Ehrenamt
Erzählfreundschaften gegen die Einsamkeit
Gegen die Einsamkeit: Erzählfreundschaften am Telefon
In der Gemeinde Wadersloh wurde unter dem Titel „Erzählfreundschaften“ ein außergewöhnliches Projekt gestartet, das hier gegenwirken möchte. Dessen Ziele sind es, „Einsamkeitsgefühle verringern und zur sozialen und gesellschaftlichen Teilhabe der Menschen in der Gemeinde Wadersloh beitragen“, so Marc Schmidt, stellvertretender Fachbereichsleiter in der Gemeinde Wadersloh.
Netter Plausch statt Telefonseelsorge
Die Idee der „Erzählfreundschaften“ ist ebenso simpel wie überzeugend: Einmal pro Woche verabreden sich zwei Menschen idealerweise an einem festen Termin zu einem etwa halbstündigen Telefonat, um sich zu unterhalten und auszutauschen über alles, was sie gerade bewegt. „Es geht schlicht darum, ein bisschen zu reden, zu quatschen oder zu klönen, wie man bei uns sagt“, sagt Schmidt. Dabei handle es sich explizit nicht um eine psychologische oder fachliche Betreuung und auch nicht um eine Art Telefonseelsorge. Vielmehr solle das Gespräch beiden Seiten Freude bereiten und ein wenig Ablenkung vom Alltag bringen – ob es nun um ähnliche Interessen, die neuesten Sportergebnisse, den nächsten Urlaub oder das Wetter gehe. „Die Erzählfreundschaften sollen beiden Gesprächspartnern Spaß machen“, sagt Schmidt und entsprechend wichtig sei, dass die richtigen Tandems gefunden würden.
Ansprache und Austausch
Das Projekt der „Erzählfreundschaften“ wird in Zusammenarbeit der Gemeinde Wadersloh mit dem Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz und dem Kreis Warendorf angeboten. Hintergrund des Projekts ist das Kreisentwicklungsprogramm im Kreis Warendorf, in dessen Rahmen verschiedene Themen und Felder mit Handlungsbedarf erarbeitet wurden. Eines davon war auch das Thema „Vereinsamung in der Gesellschaft“ – speziell im Alter. Hier wollte man kommunal gegensteuern und Angebote schaffen, um Menschen, die sich alleine fühlen, wieder mehr Ansprache und Austausch zu ermöglichen.
Niedrigschwelliger Ansatz
Die „Erzählfreundschaften“ sind dabei einer von verschiedenen Ansätzen. So gibt es beispielsweise auch Besuchsangebote für ältere Menschen, bei denen nicht die Pflege, sondern der persönliche Kontakt im Vordergrund steht. Im Vergleich dazu ist die Möglichkeit zum regelmäßigen Austausch am Telefon gleichwohl noch einmal deutlich niedrigschwelliger, wie Schmidt sagt. „Es gibt ja viele Gründe, warum Menschen sich einsam fühlen und nur wenige soziale Kontakte haben, selbst dann, wenn es viele Angebote für sie gibt. Manch einer ist mit dem Hinweg zu einer Veranstaltung überfordert, andere scheuen die Gruppe oder möchten ungern jemanden bei sich hereinlassen“. Für die Erzählfreundschaften brauche es nichts weiter als ein Telefon und es falle auch keinem auf, wenn die Wohnung gerade mal nicht aufgeräumt sei, lacht Schmidt.
Werbung für die „Erzählfreundschaften“
Vor einigen Monaten hat man in der Gemeinde Wadersloh damit begonnen, die „Erzählfreundschaften“ publik zu machen. Ausgerichtet auf die Adressaten läuft die Öffentlichkeitsarbeit aktuell vor allem über Flyer, die in Arztpraxen, Apotheken, bei Friseuren oder auch in den örtlichen Senioreneinrichtungen ausgelegt werden. „Sie möchten neue Menschen kennenlernen, sich austauschen, einfach mal reden? Dann finden Sie jetzt den passenden Gesprächspartner oder die passende Gesprächspartnerin zum Klönen, für Gespräche über Land und Leute oder zum Austausch über das tägliche Geschehen“, so bewirbt der Flyer das neue Gesprächsangebot.
Angst vor Betrugsmasche am Telefon
Parallel zum Flyer setzt die Gemeinde insbesondere auf die persönliche Vermittlung, etwa durch Mitarbeiter der Seniorennetzwerke, Pflegedienste oder Kirchengemeinden. Schließlich sei gerade der telefonische Weg bei vielen Senioren negativ besetzt aufgrund von Angst vor Betrugsmaschen – da helfe es, wenn persönliche Bekannte vermitteln und Brücken bauen.
Ehrenamtliche Helfer gesucht
Neben den Menschen, die Lust haben auf ein Telefonat haben, sollen als Ergänzung des bereits bestehenden Teams idealerweise noch weitere Ehrenamtliche erreicht werden, die bereit sind, sich für das Projekt zu engagieren. Im Vorfeld ihres Einsatzes erhalten die Telefonpaten eine vierstündige Schulung, die sie auf ihre Tätigkeit vorbereitet und Themen wie Gesprächsführung oder den Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen umfasst. In Folge können sich die Ehrenamtlichen dann auch regelmäßig untereinander über ihre Erfahrungen austauschen.
Kommune leistet Anschubhilfe
Initiiert wurde das Projekt von der Kommune, die es im Moment auch noch koordiniert. So melden sich sowohl Ehrenamtliche, die als Telefonpaten wirken wollen als auch Menschen, die angerufen werden wollen, bei den Gemeindemitarbeitern, die dann weiter vermitteln. Die Kommune liefere hier erstmal eine Anschubhilfe und agiere als Mittler, so Schmidt. „Langfristig hoffen wir aber, dass das Projekt von den Ehrenamtlichen getragen wird“.
Noch stehen die „Erzählfreundschaften“ am Anfang. Die Werbung läuft, die Rückmeldungen sind gut und erste Gesprächspartner haben zueinander gefunden. Für sie ist der regelmäßige Austausch schon jetzt eine unkomplizierte Bereicherung des Alltags – ebenso wie der Plausch im Treppenhaus.
Mehr Informationen zu den "Erzählfreundschaften" hier.


