Neue Wohnformen
Vom Einfamilienhaus zum Mehrfamilienhaus
Einfamilienhaus und seine Zukunft
Die Idee zum Projekt kam der Gemeindemitarbeiterin Christa Gnann im Laufe ihrer verschiedenen Bürgerbesuche. So sucht die Gemeinwesensarbeiterin sowohl Familien mit Neugeborenen als auch Senioren heim und hörte dabei immer wieder ähnliche Geschichten. „Während die jungen Familien verzweifelt auf der Suche nach einer bezahlbaren größeren Wohnung sind, hadern die Älteren oft mit den viel zu großen leeren Häusern“, so Gnann. So entstand die Idee, diese beiden Seiten zusammen zu bringen und zu groß gewordene Einfamilienhäuser bei Interesse der Eigentümer dahingehend untersuchen zu lassen, wie diese gegebenenfalls unterteilbar wären, um mehreren Wohneinheiten Platz zu geben. Die Ziele: Bereits versiegelte Fläche intensiver nutzen, neuen Wohnraum und soziale Kontakte schaffen und nicht zuletzt der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken.
„Aus Alt mach 2“ – das Projekt
Unter dem Titel „Aus Alt mach 2“ hat die Gemeinde Bodnegg die Projektidee beim Projektaufruf „Innovativ Wohnen BW“ eingereicht und dafür unter 60 Bewerbungen zusammen mit fünf anderen Einreichungen den Zuschlag bekommen. Durch die Förderung war es der Gemeinde möglich, interessierten Bürgern im Zeitraum vom Juli 2021 bis Juni 2022 eine Beratung durch einen Architekten anzubieten. Dieser sollte die betreffenden Häuser dahingehend untersuchen, wie aus der bisherigen einen Wohneinheit durch Aus-, An- oder Umbau zwei Wohneinheiten geschaffen werden können und wie in diesem Zuge auch Barrieren beseitigt werden können und das Haus saniert und wärmegedämmt werden kann.

An unserem Angebot waren besonders jene Bürger interessiert, deren Kinder gerade am Ausziehen sind und die merken, dass das Haus nun viel zu groß ist.“
Starkes Interesse der Bürger
Nachdem die Förderung des Projekts bewilligt war, hat die Gemeinde einen Aufruf im Gemeindeblatt und der regionalen Zeitung gestartet und das Angebot für die Bürger im Gemeindeverwaltungsverband Gullen, einem Zusammenschluss der Gemeinden Bodnegg, Grünkraut, Schlier und Waldburg verbreitet. Mit enormer Rückmeldung. „Das Interesse der Bürger war extrem hoch, wir waren sehr überrascht, wie das eingeschlagen hat“, sagt Gnann. Insgesamt rund 75 Eigentümer hätten letztlich eine Beratung in Anspruch genommen.
Hausumbau: Interessierte mittleren Alters
Ursprünglich hatten Gnann und ihre Kollegen damit gerechnet, dass sich für das Projekt betagte Senioren melden würden, die mit der Pflege ihres Hauses überfordert sind. Die Rückmeldungen aber offenbarten eine andere Zielgruppe. „An unserem Angebot waren besonders jene Bürger interessiert, deren Kinder gerade am Ausziehen sind und die merken, dass das Haus nun viel zu groß ist“, erzählt Gnann. So seien die meisten Interessierten zwischen Mitte 50 und Ende 60 gewesen, selbst aktiv und fit, also fähig, „einen Umbau zu stemmen und die Handwerker zu managen und noch in der Lage, einen Kredit zu bekommen“, wie Gnann sagt. Ein klarer Verstärker für die Nachfrage seien auch die steigenden Energiekosten gewesen, die bei einem großen und alleine bewohnten Haus erheblich seien.
Beratung durch Architekten vor Ort
Finanziert wurde im Rahmen des Projekts jeweils die Erstberatung, die laut Gnann insgesamt meist um die sieben Arbeitsstunden des Architekten umfasste. Im Zentrum stand dabei der Besichtigungstermin vor Ort, bei dem das bestehende Haus inspiziert wurden und mögliche Umbaumaßnahmen angedacht wurden. Im Nachgang wurde durch den Architekten dann eine grobe Skizze erstellt, verbunden mit einem vagen Kostenrahmen. Dabei hat sich laut Gnann gezeigt, dass ein Umbau zu mehreren Wohneinheiten grundsätzlich in den meisten Fällen möglich ist. Ob die beratenen Bürger dann tatsächlich einen Umbau umsetzen, ist je nach Situation sehr unterschiedlich, wie die Gemeindemitarbeiterin feststellt. Allerdings habe sich gezeigt: „Die erste Beratung setzt viel in Bewegung. Viele machen sich erstmals Gedanken über ihre Wohnsituation und fragen sich: will ich das alles wirklich noch haben im Alter? Wie möchte ich einmal leben und was kann ich jetzt schon dafür tun“?
Erste Umbauten abgeschlossen
Die Beratungen sind mittlerweile größtenteils abgeschlossen und schon einige Häuser im Gemeindeverwaltungsverband wurden umgebaut, in denen die neu entstandenen Wohneinheiten auch bereits vermietet sind. Weitere Umbauprojekte haben sich durch den Ukraine-Krieg und die damit verbundene Verteuerung teilweise nach hinten verschoben und sind in der Warteposition. Aus Sicht von Christa Gnann hat sich das Projekt für die Kommune wie die beteiligten Bürger definitiv gelohnt und ist das Überdenken von bestehenden Einfamilienhäusern ein zukunftsweisender Ansatz. Allerdings müsse man sich als Kommune darüber im Klaren sein, dass gegebenenfalls Baupläne geändert werden müssen, um Umbauten zu ermöglichen. Darüber hinaus brauche es einen langen Atem. „Man darf nicht erwarten, dass die Leute bereits am nächsten Tag anfangen, den Umbau zu planen“, so Gnann, vielmehr sei das ein „langer Prozess“, der ganze Familien betreffe und entsprechend oft auch über etliche Monate oder gar Jahre abgewogen würde.

