Personalnot
Quereinsteiger für Einsatz an Kitas qualifizieren
Quereinsteiger als Erzieher in Kitas
„Bei der Weiterbildungsmaßnahme geht es darum, Menschen, die in ihrem Leben oft bereits in ganz anderen Bereichen gearbeitet haben, einen Einstieg in die Arbeit an Kitas zu ermöglichen – wohlgemerkt ohne, dass sie dafür im klassischen Sinne nochmal die Schulbank drücken müssen“, sagt Martina Schweiger, eine der zertifizierten Multiplikatorinnen im Rahmen der Bildungsoffensive. Als Kindergartenleiterin ist Schweiger angestellt bei der Stadt Penzberg und führt dort den städtischen Kindergarten, einen Teil ihrer Arbeitszeit aber investiert sie in die Durchführung des zweiten Blocks der Weiterbildungsmaßnahme. So bietet sie am Wochenende in Kooperation mit der örtlichen VHS Extra-Kurse für Teilnehmer der Maßnahme an, wobei die Kommune die Personal- und Raumkosten übernimmt.
Weiterbildung - dreiteiliger Aufbau
Das Weiterbildungsangebot besteht laut Schweiger insgesamt aus fünf Modulen, die in drei Blöcke unterteilt sind. Nach Abschluss jeden Blocks erwerben die Teilnehmer eine Qualifikation, mit der sie nach Block A als Assistenzkraft, nach Block B als Ergänzungskraft und nach Block C als Erzieherin arbeiten können. Das Besondere: Bereits während der Ausbildung können und sollen die Teilnehmer an Kitas arbeiten, um parallel zur Theorie praktische Erfahrungen zu sammeln. Bei welchem Block man einsteigt, hängt laut Schweiger von der pädagogischen Vorerfahrung ab. Hat jemand beispielsweise bereits mehr als 800 Stunden als pädagogische Hilfskraft gearbeitet und zudem eine zweijährige Berufsausbildung, kann er Block A überspringen.

Fokus auf eigenständigem Lernen
Die komplette Weiterbildung umfasst insgesamt 700 Stunden, wobei davon nur ein Drittel in Präsenz abgehalten wird, ein weiteres Drittel online läuft und ein Drittel „im selbst gesteuerten Lernen in Kleingruppen“ erarbeitet werden soll, wie Schweiger sagt. Dabei gehe es nicht im klassischen Sinn um Noten und Prüfungen, sondern handle es sich explizit um ein Format der Erwachsenenbildung, bei dem die Teilnehmer sehr eigenständig lernen könnten. „Für die Teilnehmer ist das sehr attraktiv und auch ein deutlicher Unterschied zur klassischen Erzieherausbildung“, sagt Schweiger. „Während in der Schule auch Fächer allgemeiner Art auf dem Lehrplan stehen, konzentrieren wir uns in der Weiterbildung ausschließlich auf die pädagogischen, soziologischen und psychologischen Inhalte“.
Teilnehmer suchen neue Perspektive
In Penzberg bildet die Multiplikatorin aktuell Teilnehmer des zweiten Blocks weiter, also zukünftige Ergänzungskräfte an Kitas – laut Schweiger die klassischen Zweitkräfte neben der leitenden Erzieherin. Was den Hintergrund der Kursteilnehmer anbelangt, gibt es bei den meisten deutliche Parallelen in ihrer Berufs- und Lebensgeschichte, wie Schweiger feststellt. „Die allermeisten haben zuvor in einem Anstellungsberuf gearbeitet, Kinder bekommen und dann im Beruf pausiert. Als die Kinder größer wurden, wollten sie nicht zurück in den Ursprungsberuf und haben Interesse an einem sozialen Beruf entwickelt“.
Hoch motiviert und lebenserfahren
Aktuell umfasst die Gruppe der Teilnehmer in Penzberg ausschließlich Frauen im Alter von Anfang 30 bis Ende 50, die allesamt hoch motiviert, zuverlässig und sehr reflektiert seien, wie Schweiger sagt. „Die Kursteilnehmerinnen stehen an einer ganz anderen Stelle im Leben als junge Leute, die direkt nach der Schule die Ausbildung zur Erzieherin absolvieren“, so die Leiterin, und es sei faszinierend zu erleben, wie die jeweiligen Lebenserfahrungen in den Unterricht miteinfließen. Dass diese Kräfte über die Weiterbildung nun Zugang erhalten zu höherqualifizierten Jobs in Kitas, findet Schweiger nur positiv. „Ich empfinde es als absolute Bereicherung, Leute im Team zu haben, die vorher schon etwas anderes gemacht haben und pädagogische Fragen neu durchdenken“, so die Kursleiterin.
Ein Baustein gegen die Personalnot
Im November 2022 wurden die ersten Multiplikatoren zertifiziert, seit mittlerweile einem Jahr läuft die Weiterbildungsmaßnahme und gibt es längst ein umfangreiches Kursangebot in ganz Bayern. Aus Erfahrung von Schweiger ist es ein Ansatz, der sich bewährt und Menschen anspricht, die ansonsten wohl nicht über höhere Qualifizierungen nachgedacht hätten. „Die wenigsten der Teilnehmer würden noch einmal einen klassischen schulischen Weg gehen wollen“, ist Schweiger überzeugt, schließlich hätten alle bereits abgeschlossene Berufsausbildungen und Studien hinter sich und würden mitten im Leben lieber möglichst praxisorientiert arbeiten wollen. Die Weiterbildungsmaßnahme macht das möglich.
„Dass die Teilnehmer nebenbei schon arbeiten und Geld verdienen können, ist sehr wichtig, zudem braucht es unbedingt die begleitende Praxis, um Erfahrungen mit den Kindern zu sammeln“, so Schweiger. Eine Gefahr sei hierbei gleichwohl, dass „die Teilnehmer angesichts des Personalmangels zu schnell als verantwortliche Hauptkräfte eingesetzt werden, obwohl sie noch mitten in der Weiterbildung stecken“. Um die Personalnot zu beheben, ist die Maßnahme aus Sicht von Schweiger ein Baustein von vielen. „Sie löst natürlich nicht grundsätzlich das Problem des Fachkräftemangels, aber sie spricht definitiv eine andere Mitarbeiter-Gruppe an“, so die Leiterin.
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