KI-Assistenten
Chat-Bot: Wie Else und Muckl ankommen
Auch in anderen Kommunen sind Chatbots Realität
Chatbots haben als digitale Helfer längst auf den Websites verschiedener Kommunen Einzug erhalten. In Heidelberg etwa beantwortet der KI-Bürgerassistenz Lumi alle Fragen rund um die Stadt und unterstützt die Besucher beispielsweise bei Behördengängen wie der Ummeldung ihres Wohnsitzes. In Berlin wiederum trägt der Chatbot den Namen Karla und hilft als KI-Assistent weiter. Dabei durchsucht dieser Prototyp systematisch die Schriftlichen Anfragen und die Hauptausschussvorgänge der Wahlperiode 19 des Berliner Abgeordnetenhauses und erstellt anhand eines Large Language Models Vorlagen für die Beantwortung der jeweils gestellten Frage. „Servus, ich bin Muckl, der Chatpot der Landeshauptstadt München“, heißt es wiederum auf der Website der Stadt München, wo Muckl nach einer Testphase im Vorfeld der Landtags- und Bezirkswahlen zunehmend weitreichendere Auskünfte gibt.
Interkommunale Zusammenarbeit zweier Landkreise
Beim Chatbot ELSE handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Partner Onlim. Beide Landkreise hatten sich beim Land Niedersachsen mit dem Verbundprojekt „Entwicklung und Implementierung eines Chatbot mit Avatar (Chat-GA)“ in den Gesundheitsämtern der beiden Landkreise erfolgreich um eine Förderung beworben. Je Landkreis beläuft sich das Fördervolumen auf 218.000 Euro, Laufzeit des Projekts ist bis zum 30. Juni 2025. „Man muss eine Herausforderung wie diese nicht alleine lösen“, sagt Michael Steffens, der Dezernent der Kreisverwaltung, schließlich seien die Fragestellungen, mit denen sich die Bürger an die jeweiligen Gesundheitsämter wenden würden, oft identisch. Dabei geht es um Themen wie Infektions- und Gesundheitsschutz (Impfungen und Hygienebelehrungen), Gesundheitsprävention oder auch Pflege und Demenz.
Corona-Pandemie als Katalysator
Vor Einführung des Chatbots gab es laut Steffens auf der Website ein „sehr großes Informationsangebot, das durch die bloße Menge mit einer gewissen Unübersichtlichkeit“ einher ging. Hatte jemand spezifische Fragen zu Gesundheitsthemen, führte der klassische Weg daher meist via Telefon direkt zum Sachbearbeiter. Angesichts der Corona-Pandemie kam das bisherige System deutlich an seine Grenzen. „Es gab damals eine exorbitante Anzahl an Anfragen. Wir haben die Telefonkapazitäten zwar erheblich aufgestockt, sowohl technisch als auch personell, aber wir konnten trotzdem nicht alle Anrufe entgegennehmen“, so der Dezernent. Zudem hätten sich die Vorschriften und Lageberichte derart schnell verändert, dass die Mitarbeiter kaum hinterhergekommen seien. „Die Corona-Pandemie war für uns der absolute Gamechanger“, sagt Steffens im Rückblick. Zwar habe es sich hier um ein Ausnahmeszenario gehandelt, „aber wir wollten dem auch in Zukunft begegnen können“, so der Dezernent.
Hilfe und Entlastung für Beschäftigte
Das Ziel war es nach diesen Erfahrungen, ein „Angebot zu schaffen, das hilft und entlastet“, wie Steffens sagt. Nachdem Ende 2022 ChatGPT 3.5 veröffentlicht worden war, sei schnell die Idee zu einem Chatbot entstanden. Im Vorfeld zur Einführung eines solchen digitalen Assistenten wurde die Landkreis-Website durchforstet und umgebaut, außerdem wurde eine Projektgruppe mit IT-Mitarbeitern beider Landkreise ins Leben gerufen. „Dabei waren wichtige Punkte zu klären: Was soll der Chatbot letztlich können, wie sieht sein Training aus und mit welchen Daten kann man ihn füttern?“, so Steffens.
