Steuerhinterziehung wider Willen
Kämmerer könnten bald mit einem Bein im Knast stehen!
Umsatzsteuer bei Stromverkauf
Ein Praxisbeispiel aus einer Gemeinde: Die Kommune betreibt eine PV-Anlage und erhält eine Einspeisevergütunge von jährlich EUR 30.000. Nach der alten Rechtslage sah es so aus: Weil die Einspeisevergütung unter der Besteuerungsgrenze von EUR 35.000 lag, bestand keine Umsatzsteuerpflicht. Auf der anderen Seite konnte die Gemeinde auch keine Vorsteuer aus dem Erwerb der PV-Anlage geltend machen. Nach der neuen Rechtslage hat sich das nun umgekehrt, das bedeutet: Der Stromverkauf unterliegt der Umsatzsteuer, da auf privatrechtlicher Grundlage.
Kostenlose Gemeindeblätter
Ähnlich ist es etwa bei kostenfreien Gemeindeblättern. Finanziert wird die Zeitung mit der Überlassung des Anzeigenrechts an den Verlag. Spätestens ab dem Jahr 2023 unterliegt dieser Tausch, bei dem kein Geld vom Verlag an die Gemeinde fließt, der Umsatzsteuer. Auch Leistungen, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, zum Beispiel per Satzung oder Verwaltungsakt, erbracht werden, können künftig einer Besteuerung unterliegen, wenn diese auch von Privaten erbracht werden könnten. Nicht mit der Umsatzsteuer belastet bleiben Gebühren für die Ausstellung von Personalausweisen, Geburtsurkunden oder die Abwasserbeseitigung.
Eine Nichtbesteuerung von Kooperationen mit anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts kommt nur noch dann in Betracht, wenn die Kommunen im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden und keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen nach § 2b Abs. 3 Umsatzsteuergesetz insbesondere dann nicht vor, wenn die Leistungen etwa auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen, die dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur dienen oder ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden. Gleiches gilt, wenn der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt. Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, besteht jedoch lediglich eine Vermutung, dass keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vorliegen.
Bauhof von Umsatzsteuer betroffen
Ein weiteres Beispiel aus einem Bauhof: Er erledigt die Grünanlagenpflege für eine andere Gemeinde. Aufgrund einer Zweckvereinbarung erfolgt eine Abrechnung auf Kostenbasis. Nach alter Rechtslage lag eine Beistandsleistung vor, Umsatzsteuer fiel nicht an. Nach der neuen Rechtslage gilt: Auch wenn die Voraussetzungen des § 2b Abs. 3 Umsatzsteuergesetz erfüllt sind, ist eine Steuerbarkeit gegeben, da die Grünanlagenpflege im Wettbewerb zu Anbietern aus der freien Wirtschaft steht.
Feuerwehr teilweise betroffen
Selbst bei der Feuerwehr ist künftig zu prüfen, ob Umsatzsteuer anfällt. Auch dazu ein Beispiel: Eine Feuerwehr erzielt auf Basis einer Gebührensatzung Einnahmen aus der Schlauchwäsche für andere Feuerwehren in Höhe von 8000 Euro. Oder nimmt für das Keller auspumpen 2500 Euro ein. Bisher war es so, dass es sich bei der Schlauchwäsche um eine Beistandsleistung handelte, die keine Umsatzsteuer auslöste. Das Auspumpen des Kellers unterlag nicht der Umsatzsteuer, weil die Einnahmen unter der Besteuerungsgrenze lagen. Ab dem kommenden Jahr gilt nun aber: Die Feuerwehr tritt bei Leistungen außerhalb der Gefahrenabwehr in Wettbewerb zu Dritten. Dies kann etwa beim Auspumpen eines Kellers der Fall sein. Umsatzsteuerpflichtig ist die Übernahme von Teilaufgaben für Nachbarwehren auch im Bereich der Atemschutzmasken- und Schlauchwerkstatt, welche auch durch private Anbieter geleistet werden könnten.
Durch die dezentralen Organisationen ist vielfach nicht vollständig bekannt, was alles und auf welcher Grundlage gemacht wird. Die neue Gesetzeslage zwingt dazu, interne Prozesse zu überdenken. Ziel muss eine zutreffende Steuerdeklaration sein. Geschieht dies nicht, befreit ein Organisationsverschulden am Ende nicht von der Steuerlast. Zusätzlich kommen auf Bürgermeister und Kämmerer dann aber Fragen der Ordnungswidrigkeit oder der Steuerverkürzung hinzu.
