Energiekrise
Womit dürfen kommunale Betriebe Geld verdienen?
Wenn kommunale Unternehmen wirtschaften
Aber dürfen sie das auch? Ob und inwieweit Geschäftsfelderweiterungen kommunaler Unternehmen zulässig sind, bestimmt sich nach den kommunalrechtlichen Vorschriften über die wirtschaftliche Betätigung. Diese sind nach den Landesgesetzen in der Regel dann zulässig, wenn die Vorgaben der sogenannten „Schrankentrias“ erfüllt sind: Erforderlich ist, dass ein öffentlicher Zweck die Betätigung rechtfertigt, die wirtschaftliche Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Kommune steht und der Zweck nicht besser oder wirtschaftlicher durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann. Ob dies der Fall ist, beurteilen die Kommunalaufsichtsbehörden.
Kommunen sind anzeigepflichtig
Landesrechtlich bestehen entweder entsprechende Genehmigungserfordernisse oder jedenfalls aber Anzeigepflichten der Kommunen. Geht es um die reine Energieversorgung, ist der öffentliche Zweck erfüllt. Aber auch die Erzeugung von Strom durch PV-Anlagen und dessen Vertrieb sind als einem öffentlichen Zweck dienend anerkannt. Einer Erweiterung des Geschäftsfeldes eines Stadtwerkes um die Erzeugung von Solarstrom steht daher das Kommunalrecht regelmäßig nicht entgegen. Nach einigen Landesgesetzen (beispielhaft § 136 I 4 NKomVG, § 107a I GO NRW, § 128 II KVG LSA) wird für jede Art der Energieversorgung der öffentliche Zweck sogar fingiert. Dies gilt nur dann nicht, wenn es den Kommunen allein um die Gewinnerzielung geht.
Nicht so klar ist dies bei handwerklichen Tätigkeiten, die bislang vor allem die privaten Handwerksbetriebe wahrnehmen. Auch hier kann sich – etwa, wenn ein Installateur im Ort aus Altersgründen seinen Betrieb aufgibt und die Angestellten ihn nicht fortführen können oder wollen – aber Heizungsanlagen weiter gewartet werden müssen oder Wärmepumpen installiert werden sollen, die Frage nach der Übernahme durch das kommunale Unternehmen stellen.
Handwerkliche Arbeiten fallen aber nicht unter den Kernbereich der Energieversorgung und erfüllen damit nicht per se einen öffentlichen Zweck. Nur wenn die Versorgung der Gemeindeangehörigen durch die privaten Betriebe nicht mehr gewährleistet werden kann, können im Einzelfall auch handwerkliche Tätigkeiten einem (eigenen) öffentlichen Zweck dienen. Handwerkstätigkeiten in kommunaler Hand können aber auch dann zulässig sein, wenn man sie den sogenannten Annextätigkeiten zuordnet.

Annextätigkeiten beschreiben die Erbringung von Hilfs- oder Nebenleistungen zusätzlich zu der einem öffentlichen Zweck dienenden Hauptleistung. Sie sind ein zulässiger Bestandteil eines gemeindlichen wirtschaftlichen Unternehmens, ohne dass für sie ein öffentlicher Zweck die Betätigung gesondert rechtfertigen muss. Annextätigkeiten werden nur in wenigen Kommunalgesetzen explizit erwähnt. Etwa normiert § 128 I 3 KVG LSA, dass Dienstleistungen, die mit der wirtschaftlichen Betätigung verbunden sind, nur zulässig sind, wenn ihnen zum Hauptzweck eine geringfügige Bedeutung zukommen. § 107a II GO NRW gibt vor, dass mit den Bereichen Strom-, Gas- und Wärmeversorgung unmittelbar verbundene Dienstleistungen dann zulässig sind, wenn sie den Hauptzweck fördern und die Gemeinden sicherstellen, dass bei der Erbringung dieser Dienstleistungen die Belange des Handwerks berücksichtigt werden. In allen anderen Ländern gilt mit Rechtsprechung und Literatur, dass jene Nebenleistungen untergeordneter Natur sind, die die Hauptleistungen sachlich ergänzen oder abrunden.
Einzelfallentscheidung begründen
Aber wann ist das der Fall? Zum Teil wird vertreten, dass die Annextätigkeit notwendig sein soll, um die die Hauptleistung sachgerecht zu erbringen. Nach anderer Ansicht müssen durch die Nebentätigkeit vorhandene Kapazitäten ausgenutzt werden. Eine extensive Auffassung geht davon aus, dass Hilfsgeschäfte auch außerhalb des Unternehmensgegenstandes zulässig sind, wenn die sachgerechte Aufgabenerledigung nicht beeinträchtigt wird. Ob die Übernahme von Installations- und Wartungsarbeiten bei der Energieversorgung Handwerkstätigkeiten von kommunalen Unternehmen zulässig ist, ist damit im Ergebnis eine Einzelfallentscheidung.
In Zeiten von Fachkräftemangel und Energiekrise sind kommunale Unternehmen als regionale Gewährträger mehr denn je gefragt. In Hinblick auf die Erweiterung bestehender Geschäftsfelder setzt das Kommunalrecht Grenzen, lässt aber rechtliche Spielräume. Diese sollten bei der Neuausrichtung kommunaler Unternehmen genutzt werden, indem die Kommunen gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden neben den Gesamtumständen der aktuellen Situation die Besonderheiten und Notwendigkeiten des jeweiligen Einzelfalls herausarbeiten und darlegen.


