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  1. Praxis
  2. Demografischer Wandel
  3. Kennen Sie das Modell der Dorfmoderatoren?
6 Dorfmoderator vor einem Gebäude
Ansprechpartner und Ideensammler: die sechs Dorfmoderatoren der Region Bruchhausen-Vilsen/Hoyerhagen/Bücken.
© Gemeinde Bruchhause-Vilsen

Dorfentwicklung

Kennen Sie das Modell der Dorfmoderatoren?

von Dorothea Walchshäusl
Reporterin | KOMMUNAL
2. April 2024
In Niedersachsen helfen sogenannte Dorfmoderatoren dabei mit, die soziale Dorfentwicklung angesichts des demografischen Wandels voranzutreiben. Sie helfen auch, Förderanträge zu stellen.

Was braucht es, damit Kommunen in ländlichen Regionen fit sind für die Zukunft – gerade trotz und angesichts des demografischen Wandels? Diese Frage steht im Zentrum eines Modellprojekts in Niedersachsen rund ums Thema soziale Dorfentwicklung. Antworten darauf sollen unter anderem sogenannte Dorfmoderatoren finden, die in verschiedenen Kommunen im Einsatz sind, um die Zukunft vor Ort gemeinsam mit ihren Mitbürgern bewusst mitzugestalten. Wie das genau aussieht, ist so individuell wie jede Kommune.

Dorfmoderatoren verbinden Kommunen

Weg vom Kirchturmdenken, hin zu einer Verbundenheit in der Region – das war der Ansatz in der Region Bruchhausen-Vilsen/Hoyerhagen/Bücken, in der Stefan Buchholz als Dorfmoderator aktiv ist. Im Jahr 2017 haben sich die drei Kommunen Bruchhausen-Vilsen, Hoyerhagen und Bücken in direkter Nachbarschaft zusammengetan, um als Dorfregion noch stärker aufzutreten. Wesentlich dafür sorgen sollten auch die neu eingesetzten Dorfmoderatoren. „Wie können wir die Dorfregion mit Leben füllen und welche gemeinsamen Projekte machen Sinn?“ – das waren laut Buchholz die Fragen, die sich die insgesamt sechs Moderatoren aus den drei Kommunen zu Beginn ihrer Tätigkeit 2017 gestellt haben. Die Idee: „Wenn wir gemeinsam etwas machen, sind wir noch schlagkräftiger und können den Einwohnern mehr bieten“, so der Moderator.

Karte Dorfregion
Die neu geschaffene Dorfregion 

Dorfleben erhalten und netzwerken

Wie in viele anderen ländlichen Regionen auch, ist der demografische Wandel in der Dorfregion Bruchhausen-Vilsen/Hoyerhagen/Bücken bereits deutlich spürbar. So ist laut Buchholz ein Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen, zudem ist in den vergangenen Jahren nach und nach die Infrastruktur weggebrochen. „Alles wird immer weniger und mittlerweile sind die Bank, der Supermarkt und das Wirtshaus weg“, so Buchholz. Die Gründe liegen auf der Hand: Viele Einwohner arbeiten weiter entfernt, als Familie sei man auf zwei Autos angewiesen und die Einkäufe und sonstigen Dinge würden dann eben auf dem Heimweg und nicht im Wohnort erledigt. Auf Vereinsebene aber gibt es nach wie vor ein sehr intensives Dorfleben, zudem bietet die Region einige kleinere touristische Sehenswürdigkeiten. Die Idee der Dorfmoderatoren war es deshalb, genau hier anzusetzen. „Wir wollten dafür sorgen, dass das Angebot in unseren Dörfern nicht noch weniger wird und dazu bewusst über Kirchtürme hinwegdenken“, sagt Buchholz.

Modellprojekt „Soziale Dorfentwicklung“

Das Modell der Dorfmoderatoren wurde in Niedersachsen etabliert, um die weit über 700 Dörfer in dem Flächenland auf den demografischen Wandel vorzubereiten und als Dorfgemeinschaft tatkräftig in die Zukunft zu gehen. Im Rahmen des Modellprojekts der „Sozialen Dorfentwicklung“, das vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz als Folgeprojekt der „Dorferneuerung“ durchgeführt wird, sollen die Dorfmoderatoren Wegbereiter, Initiatoren und Moderatoren sein. Die Zukunft der Dorfgesellschaft in die eigenen Hände nehmen – das ist das Ziel, das unter Anleitung der Dorfmoderatoren an verschiedenen Einsatzorten verfolgt werden soll. Konkret bedeutet das: Bürger, die sich für ihr Dorf engagieren möchten, werden qualifiziert, um die Gemeinschaft voranzubringen. Dabei sollen sie den Austausch der Bürger untereinander moderieren, Ideen sammeln, Initiativen und Ehrenamtliche unterstützen und bei der Umsetzung von Projekten mithelfen. Wie sich die Dorfmoderation letztlich genau darstellt vor Ort, können die ehrenamtlichen Dorfmoderatoren selbst entscheiden. In jedem Fall sollen sie in einen Austausch mit den Bürgern des Ortes treten, um möglichst viele Ideen zusammenzutragen und diese gemeinsam weiterzuentwickeln.

