Katastrophenschutz
Gemeinde mit eigenem Frühwarnsystem bei Starkregen
Große Gefahr durch kleinen Bach
„Es gab bei uns in den letzten Jahren einige extreme Überflutungen und sehr gefährliche Situationen“, erzählt Ludwig Robold, der Bürgermeister von Ergoldsbach. Dabei hätte es Hochwasser zwar immer schon gegeben, „aber nicht in dieser Größenordnung. Da zeigt sich deutlich der Klimawandel“, so Robold. Das Problem: Die großflächigen Meldesysteme haben in Ergoldsbach nur bedingt gewirkt, da es sich jeweils um Starkregenereignisse auf nur geringer Fläche handelte und ein Gewässer 3. Ordnung wie der Goldbach in der Kommune von den Entwicklungen der großen Gewässertypen kaum betroffen war. Bei Starkregenereignissen allerdings wurde der eigentlich kleine Bach binnen kurzer Zeit zur großen Gefahr für den Ort. „Die Meldungen vorher waren nicht ausreichend, denn oft kommt das Wasser ja parzellenmäßig runter und ging es um Regenfälle auf nur wenigen Quadratkilometern“, so Robold.

Zeit und Sicherheit gewinnen
„Wie können wir frühzeitiger gewarnt werden vor drohenden Überschwemmungen, um dann entsprechend reagieren zu können?“ Diese Frage war laut Robold der Ausgangspunkt für die Suche nach einem geeigneten Frühwarnsystem, das speziell für kleine Gewässer und örtlich stark begrenzte Gebiete geeignet ist. Das Hauptziel: „Zeit gewinnen“, damit sich die Bürger entsprechend schützen und die Rettungskräfte vorbereiten können.
Smartes und voll digitalisiertes Frühwarnsystem
Ausgewählt als eines von zehn Projekten im Rahmen des „Kommunal? Digital!“ Förderprogramms des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales, hat man sich in Ergoldsbach vor mittlerweile fünf Jahren mithilfe einer Spezialfirma für Messtechnik daran gemacht, ein Frühwarnsystem für die besonderen Gegebenheiten im Ort zu entwickeln. Das Ziel war laut Robold ein „smartes Warnsystem, das im Fall von Wetterextremen wie Starkregen, Trockenheit und Hitze die betroffenen Einsatzkräfte automatisch alarmiert“.
Für die Umsetzung wurden in Kooperation mit dem Bauhof und dem Bauamt an strategisch wichtigen Orten, etwa an Brücken oder im Boden, Sensoren platziert. Dabei handelt es sich um feine Messsensoren, die Wetterdaten wie die Bachhöhe oder die Bodenfeuchtigkeit cloudbasiert sammeln. Diese werden umgehend auswertet, mittels der KI hochgerechnet und mit den jeweiligen Meldungen und Vorhersagen der Wetterdienste kombiniert. Bei Überschreitungen von Messwerten wird automatisch Alarm geschlagen.

Offen zugängliche App
Um die Bürger umgehend zu informieren, gibt es die Starkregen-App, die kostenfrei auf dem Smartphone installiert werden kann und in der die jeweiligen Messwerte der Sensoren wiedergegeben werden. Dort gibt es eine Echtzeitkarte, die laut Robold für „jeden jederzeit abrufbar ist“, womit klar ersichtlich ist, wie die Lage ist und was zu erwarten ist. Zudem ist das System digital mit der Feuerwehr verbunden, die automatisch und mit mehreren Stunden Vorlauf informiert wird, sobald Gefahr droht.
Bauliche Maßnahmen
„Bei KLIWAS selbst geht es um die möglichst detaillierte und frühzeitige Information“, sagt Robold. Ergänzend wurden in Ergoldsbach aber auch bauliche Maßnahmen umgesetzt, um im Starkregen-Fall besser gewappnet zu sein. So wurden Feldwege aufgeschüttet und ein Rückhaltebecken angelegt, außerdem ist die Feuerwehr mittlerweile deutlich besser ausgestattet für den Katastrophenfall.
Mehr Lebensqualität durch Sicherheit
Seitdem das System 2021 installiert worden ist, hat sich die Lage in Ergoldsbach spürbar entspannt. „Wir leben seither deutlich ruhiger, weil wir uns sicherer fühlen. So haben wir definitiv an Lebensqualität gewonnen“, sagt Robold. Die bisher aufgebaute Sensorik und das KLIWAS-System würden dabei ausgesprochen stabil funktionieren und dafür sorgen, dass keine bösen Überraschungen mehr geschehen. „Man gewinnt Zeit“, betont Robold über das spezielle Frühwarnsystem für Orte mit Gewässern dritter Ordnung, und mit gutem Grund gäbe es mittlerweile etliche weitere Kommunen, die das System auch bei sich einführen möchten. In Ergoldsbach selbst hat sich KLIWAS bereits bewährt. So hat es die Einsatzkräfte vor Ort bei den jüngsten Starkregenfällen in Bayern rechtzeitig und erfolgreich vor lokalen Überschwemmungen gewarnt.
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