Breitbandausbau - andere machen es doch auch!
Probleme beim Breitbandausbau in Deutschland
Zum einen nennt die Studie fehlende Kooperation als Problem. Das beginnt bei Bund und Ländern. Während der Bund mit seiner Digitalen Agenda auf einen Technologiemix setzt, der bis 2018 für einen 50 Mbit/s-Downstream in allen deutschen Haushalten sorgen soll, haben die Länder ganz eigene Digitalstrategien. Viele Bundesländer verfolgen Infrastrukturziele für einen nachhaltigen Glasfaserausbau. Auch die fehlende Verständigung zwischen allen Akteuren im Breitbandausbau sei ein Problem. So komme es immer wieder zu Mehrfachverlegungen.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista Ein weiteres Problem sieht die Studie in der Vectoring-Strategie der Telekom. Für das Telekommunikationsunternehmen ist es einfacher die vorhandenen VDSL-Leitungen zu verbessern als mit Glasfaser neue Infrastruktur zu legen. Dadurch, dass das größte Telekommunikationsunternehmen in eine andere Technologie investiert, wird der Ausbau des Glasfasernetzes blockiert. Ein Blick auf die Ausbaustrategien anderer Länder zeigt, was Deutschland besser machen könnte:
Spitzenreiter bei Glasfaseranschlüssen: Estland
Nachdem Estland unabhängig wurde, sicherte es im Jahr 2000 jedem Bürger per Gesetz Internetanschluss zu. In einem gut koordinierten Prozess bauen der Staat und die Netzbetreiber in einer öffentlich-privaten Partnerschaft einen interkommunalen landesweiten Backbone auf. Der sogenannte Backbone ist ein Open-Access-Glasfasernetz, das jedoch nicht bis zum Endkunden reicht. Die letzten 1,5 Kilometer zum Kunden müssen von den Netzwerkbetreibern gelegt werden, die sich dadurch auch die Betreiberrechte bei den betreffenden Haushalten sichern.
Sprunghafter Anstieg: Spanien
In Spanien ist besonders die staatliche Regulierung Antrieb für einen Innovationswettbewerb. In einem ersten Schritt verpflichtete die Regulierungsbehörde CNMC den ehemaligen Telekommunikationsmonopolisten Telefonica Konkurrenten gegen ein Entgelt auf die vorhandene Netzinfrastruktur zugreifen zu lassen. Nachdem sich einige Telekommunikationsanbieter etabliert hatten, erhöhte die Regulierungsbehörde das Zugangsentgelt in einem zweiten Schritt, um Anreize für eigene Infrastruktur zu schaffen. Noch stärker kurbelte ein Angebot von Movistar, ehemals Telefonica, den Glasfaserausbau an. Movistar schnürte ein Paket aus Festnetztelefonie, einem 100Mbit/s-Breitbandzugang, Mobiltelefonie und Pay-TV, das für Kunden eine Preisersparnis von 14 Prozent bedeutete. Nach vier Jahren hatte das Angebot zwei Millionen Nutzer. Die anderen Telekommunikationsanbieter reagierten mit massiven Investitionen in Glasfaserkabelausbau.
Höchster Nutzungsgrad: Schweden
In Schweden kommt den Kommunen eine essentielle Rolle beim Glasfaserausbau zu. Breitbandinternet gilt dort als Daseinsvorsorge. Ein großer Teil der Glasfasernetze sind Stadtnetze mit Open-Access-Modell. Zudem investiert hier auch der Telekommunikationsmonopolist mit in das Open-Access-Netz. Jegliche Ausbauaktivitäten werden in einem Breitbandforum gemeinsam koordiniert.
EU- und OECD-Durchschnitt: Die Schweiz
In der Schweiz funktioniert der Breitbandausbau über einen Multi-Stakeholder-Ansatz. Hier verständigen sich Telekommunikationsanbieter, Stadtwerke und alle weiteren Akteure auf einen kooperativen Ausbau. Für eine Gleichstellung der Partner sorgt das sogenannte "Vier-Faser-Open-Access-Modell". Das funktioniert so: In jede Wohneinheit werden vier Fasern gelegt. Eine Faser wird der Swisscom, je eine Faser dem alternativen Netzbetreiber und einem weiteren Anbieter zugeordnet und eine vierte Faser dient als Reserve.
Was kann Deutschland im Breitbandausbau besser machen?
Zunächst plädiert Bernd Beckert dafür, dass Deutschland sich höhere Ziele im Breitbandausbau steckt. Zudem sollte das Vorgehen zwischen allen Beteiligten am Ausbau koordiniert werden. Den Multi-Stakeholder-Ansatz der Schweiz hält er dabei für eine sinnvolle Option. Auch ein interkommunaler Backbone, in dem die Kommunen stark beteiligt werden, sei in Deutschland umsetzbar. Generell sei eine Beteiligung der Kommunen essentiell und die Definition des Breitbandzugangs als Daseinsvorsorge in Deutschland lange überfällig.