Sanierung
Mit diesem Finanzierungsmodell will eine Stadt den Investitionsstau an Schulen beenden
Investitionsstau an Schulen: das neue Finanzierungsmodell
Vor dem Hintergrund einer nur eingeschränkt möglichen Kreditfinanzierung für den Neubau von Schulen und der Sanierung von rettungswürdigen Gebäuden war schnell klar: Mit den bereitstehenden Mitteln ist diese Summe nicht aufzubringen. Eine zusätzliche Kreditaufnahme in der veranschlagten Größenordnung hätte schnell die Kommunalaufsicht auf den Plan gerufen. Der Ausweg: eine Auslagerung.
Finanzdezernent Axel Imholz erläutert: "Unsere zu hundert Prozent kommunale Gesellschaft Wibau errichtet die Gebäude mit Hilfe der Banken und vermietet die Schulen anschließend für 30 Jahre an die Stadt Wiesbaden. Die Vorteile: Mit Hilfe der Stadt als solventen Mieter und in Verbindung mit einer Bürgschaft ist die Finanzierung über die Banken gesichert und die Kredite belasten den kommunalen Haushalt nicht." Allerdings, so der Dezernent, sei das im Moment auch nicht mehr so einfach: "Die Banken haben den Druck auf unsere Gesellschaften mit der Forderung erhöht, eine zehnprozentigen Eigenkapitaleinlage sicherzustellen."
Investitionsstau abbauen? Das wird immer schwieriger
Kaum mehr zu händeln sind die Preisexplosionen in der Baubranche. Imholz rechnet vor: "2019 kostete uns ein neues Gymnasium in Wiesbaden noch 30 Millionen Euro. Aktuell liegen wir für ein vergleichbares Gebäude bei sage und schreibe 70 Millionen Schuld daran sind der gerade leicht abebbende Bauboom, die Lieferengpässe und der Facharbeitermangel. Wenn es überhaupt Angebote auf unsere Ausschreibungen gab, dann nur zu astronomischen Kosten. Unsere Kalkulationen von vor vier Jahren sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie ausgedruckt wurden."
Aber damit nicht genug: Entgegen den Erwartungen ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler - nicht nur durch die Flüchtlinge aus der Ukraine - gestiegen statt gesunken. Zudem muss die Stadt wie alle anderen Kommunen auch bis 2026 eine Ganztagsbetreuung möglich machen. Die Folgen: Schulen müssen erweitert und Mensen eingerichtet werden.
Moderne Schulen unterstützen die Klimaambitionen der Stadt
Klimagerecht und energiesparend Bauen? Das war in den 1960er und 70er Jahren kein Thema. Damals wurde viel gebaut und es wurde schnell gebaut. Axel Imholz erinnert sich an eine alte Wiesbadener Schule, in der kein Loch in die Wand gebohrt werden durfte: "Solange die verbauten Materialien verschlossen blieben, gab es kein Problem. Ein Wandaufbruch ergab eine Schadstoffmessung, dass in dem alten Gebäude massenhaft Asbest verbaut worden war. Eine solche Schule zu sanieren ist kaum möglich. Wir müssen kernsanieren oder abreißen und neu bauen."
Dort, wo gebaut wurde, übertreffen die Gebäude die aktuell gültigen Verordnungen: moderne LED-Beleuchtung, Photovoltaik auf dem Dach, Dachbegrünungen und "grüne Klassenzimmer", Bewegungs- und Spielzonen in den Außenbereichen. Axel Imholz unterstreicht: "Unsere neu errichteten Schulen kommen einem Passivhaus schon sehr nahe und nehmen bereits Vorgriff auf die verschärften Standards, die noch kommen werden."

Finanzen: Es reicht vorne und hinten nicht
So viel in Wiesbaden bereits erreicht wurde, es wird dauern, bis der Investitionsstau aufgelöst ist. "Von 2018 bis 2022 haben wir 70 Millionen Euro investiert plus 20 Millionen Fördermittel vom Land. In der gleichen Zeit haben wir 12 Millionen Euro pro Jahr in Sanierungsmaßnahmen gesteckt. Aber das Geld langt vorne und hinten nicht", erklärt Axel Imholz, der die weitere Entwicklung schon bald nur noch als Bürger verfolgen wird: Nach 34 Jahren in Diensten der Verwaltung tritt er im Herbst 2023 nicht mehr an. Als „Dinosaurier der Stadtverwaltung“, der sich bei Äußerungen wie „Das haben wir doch immer so gemacht“ ertappe, wolle er dann doch nicht enden.

