Umnutzung
Innenstadt: Kreative Lösungen für alte Gebäude
Kommune erwarb denkmalgeschütztes Haus
Direkt am „Tor zur Innenstadt“ gelegen, kaufte sich dort zunächst eine amerikanische Private-Equity-Gesellschaft ein. 2015 übernahm ein in Pirmasens wohnender Unternehmer. Er nutzte das Haus für Konzerte und Kunstausstellungen. Dann erwarb die Kommune das denkmalgeschützte Haus. Zusammen mit „Die Jugendherbergen.de“ entstand hier eine der modernsten Jugendherbergen Europas.
Die Erfolgszahlen sprechen für sich. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete die Stadt 33.000 Übernachtungen in der Jugendherberge – mit positiven Auswirkungen auf die Innenstadt und die touristischen Hotspots in Pirmasens und Umgebung. Die Einrichtung zieht seit ihrer Eröffnung im Jahr 2019 nicht nur viele junge Menschen und Familien in die Stadt, sondern auch Organisationen, die zehn große Aufenthaltsräume und einen Kongresssaal mit moderner Tagungstechnik nutzen können.
11,6 Millionen Euro Umbaukosten für Jugendherberge
Kein Wunder, dass Markus Zwick, Oberbürgermeister der Stadt, zum fünfjährigen Jubiläum erklärte: „Fünf Jahre CityStar-Jugendherberge stehen gleichsam für unternehmerischen Mut und fünf Jahre beachtlich großen Erfolg.“ Zudem lobte er die positive Auswirkung und Anziehungskraft des Hauses auf den touristischen Erfolg von Stadt und Region. „Pirmasens wurde durch die Jugendherberge massiv gepusht.“ 11,6 Millionen Euro betrugen die Umbau- und Sanierungskosten, die von der Kommune, dem Dachverband der Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland und der Stiftung ehemaliger Schuhfabrikanten in Pirmasens finanziert wurden.

Pirmasens wurde durch die Jugendherberge massiv
gepusht.“
Erlangen: ZAM in der Innenstadt als Zentrum für Austausch und Machen
Etwa 350 Kilometer entfernt beweist die Stadt Erlangen ähnlichen Mut. In einem großen ehemaligen Ladengeschäft entsteht hier mitten in der Innenstadt das ZAM – die Abkürzung steht für das eher sperrige „Zentrum für Austausch und Machen“. In offenen Werkstätten sollen sich hier Jung und Alt spielerisch den Herausforderungen des digitalen Wandels stellen. Geplant sind Werkstätten zu Prototyping, Elektronik, Metall, Textil inklusive Workshops und Bildungsinitiativen für den kreativen und künstlerischen Austausch. Zusammen mit dem Betreiberverein „Makerspace+ für Erlangen e.V.“ wird gemeinsam saniert und das Zentrum später auch betrieben.

Anne Reimann, Leiterin des Kulturamtes, zeigt sich begeistert: „Nach der Coronakrise war für eines der letzten inhabergeführten Unternehmen dieser Art in der Innenstadt Schluss. Die Kommune suchte damals ein Haus für die Makers, die Menschen mit technischem Know-how und Menschen mit künstlerischen Ambitionen zusammenbringen wollten.“ Mit dem ehemaligen Küchen- und Eisenwarenladen habe die Stadt ein Haus in bester Lage erwerben können. „Zugutekam uns dabei, dass die Eigentümer von dem Projekt sehr angetan waren und finanzieller Profit nicht an erster Stelle stand.“ Und sie fügt an: „Als Kommune waren wir damals an einem Punkt, wo wir eine gute Möglichkeit sahen, die coronabedingte Erstarrung bei der Stadtentwicklung aufzubrechen.“

Geteiltes Know-how macht uns als Kommune stärker.“
Eigentlich sollte das Projekt 2023 stehen, aber Bauverzögerungen durch Materialengpässe und Ausschreibungen ohne Angebote haben die Eröffnung des Projektes in das Jahr 2024 verschoben. Anne Reimann ist dennoch optimistisch, auch weil so viele Menschen – mit viel ehrenamtlicher Arbeit – involviert sind. „Und es wird schon jetzt, vor der eigentlichen Eröffnung, eine Menge geboten“, sagt sie. Künftig bezahlt die Stadt für den Basisbetrieb inklusive dreier Personalstellen für die künstlerische und die technische Leitung und die Geschäftsführung. Die Finanzierung der Programmarbeit übernimmt der Verein.
Was erwartet sich die Kommune von dem Projekt? Anne Reimann unterstreicht: „Wir haben die Hoffnung, dass das Projekt dauerhaft zur Innenstadtbelebung beitragen wird. Auch weil dort Menschen zusammenkommen, die gemeinsam an etwas arbeiten möchten. Wir wollen als Kommune mit dem Projekt aber auch ein Zeichen für ein demokratisches Miteinander setzen und ein gemeinschaftliches Erlebnis in Sachen bürgerschaftlichem Engagement und Mitgestaltung möglich machen.“ Die Leiterin des Kulturamtes betont: „Es kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: In Zeiten fortschreitender Digitalisierung drohen wir unsere Selbstwirksamkeit zu verlieren. Was wir jetzt dringend brauchen, ist das Teilen von Know-how, das uns als Individuen, aber auch als Kommune stärker macht.“ Ihr Tipp für andere Kommunen ist, zu schauen, welche engagierten Leute mit welchen Interessen suchen in meiner Kommune gerade eine Wirkungsstätte?

Es gibt viele kreative Beispiele aus anderen Kommunen gegen Leerstand: Im niedersächsischen Oldenburg entstand aus einer ehemaligen Kaufhausfiliale in der Innenstadt auf 2.500 Quadratmetern ein kreatives Zentrum, in dem Lehre, Wissenschaft und Innovation vertreten sind und mit Coworking-Angeboten, Gastronomie und Veranstaltungsräumen eine Einheit bilden. In brandenburgischen Wittenberg zieht eine Bibliothek in ein Ex-Kaufhaus. Die Stadt Hanau hat das Gebäude von Galeria-Kaufhof für 25 Millionen Euro erworben. Die dauerhafte Nutzung? Offen. Aber Ideen gebe es viele und nichts sei schlimmer als Brache und Stillstand, heißt es von Seiten der Stadt. Hamburg hat sogar eine eigene Einrichtung, die “Hamburg Kreativ Gesellschaft“, zur expliziten Förderung von gesellschaftlichem und unternehmerischem Engagement ins Leben gerufen. Sie soll als hürdenlose Anlaufstelle allen Akteuren und Unternehmen in der Hansestadt offenstehen, die sich in diesem Bereich engagieren wollen.