Moderatoren-Ausbildung

Um als Dorfmoderator gut auf den Einsatz vorbereitet zu sein, haben Buchholz und seine Kollegen bei der Ländlichen Erwachsenenbildung in Niedersachsen e.V. (LEB) eine gezielte Ausbildung durchlaufen. An mehreren Wochenenden wurden verschiedene Themen behandelt, die für die Moderatoren-Tätigkeit im Ort hilfreich sein können. „Die Schulung war sehr praxisorientiert“, sagt Buchholz. „Dabei ging es um die Kommunikation im Ort, um die Durchführung von Projekten, Präsentationstechniken und die Frage, wie man am besten Leute anspricht und für ein Engagement gewinnt“.

Ideen sammeln im Ort

„Wir Dorfmoderatoren sind Filter und Anlaufstelle zugleich für alle Ideen, die gut für die Gemeinde sind“, sagt Buchholz. Er selbst kennt Hoyerhagen seit seiner Kindheit, ist dort gut vernetzt und vertraut mit der Struktur im Dorf. 15 Jahre lang war er im Gemeinderat aktiv, zudem engagiert er sich selbst in Vereinen. „Ich kenne Land und Leute“, sagt Buchholz, und das sei für seinen Einsatz als Moderator definitiv von Vorteil, schließlich helfe es, ein breites Netzwerk vor Ort zu haben. Zu Beginn ihrer Tätigkeit haben die Moderatoren in ihren jeweiligen Orten via Flyer, die Tagespresse und soziale Medien auf das neue Angebot im Ort hingewiesen und dazu aufgefordert, sich mit allen Ideen für soziale Projekte in der Kommune bei ihnen zu melden. Welche Themen stehen an? Wo muss sich was tun, damit das Leben hier auch in Zukunft Spaß macht? Und welchen Beitrag möchte der ein oder andere dabei leisten? Diese Fragen haben die Dorfmoderatoren in zahlreichen Gesprächen und Foren an ihre Mitbürger gerichtet.

Soziale Ideen im Fokus

„Beim Modellvorhaben soziale Dorfentwicklung geht es weniger um bautechnische Dinge, sondern mehr um soziale Aspekte“, sagt Buchholz, und entsprechend wurden auch jene Vorschläge besonders intensiv diskutiert, die das soziale Miteinander in der Dorfregion voranbringen und am Leben erhalten könnten. Die Ideen kamen dabei laut Buchholz vorzugsweise aus Vereinen, wurden zuerst von den Dorfmoderatoren gesichtet und in Folge von einem größeren Arbeitskreis behandelt, in dem alle Dorfmoderatoren und Vertreter der drei Gemeinden vereint waren. In einem weiteren Schritt wurden die Vorschläge der Verwaltung und den Gemeinderäten vorgelegt. Alle Ideen, die als sinnvoll und realisierbar erkannt wurden, wurden schließlich in einen Dorfentwicklungsplan für die gesamte Region aufgenommen, darunter die Sanierung einer Kunsteisbahn, der Aufbau einer digitalen Austauschplattform und der Umbau des historischen Ratskellers in Bücken als Dorfgemeinschaftshaus. „Dieser Plan ist die Grundlage für verschiedene Projekte, die in den nächsten Jahren in unserer Region umgesetzt werden sollen“, so Buchholz. Voraussetzung hierfür ist die Akquise öffentlicher Gelder, die ebenfalls durch die Dorfmoderatoren begleitet wird.

Generationsübergreifender Spielplatz in Planung

Als erstes größeres Projekt wurde in der Dorfregion nun ein Fitness- und Spielplatz für Jung und Alt in Angriff genommen. Rund 170.000 Euro wird das Vorhaben kosten, aktuell läuft die Beantragung der Fördergelder. „Der Arbeitskreis wurde aufgelöst, jetzt geht es für uns Dorfmoderatoren um die Begleitung der Antragstellungen und die Umsetzung der geplanten Projekte“, so Buchholz. Als Dorfmoderatoren sind er und seine Kollegen aber auch weiterhin Ansprechpartner für die Bürger und haben mittlerweile ein gutes Netzwerk über die ehemaligen Dorfgrenzen hinweg aufgebaut. Mehrmals im Jahr treffen sich die Moderatoren der einzelnen Ortsteile und tauschen sich aus, zudem werden sie regelmäßig in die Gemeinderäte eingeladen. „Es hat sich bei uns sehr bewährt, in der Region zusammenzuarbeiten und sich gemeinsam Gedanken zu machen über die Zukunft“, so Buchholz. Durch die Dorfmoderatoren gebe es jetzt eine niedrigschwellige Möglichkeit für die Bürger, ihre Ideen und Vorschläge einzubringen.

Einblick in den Dorfentwicklungsplan hier

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