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Menschen vor PC
Digitale Angebote werden von Ehrenamtlichen mittlerweile intensiv genutzt
© neuland 21

Studie

So digital ist das Ehrenamt

von Dorothea Walchshäusl
Reporterin | KOMMUNAL
26. April 2024
Das Ehrenamt wird zunehmend digitaler – das zeigt eine bundesweite Studie, welche die Nutzung von digitalen Hilfen und die digitale Kompetenz der Ehrenamtlichen untersucht hat. Gleichwohl gibt es noch große Unterschiede.

Zeitersparnis, effizientere Arbeitsabläufe und bessere Kommunikation nach innen wie außen – die Vorteile des Einsatzes digitaler Tools im ehrenamtlichen Alltag liegen auf der Hand. Doch wie intensiv werden digitale Möglichkeiten tatsächlich genutzt im Alltag der verschiedenen Vereine und gemeinnützigen Organisationen quer durch die Bundesrepublik? Das war die Ausgangsfrage einer groß angelegten Studie, die von dem gemeinnützigen Think Tank neuland21 und dem Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, Erkner (IRS) durchgeführt worden ist. Dabei hat sich gezeigt: Es ist zwar noch deutlich Luft nach oben, bereits jetzt aber profitiert das Ehrenamt enorm von den digitalen Angeboten.

Digitalisierung im Ehrenamt – ein vielschichtiger Begriff

„Wenn man im Ehrenamt von Digitalisierung spricht, geht es letztlich um drei Aspekte“, sagt Ralph Richter, der am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) die Forschungsgruppe "Soziale Innovationen in ländlichen Räumen" leitet. Da sei zum einen die Präsenz des jeweiligen Vereins nach außen, etwa via Social Media Kanäle oder die eigene Website. Zudem kann Digitalisierung im Bereich der internen Kommunikation eine wichtige Rolle spielen, zum Beispiel bei der Mitgliederverwaltung mittels digitaler Software oder der Nutzung von Cloud-Lösungen. Mit der entscheidende Punkt aber sei die Frage, welche digitalen Kompetenzen die Mitglieder selbst mitbringen und wie sehr diese gewillt und in der Lage sind, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen. Mit Blick auf diese drei Bereiche haben die Mitarbeiter der Studie von 2021 bis 2023 Ehrenamtler in ganz Deutschland befragt und den aktuellen Stand der Digitalisierung erhoben.

Breit und repräsentativ

„Unser Ziel war es, eine möglichst breite und repräsentative Studie durchzuführen“, erläutert der promovierte Wissenschaftler. Entsprechend wurden zu Beginn mittels einer großen Stichprobe bundesweit Kommunen nach Zufallsprinzip ausgewählt, in denen dann sämtliche Vereine kontaktiert wurden. Dies waren zu Beginn über 14.000 Vereine. Unter diesen wurde abermals eine Auswahl getroffen und so wurden in einer deutschlandweiten Online-Befragung letztlich knapp 3.000 Vereine, Kirchengemeinden und andere ehrenamtliche Organisationen quer durch die Republik befragt. Ergänzt wurden diese Befragungen in der Studie durch vertiefende Interviews mit Vertretern der ehrenamtlichen Organisationen zu ihren individuellen Erfahrungen sowie durch Gespräche mit Experten für eine wissenschaftliche Einordnung der Ergebnisse.

Ausgangsfragen an die Teilnehmer

  • Wie stark werden digitale Werkzeuge in der Vereinsarbeit vor Ort genutzt?
  • Gibt es hier räumliche Unterschiede?
  • Welche Chancen bieten digitale Technologien gerade für das ländliche Ehrenamt?
  • Und welche Unterstützung braucht es, damit die Digitalisierung in ehrenamtlichen Organisationen tatsächlich zum Einsatz kommt?

Das waren die Ausgangsfragen der umfassenden Studie, mit denen sich die Mitarbeiter an die verschiedenen Teilnehmer gewandt haben. Dabei hat sich grundsätzlich gezeigt: Die Digitalisierung ist angekommen im Ehrenamt und ein Großteil der Vereine nutzt mittlerweile digitale Tools und Kommunikationsmöglichkeiten. Hierbei sei auch ein deutliches Wachstum in den vergangenen Jahren zu beobachten, wie Richter feststellt. „Die Digitalisierung ist für alle ehrenamtlichen Organisationen heute ein zentrales Thema und inzwischen auch bei Vereinen in peripherer Lage angekommen“, so Richter. So seien Institutionen, die keinerlei digitale Mittel benutzen, mittlerweile eine extreme Ausnahme.

