Nachnutzung
Wie Iserlohn einen Platz ohne neuen Einzelhandel plant
Iserlohn: Mitte soll attraktiver für Fahrradfahrer werden
Ebenso wichtig ist es den Planerinnen und Planern, dass das Quartier einer neuen, klimaneutralen Mobilität Vorschub leistet: Eine große Fahrradstation auf der Ebene des Theodor-Heuss-Ringes soll entstehen. Anna Andress unterstreicht: „Im ländlichen Raum wird das Auto sicherlich noch länger eine wichtige Rolle spielen als in den Großstädten. Aber gerade im innerstädtischen Bereich wollen wir im neuen Schillerplatzquartier Anreize dafür schaffen, dass das Fahrrad deutlicher als Alternative wahrgenommen wird.“ Abgesehen vom Lebensmittelhandel, der seit dem Aus von Karstadt in der Innenstadt kaum mehr vorhanden ist, soll der Handel allerdings außen vor bleiben. „Schon seit mehreren Jahren beobachten wir, dass der stationäre Handel ums Überleben kämpft“, so die Architektin. „Die Corona-Pandemie hat diesen Prozess noch einmal beschleunigt, so dass wir uns davon verabschiedet haben, zusätzlichen Einzelhandel in unsere Planungen miteinzubeziehen, der eine Verlagerung der Leerstände innerhalb der Innenstadt bewirken würde.“
Wir beziehen keinen zusätzlichen Einzelhandel
in unsere Planungen ein.“
In die Planung einbezogen sind die neuesten Erkenntnisse in Bezug auf nachhaltiges und klimaresilientes Bauen. Wo immer es geht, soll der Boden im neuen Quartier nicht versiegelt werden, sondern bei Starkregenereignissen Wasser aufnehmen können. Normaler Regen wird direkt in Richtung Grünflächen abgeleitet. Dachterrassen sollen begrünt und mit PV-Anlagen versehen werden. Ebenso in der Planung: Wärmegewinnung durch Geothermie. Ein zusätzliches Fernwärmenetz wurde bereits verlegt. Beton soll höchstens im untersten Baubereich verwendet werden. Favorisiert werden – etwa für den Anbau des bereits vorhandenen Hotels und die Wohnanlage – eine hybride Holzbauweise oder die Verwendung von langlebigen Natursteinen. Ebenfalls im Fokus: Die Wiederverwendbarkeit der Materialien. Anna Andress stellt klar: „Wir müssen heute Gebäude planen, die 80 bis 100 Jahre ihren Zweck erfüllen. Mit diesem Vorzeigeprojekt wollen wir eine Gebäudezertifizierung für Nachhaltigkeit erreichen, und das geht nur, wenn wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die verwendeten Materialien bei einem späteren Abriss nicht verloren gehen, sondern im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwendet werden können.“

Bergbau-Hinterlassenschaften beseitigen
Planung. Abriss. Neugestaltung. Ganz so einfach ist es in Iserlohn nicht. Die Stadt blickt auf eine lange Bergbau-Tradition zurück. Der Innenstadtbereich rund um den Schillerplatz liegt innerhalb des von Osten nach Westen verlaufenden Massenkalkzugs von Hohenlimburg bis nach Beckum. Schon sehr früh wurde hier über Tage und unter Tage Blei, Kupfer und Eisen abgebaut. Später kam noch Galmei, schwefelfreie Zinkerze, dazu. Erst 1900 endete in dieser Region der Bergbau. Die Folgen sind nicht unerheblich. Es finden sich im Boden Rückstände aus der Erzwäsche und Galmeischlamm. Seit Mai vergangenen Jahres laufen rasterförmig angelegte Bohrungen bis in etwa 50 Meter Tiefe, um auffällige Bereiche zu ermitteln, die vor Baubeginn mit Beton gesichert werden müssen. „Das sind sehr aufwändige Maßnahmen, zumal wir dabei auch darauf achten müssen, dass die Nachbarhäuser nicht beschädigt werden“, erklärt Anna Andress.
Zeitgleich gehen die Vorbereitungen für die Neugestaltung des Schillerplatzes weiter. Ganz besonders im Fokus: die Gewinnung von privaten Investoren. Denn natürlich, sagt Anna Andress, könne die Stadt das Projekt nicht allein stemmen. „Neben städtebaulichen Fördertöpfen, die natürlich – neben einem Eigenanteil der Kommune – auch eine wesentliche Rolle bei der Finanzierung des Projektes spielen, sind wir auf der Suche nach potenziellen Investorinnen und Investoren.“
Workshops mit Bürgern und Bürgerinnen
Schon seit Beginn der Planungsphase mit im Boot: die Bürger und Bürgerinnen. Immerhin kommen auf die Bewohner einige Jahre zu, in denen Lärm und Staubbelästigung zum Alltag gehören werden. „Wir hatten früh den Eindruck, dass die Bürgerschaft sich sehr für das Projekt interessiert und – so wie wir in der Kommunalverwaltung – eine große Chance darin sieht, dass die Neugestaltung des Schillerplatz-Areals ihre Stadt deutlich aufwerten wird“, sagt die Architektin und verweist auf die rege Beteiligung an Workshops und anderen Formaten für Öffentlichkeitsbeteiligung. Wünsche der Bürgerinnen und Bürger sollen, wo immer möglich, berücksichtigt werden. So wurde zum Beispiel der Brunnen auf dem Schillerplatz – ein altes Wahrzeichen – in die Planungen mit einbezogen.