Biodiversität
Gemeinsam für den Artenschutz - wie das gelingt
Artenschutz in Mainz - breite Unterstützung
Die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz verabschiedete die bereits 2010 eine erste „Biologische Vielfalt Deklaration, zehn Jahre später hat der Stadtrat eine detaillierte Biodiversitätsstrategie beschlossen. Zuständig für die Umsetzung: Annette Kuchelmeister. Sie arbeitet schon seit über 30 Jahren im Grün- und Umweltamt der Stadt. Mit im Boot: Umwelt-Dezernentin Janina Steinkrüger. Unterstützung erhält die Stadt von den großen Umweltorganisationen und Umweltinitiativen, engagierten Bürgerinnen und Bürgern und der Universität Mainz.
Das Ziel erläutert Annette Kuchelmeister: „Wir haben mit der Strategie Richtungsvorgaben in allen Bereichen der Biodiversität erarbeitet. Das Besondere daran ist, dass Maßnahmen in allen Bereichen der Stadt Mainz zeitgleich umgesetzt werden.“ Im Visier sind 365 Hektar Grünanlagen, 190 Hektar Ausgleichsflächen und 90 Hektar Biotope überwiegend in der freien Landschaft.

Die Liste der Erfolge ist lang: Grünflächen wurden extensiviert und Bienenhotels errichtet, Sandflächen für die Brut von Insekten aufgeschüttet und sogenannte Trockenmauern als Lebensraum für tierische „Untermieter“ gestaltet. Im Zuge energetischer Sanierung wurden Nistkästen und spezielle Streifen in Glasfronten zum Schutz von Vögeln gleich mit eingeplant. Die Umwelt-Dezernentin Janina Steinkrüger unterstreicht: „Die Summe aller Maßnahmen führt zu einem Mehr an Biodiversität. Aber natürlich haben wir auch sogenannte Leuchtturmprojekte. Etwa der Grünbestand im Graben und auf den Wällen der Mainzer Zitadelle, ein wichtiger Rückzugsort für viele Pflanzen und Tiere, die teilweise bereits auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehen.“
Die Kommune setzt auf einen Mix aus Umweltbildung, Aufklärung und Kommunikation – auch zusammen mit den Schulen. Allerdings geht es auch hier nicht ganz ohne Verbote und Überwachung. Grundsätzlich sei aber die Tendenz gerade unter jungen Menschen erkennbar, für die Natur und den Erhalt des Lebensraums für Pflanzen und Tieren einzustehen, so Kuchelmeister. Sehr gute Arbeit leisteten in Mainz auch das Umweltbildungszentrum und der Umweltladen.

Wir wollen reine Grünflächen zu Blühflächen umwandeln.“
Auch in Verden an der Aller, einer kleinen Kreisstadt in Niedersachsen, hat man die Zeichen der Zeit erkannt. Dabei hat man aber auch die Erkenntnis gewonnen: Es braucht eine Bündelung von Know-how und entsprechende Fördergelder, denn im „Tagesgeschäft“ sei ein solches Programm nicht zu stemmen.
Verden an der Aller: Mit Fördermitteln erfolgreich
Also stellte die Kommune einen Förderantrag beim „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“, das Ende 2023 positiv beschieden wurde. Bis 2029 erhält die Kommune nun Fördermittel, die auch dringend für die Förderung der biologischen Vielfalt benötigt werden. Magdalena Rose von der Abteilung Grünflächen und Freizeitanlagen im Fachbereich Straßen und Stadtgrün, erläutert: „Durch die Mittel des Bundesumweltministeriums und die Eigenmittel der Stadt kann jetzt unter anderem meine Stelle als Biodiversitätsmanagerin und externe fachliche Unterstützung finanziert werden. Das ist notwendig, um dieses Projekt voranzubringen.“

Ebenso wichtig für die Stadt ist der Verbund von aktuell 394 Kommunen, die sich unter dem Titel „Kommunen für biologische Vielfalt“ zusammengeschlossen haben. Magdalena Rose unterstreicht: „Wir erfahren in diesem Netzwerk viel Inspiration aus anderen Kommunen, die vielleicht schon einen Schritt weiter sind und haben auf dem kleinen Dienstweg jederzeit gut informierte Ansprechpartner zur Verfügung.“
Von Grünflächen zu Blühflächen
Die Ziele sind klar umrissen: die Umwandlung von reinen Grünflächen zu Blühflächen, die Vernetzung von tierischen und pflanzlichen Lebensräumen und ein deutliches Plus an entsiegelten Flächen. Mustergärten sollen angelegt und die Verdener Bürgerschaft durch Vorträge, Bildungsangebote und Führungen durch natürliche Erlebnisräume mit ins Boot geholt werden. Partner in diesem Prozess konnten bereits einige gewonnen werden: die großen Umweltinitiativen wie Nabu und BUND, die lokale Politik, allen voran Bürgermeister Lutz Brockmann, die Jägerschaft, der Imkerverein, die Verdener Bienenfreunde und der Förderverein zum Schutz des Weißstorches.
Rasen nicht stutzen
Derzeit wird in der Kommune aber noch daran gearbeitet, alle Flächen mit Potenzial für eine ökologische Aufwertung zu erfassen, das Konzept fertigzustellen und eine praxisorientierte Langzeitschulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der ökologischen Grünflächenpflege auf den Weg zu bringen. Auch ein praktischer Maßnahmenkatalog ist in Arbeit, aber in Schwarz und Weiß will Magdalena Rose diesen nicht aufgeteilt wissen. „Natürlich bietet ein gestutzter, grüner Rasen wenig für die Tier- und Insektenwelt. An manche Nutzung kann ein solcher aber trotzdem sinnvoll sein, etwa als Teil einer Spiel- und Sportfläche. Wir wollen mit der Zeit lernen, welche Maßnahmen an welchen Stellen besonders wertvoll sein könnten – und diese dann unter Ausnutzung aller Handlungsspielräume umsetzen.“
Auch in Verden sieht man in der Einbeziehung der Bürgerschaft großes Potenzial, allerdings nur dann, wenn Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit ohne den berüchtigten erhobenen Zeigefinger auskommen. Magdalena Rose: „Stattdessen wollen wir mit unterschiedlichen Aktionen Aufmerksamkeit auf das Thema Biodiversität lenken, die privaten Garten- und Hausbesitzer inspirieren und eine nachhaltige Begeisterung für bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich wecken.“ Dabei soll zeitnah auch eine eigene Website helfen, die sich speziell dem Thema Biodiversität in Verden an der Aller widmet.