Vereine in Großstädten sind Vorreiter in Sachen Digitalisierung

Während zwischen ländlichen und sehr ländlichen Regionen laut der Studie kaum ein Unterschied bei der Verbreitung und Nutzung digitaler Anwendungen festzustellen ist, stellt sich die Lage in Großstädten mit über 500.000 Einwohnern sowie Metropolen wie Berlin, München oder Hamburg deutlich anders dar. Sowohl der Einsatz und die Häufigkeit, mit der digitale Hilfsmittel genutzt werden, als auch die digitalen Kompetenzen seien dort deutlich stärker ausgeprägt. „Ehrenamtliche Initiativen und Vereine in Großstadtregionen sind klare digitale Vorreiter“, sagt Richter. So würden sie etwa soziale Medien wie Instagram und Youtube deutlich stärker nutzen und häufig auch eine eigene Software für die Mitgliederverwaltung verwenden.

Alter der Mitglieder und Wirkungsradius des Vereins entscheidend

Am einflussreichsten darauf, wie stark digitale Möglichkeiten im Vereinsleben tatsächlich genutzt werden, ist das Alter der Vereinsmitglieder. Organisationen mit einem jüngeren Altersdurchschnitt sind laut Richter durchgängig digitaler aufgestellt als solche mit älteren Engagierten – Ausnahmen bestätigen hier freilich die Regel. „Gerade in ländlichen Gebieten gibt es durchaus viele Vereine, bei denen der Altersschwerpunkt der Mitglieder Ende 70, Anfang 80 ist, also Leute den Verein prägen, die in ihrem Arbeitsleben und Alltag kaum mit digitalen Werkzeugen zu tun hatten“, so Richter.

Neben der Altersstruktur spielt für die Nutzung von digitalen Mitteln der Wirkungsradius der jeweiligen Organisation eine Rolle. Ist diese nur lokal unterwegs, ist sie zumeist deutlich weniger digital aufgestellt als es bei landes- oder bundesweit tätigen Vereinen der Fall ist. „Gerade Vereine im ländlichen Raum sind oft sehr kleinräumig organisiert“, so Richter. Die Überwindungen der Entfernungen mittels digitaler Möglichkeiten spiele daher entgegen der Erwartungen oft kaum eine Rolle.

Corona-Pandemie als Katalysator

Die Phase der Corona-Pandemie, während der das Vereinsleben oftmals brach lag, war für viele der ehrenamtlichen Institutionen oft eine Art Katalysator und ein „Türöffner hin zu mehr Digitalisierung“, betont Richter. So wurden Tools wie Videokonferenzen häufig erstmals genutzt, um die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig seien in dieser Phase aber auch die Grenzen digitaler Möglichkeiten sichtbar geworden. „Die Pandemie hat die Nutzung digitaler Mittel einerseits verstärkt, gleichzeitig waren viele Vereine aber auch sehr froh, als sie wieder zu persönlichen Begegnungen zurückkehren konnten“, so Richter, und habe sich gezeigt, dass „gerade das Miteinander ehrenamtlicher Vereine wie Chöre oder Sportvereine, in denen die Geselligkeit im Mittelpunkt steht, nur schwer durch digitale Angebote ersetzt werden kann“.

Videokonferenz
Videokonferenzen als Möglichkeit - oft erst während der Pandemie entdeckt

Pragmatische Nutzung digitaler Tools

Wie stark digitale Angebote in den jeweiligen Vereinen tatsächlich genutzt werden, hängt laut Richter schließlich von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Unterstützungsangebote sind aus seiner Sicht daher vor allem dann zielführend und sinnvoll, wenn sie auf den jeweiligen Wissensstand und den Bedarf des Vereins zugeschnitten werden. „Man muss die Vereine dort abholen, wo sie stehen“, sagt Richter, und gerade angesichts der vergleichsweise hohen Altersstruktur in vielen Vereinen brauche es oft noch viel Überzeugungsarbeit. „Bislang werden die digitalen Möglichkeiten gerade im ländlichen Raum oft recht pragmatisch genutzt“, sagt Richter, etwa zur Kommunikation per Mail oder zur Mitgliederverwaltung

Für die Gewinnung neuer Ehrenamtlicher aber oder für die Möglichkeit, zeit- und ortsungebundenes Engagement anzubieten, würden die digitalen Tools eher selten verwendet. Dabei liegt aus seiner Sicht genau hier eine große Chance für die Zukunft der Vereine. So sagt Richter: „Bei vielen Vereinsmitgliedern gibt es hohe Vorbehalte gegenüber digitaler Medien, etwa was den Datenschutz anbelangt oder ihre eigene Lernfähigkeit. Dabei existieren eine Reihe von digitalen Tools, die die interne Organisation enorm erleichtern und viel Zeit sparen“. Letztlich aber sei der Weg des Ehrenamts hin zur Digitalisierung eine Zeitfrage. „Es wächst eine Generation nach, für die Digitalisierung zum Leben gehört“, sagt Richter. Spätestens wenn sie die Vereine prägt, werden diese auch noch digitaler aufgestellt sein.

Weitere Infos zur Studie hier und hier

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Schlagwörter

  • Ehrenamt

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