
Corona-Pandemie
Strafen für Impfterminschwänzer rechtlich durchsetzbar?
Impfterminschwänzer bestrafen - diesen Vorschlag machte zuerst der Präsident des Berliner Roten Kreuzes, Mario Czaja. Er schlug eine "Impfterminschwänzer-Abgabe" von 25 bis 30 Euro vor. Politiker wie der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, aber auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Thorsten Frei, fordern ebenso, dass Menschen, die ihren vereinbarten Impftermin nicht wahrnehmen, für den Ausfall aufkommen sollen. Doch was sagen die Landkreise und Städte und Gemeinden dazu? Ist eine Impftermin-Schwänzer-Abgabe überhaupt machbar - und wie sieht es rechtlich aus? KOMMUNAL fragte nach.
Landrat gegen Strafen für Impftermin-Schwänzer
Der Landrat des Kreises Borken in Nordrhein-Westfalen, Kai Zwicker, sagte zu KOMMUNAL: "Ich bin gegen Strafabgaben. Es gibt viele Gründe, warum Termine nicht wahrgenommen werden. Dazu zählen Erkrankung, anderweitige Impfung, technische Schwierigkeiten bei der Absage." Die Impfbereitschaft könne nur durch positive Botschaften gesteigert werden kann - also: "Durch eine Impfung schützt man sich und andere und ebnet so den einzigen Weg zurück zur Normalität!"
Sechs Prozent der Termine im Impfzentrum nicht wahrgenommen
In den vergangenen vier Wochen wurden laut Landkreissprecher im Kreis Borken rund 6 Prozent der vereinbarten 37.000 Termine zu Erst- und Zweitimpfungen nicht wahrgenommen. "Haus- und Betriebsärzte berichten auch hierüber", betonte der Sprecher des Landkreises. "Im Ergebnis liegt das natürlich auch daran, dass sich die Leute nicht nur auf einen Weg verlassen, sondern da ihre Impfung nehmen, wo sie diese schnell bekommen, wo der für sie „richtige“ Impfstoff angeboten wird oder auch dort, wo es räumlich und zeitlich für sie am besten passt." Dies sei kein Problem, da niemandem ein Impftermin „weggenommen“ werde. "Im Impfzentrum wurden die frei gebliebenen Termine sofort wieder in neue Impftermine umgesetzt – inzwischen bleiben viele Termine sowieso frei", sagte der Sprecher. Der Landkreis Borken war einer der ersten, der eine sogenannte Impf-Restbörse anbot. Dort registrierte Impfwillige werden sofort informiert, wenn Termine freiwerden. Offenbar bewährt sich dieses System auch in dieser Phase der Impfkampagne.
Landrat von Landshut warnt vor Impfmüdigkeit
Der Landrat des Kreises Landshut, Peter Dreier, appelliert an alle Bürger über 18 Jahre, die geimpft werden können, das Angebot auch anzunehmen. "Alle Fachleute, die den Landkreis beraten, warnen davor, dass erneut auf einen Sommer der weitgehenden Sorglosigkeit Herbst- und Wintermonate der Versagungen folgen können", so der Sprecher des Landratsamtes Landshut.
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, nennt die geforderte Abgabe für Impftermin-Schwänzer "völligen Blödsinn". Jeder habe das Recht, jederzeit zu sagen: Ich will nun doch nicht geimpft werden, sagte Landsberg auf Anfrage. Er verweist dabei auf das Problem, dass es gar nicht so einfach sei, einen Impftermin abzusagen. Wie soll man also beweisen können, dass jemand nicht versucht hat, rechtzeitig abzusagen? Um eine Strafe bei verpassten Impfterminen einzutreiben, müsste ein weiteres Bürokratiemonster geschaffen werden, warnt Landsberg eindringlich.
"Wir brauchen keine Bußgeldorgien, sondern Überzeugungsarbeit"
Zu befürchten sei: Drohe ein Bußgeld, werde mancher erst gar keinen Termin machen. "Das ist das Gegenteil von dem, was wir wollen", betonte Landsberg.
Landkreistag und Städtetag gegen Strafen
Auch der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte: "Anstatt über Strafen nachzudenken, sollten wir uns überlegen, was wir tun können, um die Impfbereitschaft weiter hochzuhalten. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, scheint nicht völlig gegen eine Strafabgabe bei Nicht-Einhaltung eines vereinbarten Impftermins zu sein. Gegenüber "Der WELT" bezeichnete er Sanktionen als "zweitbeste Lösung".
Hier finden Sie die Impfquoten beim RKI: