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  3. Kulturpaten im Einsatz gegen die Einsamkeit
Konzert: Niemand muss zuhause einsam blieiben.
Nicht länger einsam? Vom Konzert bis zum gemeinsamen Eisessen reichen die gemeinsamen Unternehmungen der Kulturgäste und ihrer Paten im Landkreis Hof.
© Landkreis Hof

Demografischer Wandel

Kulturpaten im Einsatz gegen die Einsamkeit

von Dorothea Walchshäusl
Reporterin | KOMMUNAL
26. April 2024
Im Landkreis Hof motivieren und unterstützen sogenannte Kulturpaten ältere Menschen dabei, wieder außer Haus zu gehen und an Veranstaltungen teilzunehmen. Es geht darum, Menschen aus der Einsamkeit zu holen. Wie das Projekt funktioniert, welche Erfolge es gibt und was es kostet - wir haben uns in Hof informiert.

Möglichst lange teilnehmen an der Gesellschaft, aktiv sein und im sozialen Kontakt mit anderen Bürgern – das wünschen sich die meisten Menschen. Das Projekt der „Kulturpaten“ des Landkreises Hof setzt genau hier an. Dabei begleiten Ehrenamtliche Senioren zu kulturellen Veranstaltungen unterschiedlichster Art und helfen ihnen, weiter am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Entwickelt vom Curatorium „Altern gestalten“, wird das Konzept der „Kulturpaten“ unter anderem auch im Landkreis Hof umgesetzt – mit großem Erfolg.

Einsamkeit nimmt zu - Projekt für ältere Bürger

Das Projekt der Kulturpaten ist eines von mehreren Angeboten für ältere Bürger im Landkreis. Mit gutem Grund: „Der Landkreis Hof ist, wie viele nördliche Kommunen in Bayern, stark von den Auswirkungen des demografischen Wandels betroffen.“, sagt Lisa-Maria Moritz, die als Seniorenkoordinatorin im Landkreis arbeitet und gemeinsam mit anderen Anlauf- und Beratungsstellen aus Stadt und Landkreis Hof in der Leitstelle Pflege Hofer Land arbeitet. So zählt der Landkreis Hof  in den Bevölkerungsvorausberechnungen zu den überdurchschnittlich abnehmenden Landkreisen in Bayern und hat bereits jetzt eines der  höchsten Durchschnittsalter in Bayern von 47,8 Jahren. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Anstieg der Bevölkerung 65+ von ca. 24.800 auf 28.000 Personen. Bis zum Jahr 2040 werden die über 65-Jährigen bereits ein Drittel der Bevölkerung im Landkreis Hof stellen, zudem wird das Durchschnittsalter bis 2040 auf 48,7 Jahre ansteigen, während es in Bayern dann erst bei 45,5 Jahren liegt. „Deshalb müssen wir neue Wege suchen, um der sich verändernden Bevölkerungssituation gut zu begegnen“, stellt Moritz fest.

Intensive Seniorenarbeit

Nachdem die Bevölkerung in Hof stetig älter wird, liegt in der kommunalen Arbeit schon seit Jahren ein deutlicher Fokus auf dem Thema Senioren. „Wir haben hier bereits verschiedene Konzepte entwickelt, um die älteren Menschen bestmöglich zu unterstützen“, erzählt Moritz, wobei die „Leitstelle Pflege Hofer Land“ für Bürger aus Stadt und Land die zentrale Anlaufstelle sei. „Der Zulauf ist enorm und die Nachfragen steigen“, sagt Moritz. Der Schwerpunkt der Arbeit der Leitstelle liegt auf allen Fragen, die sich den Pflegebedürftigen rund um den Pflegeanspruch und die Organisation von konkreten Hilfsangeboten stellen. Ältere Menschen, die noch keinen konkreten Pflegebedarf und -anspruch haben, sind hingegen oft auf sich alleine gestellt, wie Moritz festgestellt hat, und entsprechend wichtig sind aus ihrer Sicht die Kulturpaten.

Gemeinsame Unternehmungen gegen die Einsamkeit

Das Projekt der Kulturpaten richtet sich an Menschen, bei denen noch kein konkreter Pflegebedarf besteht, die aber gleichzeitig bereits Unterstützung gebrauchen können bei der Organisation und Umsetzung von Aktivitäten außer Haus. Der Begriff der „Kultur“ ist hierbei ausgesprochen breit gedacht, wie Moritz sagt und explizit nicht auf kulturelle Veranstaltungen beschränkt, sondern eher als Synonym für eine gemeinsame Unternehmung zu verstehen. „Kultur umfasst bei unserem Projekt ein gemeinsames Eisessen ebenso wie ein Fußballspiel, einen Theaterabend oder einen Opernbesuch“, sagt Moritz – letztlich gehe es darum, dass der Kulturpate gemeinsam mit dem sogenannten „Kulturgast“ eine gute gemeinsame Zeit verbringt.

