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Flüchtlingshilfe kann auch per Smartphone-App funktionieren. © Pabak Sarkar/flickr

Smarte Flüchtlingshilfe per App

von Rebecca Piron
Redaktion | KOMMUNAL
11. Oktober 2016
Verschiedene Smartphone-Apps versuchen Flüchtlingen zu helfen sich in Deutschland zurechtzufinden. Besonders spannend für Kommunen ist ein Konzept, das spezifisch regionale Informationen bereithält. Wo ist das nächste Migrationszentrum, wo die Ausländerbehörde? Die Apps "Welcome App Germany" und "Integreat" sind auf die Aufbereitung genau dieser Informationen ausgelegt.

Ein Konzept, zwei Apps – die „Welcome App Germany“ und „Integreat“ vermitteln Flüchtlingen alle regional für sie wichtigen Informationen. Jede Gemeinde kann teilnehmen und ihre individuellen Informationen in die Apps einspeisen. Die meisten Flüchtlinge haben ein Smartphone, die wenigsten haben mobile Internetverbindungen. Mit Apps kann Flüchtlingshilfe schnell, papierlos und trotzdem offline funktionieren.

Flüchtlingshilfe funktioniert in Göttingen per App

Göttingen ist eine der ersten fünf Städte, die sich in der ersten Jahreshälfte 2015 der „Welcome App“ angeschlossen haben. „Am Anfang war die Arbeit sehr mühselig, weil es nicht nur für die Stadt, sondern auch für das Unternehmen Neuland war“, erinnert sich Detlef Johannson, Pressesprecher der Stadt Göttingen. „Wir wurden damals von Flüchtlingen überrannt und brauchten dringend eine Möglichkeit ihnen die nötigen Informationen bereitzustellen.“ Die Agentur habe sich extrem bemüht und lernfähig gezeigt. Es sei eine Zeit gewesen in der man sich in Sachen Flüchtlingshilfe wechselseitig befruchtet habe. Die App war ursprünglich nur für Dresden gedacht. Die Initiatoren merkten jedoch schnell, dass das Konzept in jeder Kommune von Interesse sein könnte. „Wir haben bei der Veröffentlichung der Dresden-App gemerkt, wie riesig der Bedarf auf Seiten der Städte und Asylsuchenden ist“, sagt Peggy Reuter-Heinrich, Geschäftsführerin des Entwicklers HeiReS. „Daher war der Ansatz aus der Dresden-App eine Deutschland-App zu machen, der logische nächste Schritt.“

Informationen können in der Welcome App auf Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Farsi und Russisch angezeigt werden.

Allgemeine Informationen zu deutschen Sitten, Regeln und Recht recherchiert das Team der App selbst und speist sie in die App ein. Kommunal-spezifische Informationen müssen die Kommunen beisteuern. Die App arbeitet mit einer automatisierten Übersetzung in die Sprachen Englisch, Französisch, Arabisch, Farsi und Russisch. Experten prüfen und korrigieren die Übersetzungen gegebenenfalls. Über ein Content-Management-System können Kommunen selbst Informationen in die App eintragen. „Das Informationsangebot ist umfangreich, aber nicht unübersichtlich“, findet Johannson. In den ersten drei Monaten wurde die App in Göttingen alleine 2.000 Mal heruntergeladen. „Bei unserer Zielgruppe haben wir einen guten Abdeckungsgrad erreicht“, sagt Johannson. „Auch Interessierte aus der Flüchtlingshilfe haben sich die App runtergeladen.“

Flüchtlingshilfe-Apps sind Non-Profit-Initiativen

Die Welcome-App ist - genau wie Integreat - eine Non-Profit-Initiative, kann sich jedoch nicht komplett über ihre Spenden finanzieren. Die anfallenden Aufwendungen für teilnehmende Kommunen wird über den Königsteiner Schlüssel ermittelt. So zahlt Göttingen zum Beispiel 3.000 Euro jährlich. „Hätten wir eine Firma beauftragt für uns speziell eine Flüchtlingshilfe-App zu entwickeln, hätte das zwischen 35.000 und 300.000 Euro gekostet“, wendet Göttingens Pressesprecher ein. Kommt es zu finanziellen Überschüssen, werden diese an andere gemeinnützige Vereine gespendet, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren. Bisher haben die Betreiber 9.000 Euro an Vereine wie Ärzte ohne Grenzen und Pro Asyl gespendet. Detlef Johannson zieht ein durchweg positives Fazit. „Die App entlastet uns finanziell und personell“, sagt der Pressesprecher. „Es ist ein gutes Modell, das auch in anderen Städten helfen könnte.“ Auch für den Einsatz in anderen öffentlichen Bereichen könnte er sich die App vorstellen.

Da Integreat kostenfrei ist, kann die App auch von Hilfsorganisationen eingerichtet werden.

Ähnlich funktioniert auch die „Integreat“-App. Die Leistungen durch das Team sind zwar eingeschränkter, dafür ist die App jedoch für die Teilnehmer völlig kostenfrei. Das machte es in Kissing möglich, dass der dortige Asylhelferkreis die App in die kleine Gemeinde holen konnte. „Integreat“ wurde von einer Forschungsgruppe des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik der TU München in Kooperation mit Studenten der Studiengänge Finanz- und Informationsmanagement sowie Software-Engineering entwickelt. Sie stellt anders als die „Welcome App“ keine allgemeinen, sondern ausschließlich auf die Kommune zugeschnittene Informationen bereit. Die Grundstruktur der App und das Content Management System WordPress werden den Kommunen bereitgestellt. Die Informationen und Übersetzungen werden dann von den Kommunen selbst eingepflegt. Kissing schloss sich der App Anfang des Jahres an. Der Asylhelferkreis war über einen Zeitungsartikel auf „Integreat“ aufmerksam geworden und traf sich spontan mit den Initiatoren in Augsburg. „Wir haben auch direkt eine Gruppe von Asylsuchenden mitgebracht, die uns bei den Übersetzungen helfen sollten“, erzählt Harald Schütz vom Asylhelferkreis. „Das Unternehmen hat uns einen eigenen Pflegebereich eingerichtet und um den Content haben wir uns dann selbst gekümmert.“ Der Hauptnutzen der App ist laut Schütz die Erstversorgung mit Informationen, wenn Asylsuchende neu in die Kommune kommen. Sie habe sich gerade in dem Bereich als sehr hilfreich erwiesen und werde auch von Asylhelfern gerne genutzt.

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