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Auszeichnung für eine besondere Städtepartnerschaft in schwerer Zeit
Auszeichnung für eine besondere Städtepartnerschaft in schwerer Zeit
© lübbers

Hilfe für Ukraine

Städtepartnerschaften in schwerer Zeit

von Annette Lübbers
Reporterin
17. April 2023
Eine Bürgermeisterin in Hessen kommt einen Tag vor dem Ausbruch des russischen Angriffs-Kriegs auf die Ukraine in ihr Amt. Erste Aufgabe: Der Partnerstadt so gut es geht, beistehen. Unsere Reportage zeigt drei Beispiele für gelebte internationale Zusammenarbeit.

Städtepartnerschaften unterhält faktisch jede Kommune in Deutschland. Oftmals mit anderen Gemeinden in Deutschland und Europa, immer häufiger aber auch außerhalb. Gudensberg in Hessen etwa hat eine Städtepartnerschaft mit Schtschyrez. Die Stadt liegt in der Ukraine. Und hier beginnt unsere Geschichte - es ist auch die Geschichte von Sina Best, Bürgermeisterin der hessischen Kommune Gudensberg im Chattengau. Sie war gerade einmal einen Tag in Amt und Würden, da eröffnete Russland offiziell den Angriffskrieg auf die Ukraine. Die erste Amtshandlung der jungen Verwaltungsbetriebswirtin: Dem Magistrat 50.000 Euro Hilfsgelder für die Partnerstadt Schtschyrez entlocken. „Seitdem rollen regelmäßig Transporte von Gudensberg in die Ukraine. Ohne die unglaubliche Arbeit des Partnerschaftsvereins und der Gudensberger Bürger wäre das alles gar nicht möglich.

Geholfen hat die langjährige vorherige Städtepartnerschaft 

Die auf einer langjährigen, lebendigen Partnerschaft beruhende Verbindung der beiden Kommunen und die daraus resultierenden Hilfsleistungen waren es, die Gudensberg in der Kategorie „kleine Kommunen“ 2022 zum Gewinner des von der „Servicestelle Kommunen in der Einen Welt“ im Auftrag des Bundesentwicklungshilfeministeriums ausgeschriebenen Wettbewerbs gemacht hat. Sina Best erklärt: „Natürlich hat unser Engagement für unsere Partnerstadt nicht erst mit dem Ukraine-Krieg begonnen. In früheren Jahren haben wir geholfen, eine Schule zu renovieren und eine Kläranlage zu bauen. Aber in den vergangenen Monaten ist aus einem Sprint ein Marathon geworden und wir laufen noch immer“, sagt die Bürgermeisterin und verweist auf die Unterstützung vieler: der Partnerschaftsverein, der Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes, die freiwillige Feuerwehr, der Abwasserverband sowie die Gewerbevereinigung. Kürzlich habe die ukrainische Stadt um die Lieferung eines Pritschenfahrzeuges gebeten, damit  Verletzte von der Front transportiert werden können. Das Geld dafür habe  man schon selbst gesammelt. „Es war unglaublich. Das Pritschenfahrzeug wurde gespendet, ebenso wie die vielleicht notwendigen Reparaturen vor der Weitergabe. Wenn ich an solche Momente denke, dann kommen mir fast die Tränen. Das Engagement der Menschen ist wirklich unglaublich.“



Dabei sei die Zusammenarbeit mitnichten eine Einbahnstraße, unterstreicht die Bürgermeisterin.Mancprofitiere vom Wissen der jeweils anderen Seite, lerne neue Ideen kennen und erweitere seinen eigenen Horizont. Auch als Kommune. „Und ganz nebenbei lernen wir auch wieder wertschätzen, wie gut es uns – bei allen Problemen, die die Kommunen und die Bürger auch haben mögen – selber geht.“