Datenzusammensetzung ist entscheidend
Die größte Herausforderung bei der Einführung und Etablierung des Chatbots ist laut Steffens die Datenauswahl. “Der Chatbot kann nur wiedergeben, was man ihm zuvor gegeben hat, deshalb sind das A und O die Trainingsdaten“. Beim Chatbot ELSE stammen diese Daten aus einem festen Pool, bestehend unter anderem aus Daten des Landesgesundheitsamtes und des Robert Koch Instituts, der stetig erweitert wird. Hierbei besonders wichtig: „Der Chatbot kann sich nicht im Internet bei potentiell zweifelhaften Quellen bedienen“, so Steffens.
Nächster Schritt: Chatbot für Mitarbeiter
Im Moment ist der Chatbot für Besucher der Website zu Gesundheitsthemen freigeschaltet, eine weitere Ausweitung aber ist laut Steffens ausdrücklich geplant und so soll ELSE in absehbarer Zeit für Themen den gesamten Tätigkeitsbereich des Landkreises als Ansprechpartnerin dienen und dann zum Beispiel auch bei Fragen zum Straßenverkehr oder den Rechtsvorschriften der Ausländerbehörde helfen. Als nächster Schritt ist nun erstmal geplant, den Chatbot auch für den internen Gebrauch in der Landkreis-Verwaltung mit Daten zu "füttern". „Ein realistischer Anwendungsfall ist hier zum Beispiel das sogenannte Onboarding, also die Einarbeitung von neuen Mitarbeitern. Diese haben meist viele Fragen zu bestimmten Abläufen oder Regeln, die durch den Chatbot problemlos beantwortet werden könnten, ohne andere Mitarbeiter Arbeitszeit zu kosten“, sagt Steffens.
Lernprozess in zehn Monaten
Nach einer etwa zehnmonatigen Arbeitsphase wurde der Chatbot ELSE Ende 2024 freigeschaltet. Bislang sei alles problemlos angelaufen und in nur wenigen Wochen konnten über 250 Konversationen zwischen ELSE und den Bürgern verzeichnet werden. Für Steffens ist das ein gutes Zeichen. „Der Chatbot ist ein niedrigschwelliges und leicht zu bedienendes Angebot, das offensichtlich angenommen wird von den Website-Besuchern“, so der Dezernent. Dabei finde gerade ein Lernprozess statt, bei dem die Mitarbeiter des Landkreises die anonymisierten Konversationen genau analysieren und beobachten würden, wo der Chatbot genutzt werde und wo Anfragen ins Leere führen. „Klar ist: Ein Chatbot braucht Betreuung und es braucht nach wie vor den Menschen, der die Daten einspeist und die technische Innovation begleitet“, so Steffens.
Chatbot arbeitet schnell und aktuell
Aus Sicht des Dezernenten kann der Chatbots ELSE sowohl bei alltäglichen Anfragen als auch in Ausnahmezuständen eine Verbesserung bringen. „Gerade in derartigen Extremsituationen wie der Corona-Pandemie, wo sich ständig die Vorschriften und Gemengelagen geändert haben, ist ein Chatbot eine Riesenhilfe“, sagt der Dezernent. Während sich die Mitarbeiter erst mühsam in neue Verordnungen einarbeiten müssten, könnte man diese beim Chatbot einfach austauschen und damit sehr aktuell auf die Lage reagieren und auch eine extrem hohe Nutzer-Anzahl bedienen. Wer aber auch in Zukunft lieber zum Telefonhörer greift, als mit ELSE zu schreiben, kann das laut Steffens problemlos tun. „Wir fahren unser Angebot als Landkreis durch die Einführung des Chatbots in keiner Weise zurück und sind natürlich auch weiterhin persönlich ansprechbar“, so der Dezernent. So solle der Chatbot die Mitarbeiter nicht ersetzen, sondern letztlich eine Unterstützung sein für deren Arbeit.
Hier geht es zur Website des Landkreises Emsland und zum Chatbot ELSE