Publikum
"Gute gemeinsame Zeit verbringen" - zum Beispiel im Konzert

Hohe praktische und soziale Hürden

Auch wenn die Kulturgäste noch keinen konkreten Pflegebedarf haben, haben sie laut Moritz doch oft mit Hürden zu kämpfen, wenn es darum geht, eigenständig aktiv zu werden und einen Konzertbesuch oder eine andere Aktivität zu planen. „Die meisten der Kulturgäste leben alleine und haben mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen“, sagt Moritz. Dabei seien diese zum einen oft ganz praktischer Natur, etwa Geheinschränkungen, ein fehlender Führerschein oder die Sorge, nachts noch Auto zu fahren. Zum anderen aber sei nicht zu unterschätzen, wie viel Kraft und Selbstständigkeit es erfordere, alleine etwas zu unternehmen. „Oft sind die älteren Menschen schon länger recht einsam und schaffen es nicht mehr, alleine etwas Neues zu organisieren, herauszufinden, wo etwas stattfindet, das sie interessieren könnte und dann auch noch alleine dorthin zu gehen“, sagt die Koordinatorin des Projekts. Entsprechend hilfreich sind an dieser Stelle die Kulturpaten, die meist nicht nur Begleiter bei Unternehmungen sind, sondern auch wichtige soziale Kontakte für die Senioren.

Museumsbesuch
Gemeinsamer Besuch im Bauernhofmuseum Kleinlosnitz

Geschulte Kulturpaten

Zu Beginn des Projekts wurde im Landkreis Hof ein gezielter Aufruf gestartet, um Ehrenamtliche als Kulturpaten zu gewinnen – mit guter Rückmeldung, wie Moritz sagt. „Wir haben festgestellt, dass der besondere Fokus die Ehrenamtlichen nochmal anders anspricht. Das Kulturthema ist sehr attraktiv, außerdem ist der Einsatz als Kulturpate zeitlich frei steuerbar und unverbindlich“. Die Interessenten haben schließlich eine fünfteilige Schulung erhalten, in deren Rahmen unter anderem Versicherungsfragen, rechtliche Rahmenbedingungen und Hintergründe zu verschiedenen Alterserkrankungen wie etwa Demenz besprochen wurden. Nachdem die Schulung abgeschlossen war, wurden Senioren gesucht, die gerne eine Begleitung bei einer Veranstaltung in Anspruch nehmen würden. Laut Moritz gar kein leichtes Unterfangen: „Die Hürden, hier aktiv zu werden und sich beim Landratsamt zu melden, sind offensichtlich recht hoch und es fällt vielen schwer, aktiv nach Hilfe zu fragen“, so die Koordinatorin. Letztlich wurden viele der Kulturgäste über persönliche Kontakte und Ansprache erreicht, woraufhin Paten und Kulturgäste schließlich von Moritz und ihren Kollegen zusammengebracht worden sind. Seither verabreden sich die Tandempartner eigenständig zu gemeinsamen Unternehmungen.

Eigenständige Tandems

„Vom Landkreis aus machen wir auf das Angebot aufmerksam und bringen Ehrenamtliche und Senioren zusammen“, sagt Moritz. „Die konkrete Ausgestaltung der Kulturpatenschaft bestimmen dann die Partner selbst und oft entsteht hier ein gutes Vertrauensverhältnis“. Bei ihren Einsätzen sind die Paten über das Landratsamt versichert; wie oft sie letztlich mit ihren Tandempartnern unterwegs sind, steuern sie selbst je nach Kapazitäten. Was die Finanzierung der Patenschaften anbelangt, fallen für den Landkreis nur die Personalkosten der Koordinatoren sowie die Kosten der Ehrenamtsversicherung an. Der Kulturpate investiert seine Zeit und die Fahrtkosten, die Kosten für das Konzertticket oder Ähnliches tragen in der Regel die Senioren. „Grundsätzlich ist das Modell so gedacht, dass der Gast den Paten einlädt, wenn er das kann“, sagt Moritz. Sollte dies nicht möglich sein, kann eine finanzielle Unterstützung durch die Kulturloge der Diakonie Hochfranken angefragt werden.

Kulturpatenschaften bewähren sich

Seit rund zwei Jahren sind im Landkreis Hof die Kulturpaten mittlerweile im Einsatz. „Das Projekt bewährt sich sehr“, sagt Moritz und beide Seiten der Tandems würden von den neu entstandenen Beziehungen profitieren. Dabei sei das Angebot der Kulturpaten ein niedrigschwelliges Angebot, mit dem man gerade jene Senioren erreichen könne,  bei denen es mehr um die Einbindung in die Gesellschaft gehe als um konkret pflegerische Unterstützung. „Durch die Kulturpatenschaften entsteht meist ein loser, netter Kontakt zwischen den Paten und den von ihnen begleiteten Kulturgästen“, sagt die Koordinatorin. Diese könne auch eine gute Brücke zur Kommune sein, sollten die Senioren später einmal konkrete Hilfe benötigen. 

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