Internationale Zusammenarbeit in ökologischen Fragen ist sehr fruchtbar 

Herausforderungen, die auch Werner Schweizer, ehrenamtlich tätiger Bürgermeister der kaum Tausend Einwohner zählenden Gemeinde Klixbüll im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein kennt. Die Kommune, die sich selbst „Grünes Dorf mit Herz und Energie“ nennt, ist gut darin, Menschen für Beteiligung und Engagement zu gewinnen. Vielleicht weil Werner Schweizer mit seiner Vita zum Vorbild taugt und schon früh über den lokalen Tellerrand hinausgesehen hat. Bereits seit der Energiekrise in den 70er Jahren engagiert sich der ehemalige Flugkapitän mit Leib und Seele für mehr Nachhaltigkeit und für die Energiewende. Er hat Windparks gegründet, Klixbüll in allen Sektoren CO2-neutral gemacht und  Fortbildungsstätten unterstützt. Alle kommunalen Entscheidungen werden dahingehend überprüft, ob sie im Einklang mit den strategischen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen stehen. Werner Schweizer unterstreicht: „Wirkung entfalten können wir als Kommune allerdings nur dann, wenn die Bevölkerung mitzieht. Bei uns ist das bereits seit 30 Jahren der Fall, auch weil die Bürgerschaft so weit wie möglich beteiligt wird. Alles, was wir lokal und regional tun, hat einen Einfluss auf die Welt als Ganzes.“

Viel Erfahrung in dem Bereich sammelt seit Jahren auch die sauerländische Stadt Bad Berleburg mit ihrem Bürgermeister Bernd Fuhrmann. Das Besondere der Stadt: Die Strukturen und Projekte in der kommunalen Entwicklungspolitik, die sie gemeinsam mit dem Jugendförderverein, dem evangelischen Kirchenkreis Wittgenstein und dem Mehrgenerationentreffpunkt des Deutschen Roten Kreuzes initiiert hat. Möglich ist das allerdings nur, weil es und gut gelingt, Haupt- und Ehrenamt eng miteinander zu verzahnen. Denn was nützt einer Kommune in der Theorie die beste Nachhaltigkeitsstrategie, wenn sie es nicht versteht, die Konzepte in der Bürgerschaft verständlich zu machen und sie in den Köpfen zu verankern.“ Colette Siebert, Stabsabteilungsleiterin Regionalentwicklung in Bad Berleburg nickt: „Ein gutes entwicklungspolitisches Engagement würdigt immer auch die Partner, ohne die Erfolge kaum möglich sind. Nehmen wir unseren Jugendförderverein: 160 Mitgliedsvereine hat dieser Dachverband. Das allein ist ein starker Multiplikator, mit dem man mutig viel Neues voranbringen kann.“

Etwa eine Klimapartnerschaft mit dem Distrikt Morogoro in Tansania. Oder die Stärkung des Fairen Handels: Keine kommunalen Beschaffungen und keine Veranstaltungen ohne Fair-trade-Produkte. „Auch das ist eine Zielsetzung, die nicht nur uns als Kommune, sondern auch die Welt ein Stück weiterbringt. Fairer Handel muss raus aus der Nische und auf die breite Bühne. Eine größere Zielgruppe bedeutet einen größeren Hebel für nachhaltige Veränderungen. Und dazu kann auch eine kleine Kommune wie die unsere etwas beitragen“, so Siebert. 

Partnerschaften trotz enger Haushalte - auf den Willen kommt es an 

Bernd Fuhrmann, Werner Schweizer und Sina Best: Der Bürgermeisterin und ihren beiden Kollegen ist natürlich bewusst, dass viele Kommunen mit der derzeitigen Gemengelage bereits an ihren Leistungsgrenzen agieren. Bernd Fuhrmann: „Schon die stetig wachsenden Pflichtaufgaben fordern die Kommunen enorm. Das ist bei uns auch nicht anders als anderswo. Aber wir profitieren in herausfordernden Zeiten von den Wegen, die wir in entspannteren Zeiten eingeschlagen haben. Unsere starke Vernetzung von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen entfaltet gerade jetzt eine große zivilgesellschaftliche Kraft, die immer noch vieles möglich macht.“ Letztendlich sagt er, sei erfolgreiches, nachhaltiges Handeln in einer Kommune ohnehin nicht eine Frage der Größe, sondern der inneren Haltung.

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