Digitalisierung mit Gebäudesensoren
Wie Kommunen Energie und Kosten sparen
Wie sich herausstellte, lief die Wasserspülung des Behinderten-WCs durchgängig. Drost berichtet von anderen Beispielen: Für eine Turnhalle gab es eine ähnliche Warn-Mail. Dort waren die Toiletteneinsätze verkalkt und das Wasser rauschte durchgehend in die Abwasserrohre. In der am Projekt teilnehmenden Berufsschule gab es einen Wasserrohrbruch – den die Sensoren ebenfalls rasch aufspürten und an die angebundenen Energie-Cloud-Systeme sendeten. Dank der Warnhinweise konnten die Fehler schnell behoben und die Wasserverschwendung gestoppt werden.
Kommunale Gebäude mit Energie-Cloud-Systemen digitalisieren
Der Startschuss für das Verbundforschungsprojekt Sustain2 fiel bereits 2019. Die RWTH Aachen fragte die kreisfreie Stadt an, Teil von Sustain2 zu werden. Gemeinsam mit der Emscher Lippe Energie GmbH und der E.ON Energy Solutions GmbH untersuchte das Projekt vier Jahre lang, wie kommunale Gebäude mit Energie-Cloud-Systemen digitalisiert werden können. Dafür wählte das Projektteam 25 Objekte aus: „Wir wollten möglichst unterschiedliche Gebäude mit den Sensoren ausstatten“, sagt Drost. Am Ende sind Verwaltungs- und Schulgebäude, Kindergärten, Turnhallen, das Rathaus und ein Museum dabei.
Alle Daten auf einer Plattform verwalten
Insgesamt 188 Strom-, Gas-, Wasserverbrauchszähler, IoT-Raumklima-Sensoren, Fernwärmeverbrauchszähler und GLTDatenlogger verbaut das Team. Es nutzt unterschiedliche Messtechniken und Cloudsysteme, um sie zu vergleichen. Sie wollen herausfinden, wie zuverlässig die verschiedenen Systeme funktionieren. So konnte die für Bottrop passende Lösung gefunden werden.
Am Ende laufen alle Daten über eine Plattform zusammen, die Basis dafür ist das von der RWTH entwickelte projekteigene Cloud-System. „Die RWTH Aachen hat ihr Energiemanagementsystem auf unsere bereits bestehenden Gebäude-Überwachungssysteme und unsere Verbrauchszähler aufgesetzt“, sagt Drost. Diese haben schließlich in regelmäßigen Abständen Signale an sogenannte Sensor-Knoten und ein Sensor-Gateway geschickt. Bis schließlich sämtliche Daten in der Energy Cloud landen.
Open Source: Energiemanagement für Kommunen
Das neue System habe die erhobenen Daten gespeichert und mithilfe von künstlicher Intelligenz die Energienutzung optimiert, so Drost. „Mithilfe von Wetterdaten konnten Heizvorgänge in den öffentlichen Gebäuden besser gesteuert werden.“ Sagen die Daten beispielsweise kühleres oder wärmeres Wetter voraus, können die Heizungen darauf abgestimmt automatisch ein- oder ausgeschaltet werden.
Das Ziel des neuen Energiemanagementsystems der RWTH war, eine komplett auf open-source-Technologie basierte Infrastruktur zu entwickeln. Denn das heißt: Auch andere Kommunen können sie künftig nutzen und ein eigenes Energiedatenportal darauf aufsetzen.

Aufgespürte Leckage spart über 10.000 Euro
Dass sich das Monitoring lohnt, bestätigt Drost. Es seien zahlreiche Fehleinstellungen oder undichte Stellen im Rahmen des Forschungsprojektes entdeckt worden. Im normalen Betrieb wären sie unentdeckt geblieben. Besonders eindrücklich zeigten das die Sensoren für Hausanschluss-Wasserzähler: Das System entdeckte eine undichte Stelle, die zu Wasserverlusten von vier Kubikmetern pro Tag – und dadurch verursachte Kosten von 10220 Euro pro Jahr führte. Demgegenüber standen 100 Euro, die der Sensor kostete, sowie eine Installationszeit von einer Stunde.
Dazu muss man wissen: Undichte Stellen bauen sich oftmals über mehrere Jahre auf. Was es schwierig macht, Jahresverbräche zu vergleichen und Schäden zu entdecken. Einzig eine stündliche Analyse erkennt einen ungewöhnlich hohen Wasserverbrauch.
Sensoren messen weiterhin – auch nach Projektabschluss
Das Projekt ist seit letztem Jahr abgeschlossen. Die Sensoren messen jedoch weiter. Mittlerweile in 28 Gebäuden. Denn das intelligente Überwachungssystem hat gezeigt: Cloud-Architekturen und Sensorsysteme bieten viele Vorteile, wie etwa weniger Betriebskosten.
Demnächst laufen die Verträge für die Energie-Monitoring-Systeme aus und Drost und seine Kolleginnen und Kollegen müssen abwägen, was sie wie weiterführen wollen. „Wir konzentrieren uns in erster Linie auf den Wasserverbrauch“, sagt Drost, weil die Fehlererkennung einfacher zu analysieren sei. Außerdem sei weniger Personal notwendig, um die Fehler zu beheben. Aufgrund der digitalen Messtechnik bei den Wasserverbrauchszählern müssen die Mitarbeiter vom Bauhof nicht mehr in die Wasserzählerschächte klettern. Stattdessen überprüfen sie die Zählerstände bequem per App.
Handlungsempfehlungen für andere Kommunen
Bei all den guten Erfahrungen weist das Projektteam aber auch auf einen negativen Trend hin: Um kommunale Energiesysteme zu digitalisieren, gibt es zahlreiche kommerzielle Lösungen. Diese schiere Menge sei problematisch, denn jeder Netzbetreiber baut sein eigenes IT-Netzwerk auf, um Zählerstände digital zu messen. Das führe dazu, dass die unterschiedlichen Systeme nicht zusammenarbeiten können.
Für Kommunen bedeutet das: Es ist schwierig, Verbrauchsdaten von verschiedenen Netzbetreibern über ein gemeinsames System zu überwachen. Wie es besser funktioniert:
- Gebäudemanagement-Daten sollten über eine Oberfläche verwaltet und gesteuert werden.
- Der Alarm bei ungewöhnlichen Verbräuchen muss gut einstellbar und übersichtlich sein.
- Bedienoberflächen sollten einfach gehalten sein: Hilfreich für Kommunen sind Standardanalysen und vorgefertigte Templates, wie ein Energiebericht.
- Um die Daten kostengünstig zu erfassen, sollte ein paralleles IoT-Netzwerk mit Sicherheitskonzept aufgebaut werden.
- Serverkapazitäten können online als Dienstleistung gekauft werden. Datenbanken sollten direkt mit den Sensoren verknüpft sein.
Weitere Erkenntnisse finden sich in der Handreichung für Kommunen
Der Leitfaden "Digitalisierung kommunaler Liegenschaften mittels Energie-Cloud-Systemen“ als PDF zum Herunterladen:


