Vereinbarkeit
Was familienfreundliche Kommunen ausmacht
Netzwerken und Vermitteln
So vielfältig und individuell die Bedürfnisse und Fragen von Eltern teilweise sind – es hilft, wenn es eine zentrale Anlaufstelle gibt, an die sich Eltern wenden können. Diese Erfahrung macht man seit mittlerweile knapp zwanzig Jahren in der Stadt Werne im Münsterland, wo 2009 das städtische Familiennetz gegründet wurde. „Das Familiennetz bei uns ist eine feste Institution in der Stadt. Es wird rein aus kommunalen Mitteln getragen und ist damit nicht abhängig von Projektmittel-Finanzierungen“, sagt Koordinatorin Bettina Stilter. Im Umfang von rund zwei Vollzeitstellen besetzt, ist es das Ziel des Netzwerkes, niedrigschwellig und präventiv zu arbeiten und neutrale Kontaktstelle zu sein für alle Anliegen von Familien in Werne.
Familiennetz in Werne
„Da gibt’s doch das Familiennetz. Ruf doch da mal an“ – das würden mittlerweile viele Bürger einander raten, wenn sie Fragen hätten zu Themen der Elternschaft, eine Wohnung suchen oder einen Betreuungsplatz. „Es bewährt sich sehr, dass es eine klare Andockstelle gibt und diese durch die Kommune neutral ist. Wir sind mittlerweile sehr bekannt bei den Einwohnern und erreichen die Menschen in der ganzen Breite“, sagt Stilter. Unweit des Marktplatzes zentral gelegen, können die Klienten auf kurzem Weg auch spontan beim Familiennetz vorbeischauen. „„Alles mit Anmeldung und Kosten geht mit Hürden einher. Deshalb kosten die meisten Angebote bei uns nichts und man kann einfach kommen“, so die Koordinatorin.
Eng verbunden mit den verschiedenen Trägern und Kooperationspartnern in der Stadt, ist es in Werne die Kommune selbst, die die Erstberatungen durchführt, koordiniert und weitervermittelt. Als jüngste Aktion wurden in der Stadt verschiedene Standorte als stillfreundliche Orte eingerichtet, an denen Eltern ihre Kinder in Ruhe füttern und wickeln können. „Das wird schon sehr gut angenommen“, sagt Stilter und sei für viele eine ganz praktische Hilfe.
Eltern-Kind-Ecke im Rathaus
Ein politisches Ehrenamt ist fordernd, erst recht, wenn da kleine Kinder zu Hause sind, die betreut werden müssen. Die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Familie ist entsprechend ein großes Thema, gerade wenn es darum geht, dass auch jüngere Menschen sich politisch engagieren. In Magdeburg hat man nun durch eine räumliche Erneuerung versucht, den Stadträten möglichst praktisch entgegenzukommen. So wurde dort im alten Rathaus ein Eltern-Kind-Zimmer eingerichtet, in dem sich sowohl ein Arbeitsplatz als auch eine kindgerechte Spielecke befinden.
Außerdem bietet das Zimmer eine Beratungsmöglichkeit für bis zu 10 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, wodurch dort auch Besprechungen möglich sind, bei denen Kinder zu betreuen sind. Zudem könne das neue Zimmer auch von Schwangeren als Ruheraum genutzt werden sowie von Müttern, die ungestört stillen möchten. Ergänzend wurden in unmittelbarer Nähe zum Ratssaal Wickelmöglichkeiten geschaffen.
Geld für Kinderbetreuung
Ein Dauerbrenner für arbeitende Eltern ist das Thema Kinderbetreuung. Dabei gilt es nicht nur, einen geeigneten "Babysitter" zu finden, sondern auch, diesen finanzieren zu können, während man etwa einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht. In der Stadt Langen gibt es deshalb seit 2019 eine extra Regelung zur Kostenübernahme für die Kinderbetreuung, wobei die Altersgrenze für betreute Kinder in Sitzungen mittlerweile von sechs auf zehn Jahre angehoben worden ist.
Effiziente Planung und finanzielle Unterstützung
Auch in Tübingen bemüht man sich, die Vereinbarkeit von kommunalpolitischem Ehrenamt mit Familie und Beruf möglichst praxisnah zu fördern und die Arbeitsbelastung der Engagierten zu reduzieren. Ein Ansatz hierzu ist die Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für die Ratsmitglieder. Außerdem erhalten die Fraktionen finanzielle Mittel, um sich für administrative Aufgaben, Recherchen oder die Vorbereitung von Sitzungen professionelle Hilfe zu holen, damit die Ehrenamtlichen ihre Arbeitszeit effizienter gestalten können und ihre hauptberuflichen Verpflichtungen besser mit dem politischen Engagement vereinbaren. Hat ein Gemeinderat besondere Betreuungs- oder Pflegeverpflichtungen, kann er zudem ein dauerhaft erhöhtes Sitzungsgeld beantragen. Neben der finanziellen Unterstützung setzt man in Tübingen zudem auf höhere Effizienz bei den Sitzungen. Wie das funktioniert?
- Beschlussvorlagen sind auf maximal vier Seiten begrenzt, um die Vorbereitungszeit zu verringern.
- Die Fragestunde wurde ans Ende der Sitzungen verlegt, um den Ablauf zu straffen.
- Sachfragen, die bereits in Ausschüssen behandelt wurden, werden im Gemeinderat nur dann erneut diskutiert, wenn neue Aspekte hinzukomme
Das Ziel von alledem: Ein jüngerer und heterogener Stadtrat, in dem die Belange von Familien schon deshalb regelmäßig auf der Tagesordnung stehen, weil die Ratsmitglieder selbst sie kennen.

