auf das Kinderplanschbecken – waren dann nur noch über die Solarabsorberanlage beheizt worden. So wie es in diesem Jahr auch in einigen Berliner Bädern der Fall sein wird.
Beheizung nur mit Solarabsorber: Letzte Freibadsaison musste nach hinten verschoben werden
„Das hat aber zu deutlichen Temperaturabsenkungen, vor allem zu Beginn der Badesaison, geführt“, sagt German Thüry, Leiter des Fachbereichs Finanzen und Liegenschaften bei den Stadtwerken Bönnigheim. „Die Folge war auch, dass die Zieltemperatur von 24 Grad nicht immer gehalten werden konnte und im Jahr 2024 sogar der traditionelle Beginn der Badesaison vom 1. Mai um zweieinhalb Wochen verschoben werden musste, da kalte Nachttemperaturen die solare Aufheizung verhinderten.“

Ein Blick in die Zukunft für die Berliner Bäder. Aber es sei trotzdem notwendig gewesen: „Die Energie- und Klimakrise hat gezeigt, dass der Einsatz von fossilen Brennstoffen zur Beheizung einer Freizeiteinrichtung immer schwerer unter energie- und klimapolitischen Gesichtspunkten vertretbar war.“
Kein Gas mehr zur Beheizung
Die Gaskessel und das Blockheizkraftwerk sind nun passé. Nur die Solarabsorberanlage durfte bleiben und wurde durch eine Luft-Wärmepumpe ergänzt, die ihren Strom von einer städtischen PV-Anlage erhält. Die Stadt bleibt sich treu: Auch hier wird man für die Erwärmung des Mineralbades wieder auf die Sonne setzen. „Künftig wird im Mineralfreibad kein Gas mehr verwendet“, sagt German Thüry.
So soll das Wasser ab jetzt warm bleiben
Die Becken sollen während der Saison weiterhin vorrangig durch die Solarabsorberanlage beheizt werden. Die Luft-Wärmepumpe ist dann vorrangig für das Duschwasser und das Kinderplanschbecken da. Zu Beginn der Saison – um das Badewasser erstmal auf Temperatur zu bekommen – soll die Luft-Wärmepumpe jedoch kurzfristig auch verstärkt für die Erwärmung der Becken genutzt werden.

„In den letzten Jahren haben wir den Gaseinsatz – auch auf Kosten des Badekomforts – kontinuierlich reduziert“, erzählt German Thüry. „Um gerade noch akzeptable Wassertemperaturen bieten zu können, war trotzdem ein Einsatz von mindestens 450.000 Kilowattstunden notwendig. Das sind rund 40.000 Euro beim Gaseinkauf.“
PV-Anlage über Crowdfunding finanziert
Diese kann sich die Kommune nun sparen und trotzdem warme Schwimmbecken anbieten. Auch für die notwendigen Investitionskosten für die Anschaffung der PV-Anlage habe die Stadt nicht tief in die Tasche greifen müssen. Diese seien über Crowdfunding eingeworben worden. Spendengelder von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Unternehmen haben die Anlage bezahlt.
Gewinn macht aber auch Bönnigheim mit seinem Mineralfreibad nicht. 500.000 bis 600.000 Euro Abmangel entsteht jährlich durch den Betrieb.
Unser großes Ziel ist es, das Mineralfreibad als Sport- und Freizeiteinrichtung für die Einwohnerinnen und Einwohner aus Bönnigheim und Umgebung auf Dauer erhalten zu können, wenngleich die Herausforderungen aus personeller und wirtschaftlicher Sicht nicht kleiner werden. Die wegweisende Entscheidung des Gemeinderats und der Verwaltung, in die Infrastruktur des Bades und gleichzeitig in den Klimaschutz zu investieren gepaart mit der breiten Unterstützung aus der Bevölkerung bei der Finanzierung der PV-Anlage macht Mut für die Zukunft.

Die längste Freibadsaison Deutschlands?
Mit erneuerbaren Energien wird auch das Freibad Gaßbachtal Stromberg in Oelde im Münsterland beheizt. Und das so gut, dass das Freibad bereits Mitte März öffnen konnte. Denn da betrug die Wassertemperatur bereits 25 Grad. Und das in diesem Jahr auch nicht zum ersten Mal. Die Freibadsaison in Stromberg endete letztes Jahr am 1. Dezember.

Möglich macht das die benachbarte Biogasanlage. „Der Betreiber der Biogasanlage – unser Nachbar – musste die Überschusswärme verwerten und fand die Idee, das Freibad zu beheizen, richtig und gut“, erzählt Hans Ulrich Remfert, Vorsitzender des Fördervereins Freibad Gaßbachtal, der das Bad von der Stadt Oelde übernommen hat. Die Stadt unterstützt den Verein mit einem jährlichen Betrag, seit dieser das Freibad betreibt.
Auch in Oelde setzt man zusätzlich auf eine PV-Anlage
Für die Nutzung der Abwärme bezahlt der Verein nur „einen symbolischen Betrag“. Neben Wärme benötigt ein Freibad aber auch in anderen Bereichen Energie. Die steigenden Stromkosten hat der Verein daher trotzdem im Geldbeutel bemerkt. Und deshalb eine Photovoltaikanlage nachgerüstet.


