Pilotprojekt
Kommune sichert Kinderbetreuung durch Minijobber
Personalmangel führte zu drastischer Kürzung
Elf Kindertagesstätten gibt es in der Stadt Aichtal, neun davon in städtischer Hand, zudem zwei in freier Trägerschaft. Drei davon sind eigentlich für die Ganztagesbetreuung ausgelegt, wie Marlen Heckmann sagt, die als pädagogische Fachberaterin bei der Stadt das Sachgebiet Betreuung, Bildung und Kultur leitet und die Einrichtungen betreut. Der Grund für die Kürzung der Betreuungszeiten an den Ganztageseinrichtungen war ein „extremer Personalmangel“, wie Heckmann sagt. Stellen konnten nicht nachbesetzt werden und der Betreuungsschlüssel nicht länger gewährleistet. Die Folge: „Wir konnten die Betreuungszeiten in den Einrichtungen mit längerer Betreuung nicht mehr aufrechterhalten und mussten drastisch reduzieren“.
Gesetzliche Pflicht kann aktuell nicht erfüllt werden
Für die berufstätigen Eltern, die bewusst die lange Betreuung gebucht hatten, sei die Kürzung eine heftige Dimension, die viele Probleme mit sich bringe, wie Heckmann weiß. „Es gab klare Vorwürfe, warum dagegen nichts getan wird“, erzählt die Fachberaterin, zumal die Stadt gesetzlich dazu verpflichtet sei, den Bedarf zu decken. Angesichts des fehlenden Personals aber sei das nicht zu schaffen. „Wir haben natürlich Verständnis für die Situation der Eltern und stehen in engem Austausch mit dem Gesamtelternbeirat, um die Lage zu erklären und eine Lösung zu suchen“, sagt Heckmann. Dabei sind sie auf das „Offenburger Modell“ gestoßen.
„Offenburger Modell“ als Überbrückungshilfe
Der Kern des in Offenburg bereits erfolgreich erprobten Modells ist eine Auslagerung der fehlenden Betreuungsstunden an einen externen Träger. Dies ist bis zu zehn Stunden pro Woche möglich, wobei das hierfür extra angelernte Personal nicht aus Fachkräften bestehen muss und die Betreuung keiner Extra-Qualifizierung bedarf. Als Träger hat man in der Stadt Aichtal die Malteser vor Ort kontaktiert, die ab Anfang 2025 in den beiden Ganztageseinrichtungen mit besonders starkem Personalmangel eine Spielzeit-Betreuung von maximal 10 Stunden pro Woche pro Einrichtung anbieten werden. Die zusätzliche Spielzeitbetreuung richtet sich dabei speziell an Ganztageskinder ab drei Jahren. Für die Eltern entstehen keine zusätzlichen Kosten, da die Gebühren im Rahmen der regulären Kita-Tarife bleiben.
Erst Kita-Betreuung, dann Spielzeit mit Maltesern
Nachdem die Malteser das Modell und den Ablauf bereits in speziellen Informationsabende in den Kindertagesstätten vorgestellt haben, wird die Umsetzung ab Januar zunächst mit sechs Spielbetreuern im Kinderhaus Weckholder und drei Spielbetreuern in der KiTa Rudolfshöhe in Aichtal starten. Die Rahmenbedingungen sind laut Heckmann klar: Die Spielzeitbetreuer werden in 39 Stunden schnell ausgebildet und sind dann als Mini-Jobber bei den Maltesern angestellt. Bei der Suche nach geeigneten Betreuern hätten die Malteser keine Schwierigkeiten gehabt, wie Heckmann berichtet.
„Es haben die Malteser zahlreiche Bewerbungen erreicht, wobei sich von der Studentin über die Hausfrau bis hin zum Rentner Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen gemeldet haben“, so die Fachberaterin. In der Praxis werden die Kinder bis 13.30 vom pädagogischen Fachpersonal betreut werden, um 13.30 Uhr erfolgt die Übergabe der Kinder an die Spielzeitbetreuer und liegt die weitere Betreuung komplett in den Händen der Malteser, wie Heckmann sagt.
Hoffnung auf Entlastung der Familien
Auch wenn große Hoffnungen auf dem Kooperationsprojekt liegen, ist für Heckmann und ihre Kollegen klar: „Es handelt sich bei den Spielzeitbetreuern um Aushilfen, die erst einmal der Überbrückung dienen und kein vollständiger Ersatz sein können für die pädagogische Begleitung der Kinder“. Deshalb sei der momentane Vertrag mit den Maltesern auch erst einmal befristet bis Ende 2025. Angesichts der konstant angespannten Lage am Fachkräftemarkt kann sich Heckmann aber auch gut vorstellen, dass es zu einer längerfristigen Kooperation kommt.
Das Hauptziel sei eine möglichst schnelle Entlastung der Eltern und eine gute Versorgung der Kinder. Dies wird auch von der Elternschaft so wahrgenommen. „Grundsätzlich haben wir sehr positives Feedback der Eltern bekommen, weil sie sehen, dass wir etwas tun und froh sind, dass ihre Kinder etwas länger betreut werden können“, erzählt Heckmann. Gleichzeitig gäbe es da auch Sorgen, wer als Betreuer im Einsatz sein werde und ob das vergleichbar sei mit der Betreuung der Kinder durch pädagogisches Fachpersonal. Heckmann aber ist optimistisch. „Die Erfahrungen aus Offenburg zeigen, dass das Modell wirklich gut funktionieren kann. Die Spielzeitbetreuer, die sich hierfür melden, machen das mit viel Herzblut und die Eltern werden deutlich entlastet“.


