Biodiversität
So entsteht Artenvielfalt auf Friedhöfen
Artenvielfalt auf Friedhöfen: diese Maßnahmen sollen greifen
- Maßnahme 1: Ein bereits bestehendes und ein neues Staudenbeet wurden auf dem Stuttgarter Hauptfriedhof mit heimischen und insektenfreundlichen Pflanzenarten bepflanzt. Zum Einsatz kamen unter anderem Dunkle Königskerze, Gewöhnliche Wegwarte, Rundblättrige Glockenblume, Rote Lichtnelke, Färber-Kamille, Wiesen-Witwenblume und Kleiner Mannstreu.
- Maßnahme 2: Ein bislang häufig gemähter Randbereich nahe dem Haupteingang wurde umgewandelt in zwei Einzel-Mustergräber und ein Doppel-Mustergrab. Durch die intensive mittägliche Sonneneinstrahlung in diesem Bereich gedeihen hier insektenfreundliche Pflanzen wie Flacher Ehrenpreis, Steppen-Salbei, Pracht-Nelke, Echte Katzenminze und März-Veilchen.
- Maßnahme 3: Vier unterschiedliche große Rasenflächen wurden in artenreiche Blühwiesen umgewandelt. Eine auf Wildbienen und Schmetterlinge ausgerichtete Saatmischung, bestehend aus Wiesen-Salbei, Glockenblumen, Kornblumen, Wilder Möhre, Wiesen-Kümmel, Kleiner Odermennig und Weißer Lichtnelke, liefert reichlich Nahrung. Integriert wurden zudem Nistplätze aus Holzstelen und Totholzhaufen für Wildbienen und andere Insekten.

Friedhöfe: schon jetzt mehr als Orte der Trauer
Auch in Stuttgart ist die Zahl der Erdbestattungen stark rückläufig. Auf dem 29,6 Hektar großen Areal des Hauptfriedhofs, der zweitgrößte von insgesamt 41 aktiv genutzten Friedhöfen in der Landeshauptstadt, stehen theoretisch 15.000 Grabstellen zur Verfügung. Allerdings werden derzeit 70 Prozent aller Verstorbenen in Urnen beigesetzt. Schon länger setzt sich die Friedhofsverwaltung deshalb mit der Umgestaltung der Friedhöfe auseinander. Birgit Blumenthaler, Leiterin der Abteilung Friedhöfe, erläutert: "Friedhöfe sind auch bei uns schon lange keine reinen Orte der Trauer mehr. Gerade in der Pandemie haben wir festgestellt, dass diese Orte eigentlich Naherholungsgebiete geworden sind. Wir haben schon früh angefangen, Blumenwiesen anzulegen und ganzjährige Stauden anzupflanzen und heimische, insektenfreundliche Gewächse. Das BUND-Projekt passte gut zu uns, weil es auch uns ein Anliegen ist, dass Menschen, die Gräber pflegen, zunehmend im Blick haben, dass sie mit der Bepflanzung Gutes für die Artenvielfalt tun können."
Was eine Umgestaltung der Friedhöfe sonst noch bringen kann
Birgit Blumenthaler hält die Umgestaltung kommunaler Friedhöfe nicht nur im Sinne der Artenvielfalt für wichtig. Es gehe, sagt sie, auch um ein effizienteres Wassermanagement speziell in heißen Sommern und um die Senkung des im Jahr anfallenden Kunststoffabfalls durch dauerhafte Bepflanzungen. Eine Neuausrichtung der Friedhofsgestaltung könne aber auch helfen, die Kosten für Kommunen und Grabmieter zu senken. "Natürlich erreicht uns gerade aus der älteren Bürgerschaft immer auch mal der Vorwurf, dieser oder jene Ort sehe jetzt aber sehr unordentlich aus. Um auch diese Menschen zu überzeugen, sollten Kommunen, wenn sie ihre Friedhöfe im Sinne der Artenvielfalt neu gestalten, auch entsprechende Informationen für die Bürgerinnen und Bürger mitdenken."
Eine Evaluation des Friedhofsprojektes steht noch aus. Interessierte Kommunen können aber schon jetzt von den Erfahrungen in Baden-Württemberg profitieren. Der BUND hat eine Broschüre "Praxistipps - Insektenfreundlicher Friedhof" produziert.