Photovoltaik
Energiewende: Wie umgehen mit Bürgerprotesten?
Bürgerproteste sind quasi vorprogrammiert
Doch aus der Bevölkerung kommt in vielen Städten massiver Widerstand. Immer mal wieder werden Solarparks aufgrund von Bürgerprotesten gekippt. In Laichingen bei Ulm stimmte im November 2019 eine klare Mehrheit gegen den Bau eines Solarparks. Zwei Jahre später geschah Vergleichbares in Pronstorf in Schleswig-Holstein. Das Argument: Getreide statt Strom. Das ginge ja gar nicht. Kein Wunder: Der knapp 90 Hektar große Park sollte tatsächlich auf „allerbestem Ackerland“ gebaut werden. Damals nannte Peter Krug, Sprecher der Bürgerinitiative, einen weiteren Grund für das Bürgerbegehren: „Die Einwohner wurden nicht mitgenommen, es wurde überhaupt nicht informiert und schon gar nicht diskutiert. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Unklar ist wie es im Boitzenburger Land, einer amtsfreie Gemeinde im Landkreis Uckermark, weitergeht. Gleich zwei Bürgerinitiativen wollen gegen eine geplante Freiflächensolaranlage klagen.

Dennoch: Mit dem Kopf durch die Wand will man das Projekt nicht vorantreiben. Nun plant die Gemeinde eine Infoveranstaltung mit Referaten von Experten, die die Vorteile eines Solarparks herausarbeiten sollen. Walter Grob ist guten Mutes: „Ich bin davon überzeugt, dass wir bei der Abstimmung im März die Mehrheit der Bürgerschaft auf unserer Seite haben werden. Wenn nicht, dann wird es auf der ganzen Gemarkung und nicht nur in Buchdorf selbst, keinen Solarpark geben.“
Hand in Hand statt mit dem Kopf durch die Wand - wie eine Kommune Bürgerprotesten erfolgreich zuvorkommt
Wie es schneller und vor allem geräuschloser gehen kann, zeigt eine Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz.Schon vor 15 Jahren wurde die damals größte PV-Freiflächenanlage in Rheinland-Pfalz, das Solarkraftwerk bei Föhren am Meulenwald, eine Ortsgemeinde im Landkreis Trier-Saarburg, eingeweiht.
Kommunen brauchen ein Standortkonzept für den Ausbau der erneuerbaren Energien“
Lob in Sachen Vertrauensbildung für viele Bürgermeister
Martina Hofmann ist Professorin für Erneuerbare Energien an der Hochschule Aalen. Sie findet, dass die Kommunen den längsten Hebel und den größten Durchgriff für den Ausbau der Photovoltaik haben, weil sich viele geeignete Flächen in kommunaler Verantwortung befinden. „Zudem gibt es viele Bürgermeister, die längst begriffen haben: Ohne PV-Freiflächenanlagen mit ihren großen Erträgen gelingt die Energiewende nicht.“ Bettina Rohmund, Mitarbeiterin des seit 2018 an der Hochschule angesiedelten Photovoltaik Netzwerks Ostwürttemberg, berät Kommunen und Unternehmen. Sie sagt: „Es ist erkennbar, dass viele Kommunen die Potenziale von Freiflächenanlagen für die Energiewende durchaus gut einschätzen. Ein Vorurteil, das sich aber immer noch hält, ist das der problematischen Finanzierung. Natürlich sind die Investitionskosten relativ hoch, aber eine solche Anlage kann bis zu 40 Jahren laufen – und hat sich nach deutlich unter 20 Jahren amortisiert.“
Wesentlich, sagt Martina Hofmann, sei für die Kommunen jetzt die zielgerichtete Aktualisierung der Flächennutzungs- und Landschaftspläne, die alle Faktoren – Ernährungssicherheit, Ökologie und Energie – für die Erreichung der Klimaziele berücksichtigen und entsprechend neu gewichten. „Leider ist es aber oft noch so, dass diese Pläne nur dann hervorgeholt und aktualisiert werden, wenn es konkrete Bauanträge gibt. Das gilt es zu ändern. Denn die Energiewende muss von unten – von den Kommunen – organisiert werden und dann oben – in der Bundespolitik – in einen realisierbaren Masterplan münden.“ Aber das, sagt sie, sei nicht das einzige Problem. „Noch immer ist die Energiewende Stückwerk. Ein großer Fehler war es, bei der aktuellen kommunalen Wärmeplanung die Betrachtung unserer Stromnetze außen vor zu lassen. Denn was nützt der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf kommunaler und regionaler Ebene, wenn wir es nicht schaffen, unsere Stromnetze rechtzeitig zu ertüchtigen, um die geplanten Anlagen auch anzuschließen?“
