Familienpaten
Familienpaten: Alltagshelfer auf Zeit
Familienpaten bieten Entlastung
Zwölf Familienpaten sind derzeit im Landkreis Landsberg am Lech im Einsatz, die meisten davon sind Frauen im Alter von 30 bis Mitte 70 und kommen über einen längeren Zeitraum regelmäßig in ihre Patenfamilie. „Wir sind keine Feuerwehr. Wir helfen vorrübergehend, aber nicht in akuten Notfällen“, beschreibt Leutner die Grundidee der Familienpatenschaften. Ist eine Familie tatsächlich gar nicht mehr in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen oder liegen beispielsweise schwere psychische oder Sucht-Erkrankungen vor, so ist professionelle Unterstützung notwendig. Familienpaten hingegen sollen Entlastung geben in aktuell belastenden Situationen, die aber lösbar sind.
Vielfältige Einsatzbereiche
In der Praxis sind „die Aufgaben der Familienpaten dabei so vielfältig wie die Familien selbst“, sagt Leutner. Da ist die Familie mit neugeborenen Zwillingen, bei der die Struktur im Alltag weggebrochen ist und die Mutter ohne Ruhe und mit kaum Schlaf völlig überlastet ist. Da ist die Familie mit vier Kindern, von denen die Älteste durch die Corona-Zeit psychisch sehr gelitten hat und nun mit Schulproblemen kämpft. Und da ist die Familie, bei der ein Kind erkrankt ist und etliche Arzttermine anstehen, die Geschwisterkinder aber ebenfalls um Aufmerksamkeit ringen.
Je nach Ausgangslage versuchen die Familienpaten, ganz konkret Entlastung und Hilfe in den Alltag der Familien zu bringen. Mal übernehmen sie für ein paar Stunden die Kinderbetreuung und beraten bei der Strukturierung des Tagesablauf, mal helfen sie mit beim Aufräumen der Wohnung, begleiten die Eltern zu Behörden oder unterstützen beim Ausfüllen von Formularen.
„Die Familienpaten helfen oft einfach mit der Zeit, die sie sich für die jeweilige Familie nehmen“, sagt Leutner und während es bei anderen Angeboten für Familien häufig bei der Beratung bliebe, „helfen die Familienpaten ganz praktisch und packen mit an“. Ob das nun die Planung eines Arzttermins ist oder der Kleiderschrank, der seit Wochen in der Ecke lag, und nun endlich aufgebaut wird – „von außen betrachtet geht es oft um Kleinigkeiten, aber für die Familien sind das echte Lichtblicke“, so Leutner.

Intensives regionales Netzwerk
Als Verantwortliche für das Projekt koordiniert Leutner die Ehrenamtlichen und ist Ansprechpartnerin für die hilfesuchenden Familien. Die Familienoase ist als Mütter- und Familienzentrum als eigenständiger Verein organisiert und bewusst nicht im Jugendamt angesiedelt, damit der Zugang zu den Hilfsangeboten möglichst niedrigschwellig ist. Gleichwohl ist das Familienpaten-Projekt intensiv eingebettet in ein regionales Netzwerk. So stehen die Mitarbeiter der Familienoase in stetigem Austausch und Kontakt mit der Koordinierenden Kinderschutzstelle der Stadt und des Landkreises Landsberg am Lech ebenso wie mit dem dortigen Koordinationszentrum der Ehrenamtlichen.
Familienpatenschaften dienen der Prävention
Erreicht die Familienoase eine Anfrage, besucht die Koordinatorin die Familie und verschafft sich einen Eindruck, in welcher Form hier Hilfe benötigt wird. Dabei ist es besonders wichtig zu klären, ob es sich tatsächlich um einen geeigneten Fall für eine Familienpatenschaft handelt oder anderweitige Hilfe benötigt wird. Ist Ersteres der Fall, geben die Familien zu Beginn einen Wunsch an und überlegen, was ihnen im Alltag konkret helfen könnte. Oft sind die Problemlagen vielschichtig und können die Familienpaten nur für einen bestimmten Bereich Entlastung bringen. „Nicht selten sind auch noch weitere Familienhelfer in den Familien“, sagt Leutner, und sei es entsprechend wichtig, im Vorfeld des Einsatzes klar abzustecken, wo der Pate helfen kann und wo nicht. Die Familienpatenschaften dienen dabei der Prävention und sollen im besten Falle verhindern, „dass aus einer belastenden Situation eine echte Krise wird“, wie Leutner sagt. Stattdessen sollen sie Entspannung bringen und hinführen zu einem gut bewältigbaren Alltag.
Familienpaten - mit beiden Beinen im Leben
Wer sich für den Einsatz als ehrenamtliche Familienpate interessiert, sollte laut Leutner volljährig sein und „mit beiden Beinen im Leben stehen“. Eigene Kinder sind keine Voraussetzung und manches Mal helfe es nach Erfahrung von Leutner sogar, wenn die Paten selbst keine Eltern wären und so einen unbefangeneren und distanzierteren Blick von außen haben auf die jeweilige Familien-Situation. Um dem Einsatz gewachsen zu sein, erhalten die Familienpaten im Vorfeld ihrer Tätigkeit eine intensive Schulung im Umfang von 36 Stunden. Darin stehen wichtige Themen auf dem Programm, etwa die Wachsamkeit für Familienstrukturen und –dynamiken, die Kunst der Kommunikation, Inputs zum Bereich Heimat und Integration ebenso wie zum sensiblen Einschätzen von Nähe und Distanz.
„Die Selbstreflexion ist beim Einsatz als Familienpate enorm wichtig“, sagt Leutner, schließlich müsse man für sich selbst sehr klar wissen, wer man sei und wo die eigenen Grenzen liegen, um dann gelingend als Pate im Einsatz zu sein. „Die Patenschaften sind sehr intensiv und werden rein ehrenamtlich gepflegt“, so Leutner. Entsprechend bedeutsam seien die persönliche Abgrenzung und die genaue Eingrenzung der Verantwortlichkeit.

Intensive Schulung
Nach absolvierter Schulung werden die Familienpaten auch während ihres Ehrenamts begleitet und finden regelmäßige Treffen der Paten statt, bei denen sich die Ehrenamtlichen über ihre Erlebnisse austauschen können. In den Familien sind die Paten für durchschnittlich sechs bis zwölf Monate im Einsatz und nehmen sich einmal pro Woche zwei bis vier Stunden Zeit für sie. „Das ist lang, aber begrenzt“, betont Leutner, und bewähre sich in der Praxis. So seien Familienpaten explizit nicht zu verwechseln mit Leihomas oder langfristigen Hilfsangeboten für Familien.
Vielmehr sollen die Paten die Familien laut Leutner „dazu befähigen, dass sie selbst wieder alleine mit ihrem Leben zu Recht kommen und ihren Alltag gut bewältigen“. Nach einem Jahr sei dies zumeist der Fall. „In der Regel ist in den Monaten viel passiert und haben die Familien viel mitgenommen“, so Leutner. Man merke dann, dass die Patenschaft nicht mehr benötigt würde und lässt sie schleichend ausklingen. Die Patenschaft ist dann vorbei – der Kontakt aber bleibt nicht selten lose bestehen, wie Leutner weiß. „Teilweise entwickeln sich auch gute Freundschaften aus einer ehemaligen Patenschaft - das ist natürlich der schönste Fall“, so die Koordinatorin.
Zur Landsberger Familienoase.
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