Expertentipps
Gegen Rechtsextremismus an Schulen
Rechtsradikale Vorfälle an Schulen
Burg war in den letzten Monaten kein Einzelfall. Eine gestiegene Anzahl von rechtsradikalen Vorfällen an Schulen gleich mehrerer Bundesländer bewog den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, dazu, eine bundesweite Meldepflicht für rechtsextreme Vorfälle an den Schulen zu fordern. Was lässt sich tun, damit es gar nicht erst zu solchen Vorfällen kommt? Und was können Kommunen, also Schulträger, tun, um ihre Schulen vor dem Gift des Rechtsextremismus zu schützen?
Demos-Experte: Nicht wegschauen
„Am wichtigsten ist, dass man sich klarmacht, dass der Rechtsextremismus nicht an Gebäudeeingängen anfängt oder aufhört“, sagt der Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung, demos, Markus Klein. Sein Institut ist überall im Land mit mobilen Beratungsteams unterwegs, die in Kommunen mit Bürgergesprächen versuchen, Strategien im Umgang mit Rechtsextremismus zu vermitteln. „Der Rechtsextremismus ist Teil der gesellschaftlichen Realität im Land“, sagt Klein. Das, was tagsüber an den Schulen geschieht, wiederhole sich abends zum Beispiel in Vereinen oder Jugendclubs. Er fordert: „Wir brauchen deswegen eine größere Perspektive auf dieses Thema.“

„Auch Symbolpolitik kann im Kampf gegen Rechtsextremismus helfen.“
Markus Klein, Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung
Aus Sicht von Klein sollten die Schulträger, die Schule und andere gesellschaftlichen Akteure das Thema Rechtsextremismus gemeinsam angehen. In den Schulgesetzen mancher Bundesländer sei vorgesehen, dass Vertreter der Schulträger einen Sitz in der Schulkonferenz der Schulen haben. „So etwas sollte man nutzen, um rechtzeitig über mögliche Probleme an den eigenen Schulen informiert zu sein“, sagt Klein. Bei den Jugendclubs dagegen sei die Kommune oft der Träger und der Fördermittelgeber. Auch hier sei es wichtig, dass sich kommunale Vertreter für die Situation vor Ort interessierten, um rechtzeitig zu bemerken, wenn etwas schiefläuft.
Tipps für Kommunen
„Kommunen haben immer die Möglichkeit, Symbolpolitik zu machen“, sagt Klein. „Man kann zum Beispiel das nächste Stadtfest unter ein Motto stellen, und so deutlich machen, wofür die Kommune steht“, sagt Klein. „Man kann als Kommune versuchen, Orientierung zu geben.“ Bürgermeister könnten Werte betonen, die wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt seien. Sie könnten den Austausch mit Experten suchen, rechtzeitig zu Informationsveranstaltungen einladen und alle Akteure an einen Tisch holen.
Programm "Starke Lehrer - starke Schüler"
Und was lässt sich an den Schulen machen? „Ein Patentrezept gibt es nicht“, sagt Rico Behrens. Der Hochschullehrer hat den Lehrstuhl für Politische Bildung und Didaktik der Sozialkunde an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt inne. Mit Unterstützung der Stuttgarter Bosch-Stiftung entwickelte der Professor 2015 das Programm „Starke Lehrer - Starke Schüler“: Berufsschullehrer zunächst in Sachsen wurden für den Umgang mit rechtsextremen Einstellungen unter Schülern weiterqualifiziert. „Es gibt für die Schulen insgesamt viele Präventionskonzepte, aber nur wenig Reaktionskonzepte“, hat Behrens beobachtet.

„Es gibt für die Schulen nur wenig Reaktionskonzepte.“
Rico Behrens, Professor für Politische Bildung
Mittlerweile wird das Projekt „Starke Lehrer - Starke Schüler“ auch an Schulen in Niedersachsen und Hessen umgesetzt. Und auch in Brandenburg soll es an allen Schulen, unabhängig von der Schulform, Standard werden. „Wir machen mit den Lehrern ein Argumentationstraining, qualifizieren sie inhaltlich weiter“, sagt Behrens. „Wir begleiten sie im Alltag an den Schulen, beobachten, wie sie mit den Klassen umgehen und bieten eine engmaschige Unterstützung an.“ Die Lehrkräfte sollten nicht allein gelassen werden. „Wichtig ist es beim Thema Rechtsextremismus, dass man handelt“, sagt Behrens. „Oft ist es so, dass das tägliche Unterrichtsgeschäft die Lehrer und die Schulen so bindet, dass schlicht die Zeit fehlt, sich mit dem Verhalten der Schüler auseinanderzusetzen.“ Genau das dürfe aber nicht passieren. „Wenn Schüler extremistische Äußerungen machen, muss das angesprochen und an den Schulen bearbeitet werden - durch Diskussionen und Projekte, aber auch durch das Ziehen klarer Grenzen und nötige Sanktionierung.“
Was Bürgermeister und Gemeinderäte tun können
Und die Kommunen? „Bürgermeister und Gemeinderäte können vor allem unterstützend wirken“, sagt Behrens. „Sie sollten ihre Schulen nicht im Stich lassen.“ Oft hätten Schulleitungen oder Lehrer gezögert, sich dem Thema Rechtsextremismus an den Schulen zu widmen, weil sie Angst vor einer Stigmatisierung ihrer Schulen gehabt hätten. Am Ende, so Behrens, kommt es auch auf das Umfeld der Schulen an. „Das Thema Rechtsextremismus muss überall in der Gemeinde angegangen werden, nicht nur in den Schulen“, sagt der Professor. „Und nur, wenn man sich zusammentut, kann man erfolgreich dagegenwirken.“

