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  3. Wie Kommunen mit digitalen Werkzeugen Leerstand in den Griff bekommen
Um Brachflächen und leerstehende Immobilien wieder nutzbar zu machen, müssen sie zunächst erfasst werden.
Gerade in ländlichen Regionen sind Leerstände eine Herausforderung. Mithilfe digitaler Werkzeuge lassen sie sich erfassen und wieder vermitteln.
© 123rf.com/profile_thekaikoro

Nachhaltiges Flächenmanagement

Wie Kommunen mit digitalen Werkzeugen Leerstand in den Griff bekommen

von Monique Opetz
Freie Journalistin
5. Dezember 2024
Um Brachflächen und leerstehende Immobilien wieder nutzbar zu machen, müssen sie zunächst erfasst werden. Wie das mit digitalen Werkzeugen funktioniert, zeigen Projekte der bayerischen Landkreise Cham und Berchtesgadener Land. Sie haben Leerstand-Tools für ein nachhaltiges Siedlungsmanagement entwickelt.

Bevor Barbara Platschka, Flächen- und Immobilienlotsin bei der Berchtesgadener Land Wirtschaftsservice GmbH, auf leerstehende Gewerberäume und ungenutzte Flächen zu sprechen kommt, erzählt sie vom Wirtschaftsleitbild in ihrem Landkreis. Das, so sagt sie, sei die Grundlage dafür, wie die 15 beteiligten Kommunen mit leeren Immobilien oder brachliegenden Flächen vorgehen. „Wir wollen möglichst ressourcenschonend mit Flächen umgehen“, sagt sie. Deshalb hätte eine Nachverdichtung immer Priorität, bevor ein neues Grundstück ausgewiesen werde.

Online-Plattform erleichtert Suche nach Gewerbeflächen und Immobilien

Gewerbeflächen zu finden, ist seit Beginn dieses Jahres im Landkreis Berchtesgadener Land über eine zentrale Online-Plattform möglich. Das sogenannte Standortportal soll die Suche nach Gewerbeflächen und Immobilien erleichtern. Gleichzeitig bietet es Immobilienbesitzern die Möglichkeit, ihre Fläche oder Gebäude zu vermieten oder zu verkaufen. Das Portal ist für jeden zugänglich und kostenlos.

33 Gewerbe-Immobilien sind aktuell dort aufgelistet. Eine Landkarte bietet für den Besucher einen Überblick, wo sich die freien Lager-, Büro,- oder Gewerbeflächen befinden. Auch Ladengeschäfte und Praxisräume sind im Angebot. Klickt man auf einen der blauen Punkte auf der Karte erscheinen Fotos, Grundrisse, Preise und der Kontakt zum Vermieter.

Leerstand-Tool Standortportal Berchtesgadener Land
Praktisch: Online leerstehende Gewerbeflächen finden und melden.

Mühsam: Analog Daten sammeln

Entstanden ist die Plattform im Rahmen des Projektes „Flächensparen und nachhaltiges Flächenmanagement“ – gefördert vom Regionalmanagement Bayern. Auf dem Weg dorthin waren das Landratsamt, verschiedene Akteure des Bauamtes, die Kommunen und Unternehmen eingebunden. Je mehr Leerstände erfasst oder gemeldet werden, desto umfangreicher wird die Datenbank gefüllt sein. Die Flächen- und Immobilienlotsin berichtet von Bad Reichenhall: „Dort haben wir zahlreiche Leerstände in der Innenstadt erfasst – und auch schon ein kleines Ladenlokal erfolgreich weitervermittelt.“

Welche Immobilien leer stehen oder welche Flächen gewerblich genutzt werden könnten, erfasst das Projektteam zum Teil analog. Das sind Begehungen vor Ort oder Anrufe bei Eigentümern, wenn „Zu vermieten“-Schilder im Schaufenster stehen. Alternativ können Immobilienbesitzer die Plattform eigenständig befüllen, indem sie ihre Angebote beschreiben und veröffentlichen.

Projekt weiter bekannt machen

Damit das Standortportal noch bekannter wird, stellen Platschka und ihr Team es nach und nach allen Stadt- und Gemeinderäten vor. Sie sollen es als Multiplikatoren zu den Bürgerinnen und Bürgern oder den Unternehmen tragen. Auch über verschiedene Social-Media-Kanäle versucht das Projektteam Immobilieneigentümer erreichen. „Denn wir können ja nicht den gesamten Landkreis abgehen“, sagt Platschka. Die Leerstandsdatenbank lebe davon, aktiv befüllt zu werden.

Geoinformationssystem sorgt für Automatisierung

Komfortabler ist die Lösung des Landkreises Cham. Er nutzt ein interkommunales geografisches Informationssystem (GIS) für sein Leerstandsmanagement-Tool, das Leerstandsdaten digital erfasst, speichert und analysiert. „Der Landkreis hat das Potenzial von GIS bereits vor vielen Jahren erkannt und in Geoinformationssysteme investiert“, berichtet Dr. Markus Lemberger, Regionalmanager im Landkreis Cham. Im Verbund haben sämtliche Kommunen Zugriff auf diese Dienstleistung; sie zahlen eine GIS-Umlage. „Es kann beispielsweise für die Bauleit- oder Flächennutzungsplanung eingesetzt werden“, so Lemberger.

Das Leerstandsmanagement-Tool kombiniert Daten aus der interaktiven Landkarte des GIS mit Angaben des Einwohnermeldeamtes. „Im Grunde geht es darum, zu schauen, wo sich Häuser befinden, die nicht mehr mit Einwohnermeldedaten besetzt sind“, erklärt Lemberger. Für jede Adresse im Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystem im Landkreis wird überprüft, ob es Einträge in anonymisierten Einwohnermeldedaten, Gewerbeanmeldungen oder der Tourismusdatenbank gibt. Falls nicht, wird die Adresse als Leerstand weiterverarbeitet.

2600 leere Einfamilienhäuser erfasst

Dafür hätten die Gemeinden einen Workflow aufgebaut, der relativ wenig aufwendig sei, berichtet Lemberger. Auf Basis der Daten aus dem Leerstandsmanagement-Tool erhalten die Gemeinden Listen mit den automatisiert ermittelten Leerständen. Ein Außendienstmitarbeiter macht schließlich Fotos von den Gebäuden und den Bauzuständen, damit diese Informationen am Ende über das Online-Tool abrufbar sind. „Wir sparen so 60 Prozent Aufwand“, erzählt Lemberger begeistert.

Spannend sei die Brisanz des Themas, wenn tatsächlich sämtliche Daten erhoben sind. „Wir sind ein Landkreis mit nur 130.000 Einwohnern und rund 50.000 Gebäuden, überwiegend Einfamilienhäuser“, berichtet Lemberger. 2600 leerstehende Einfamilienhäuser seien erfasst und strategisch nochmal die gleiche Summe an Häusern, die unter Umständen bald leer stehen, weil nur eine Person über 75 Jahren darin lebt.

Nachhaltiges Siedlungsmanagement hilft, Wohnraum zu finden

Lemberger findet es wichtig, dass leerstehende Häuser oder Baulücken öffentlich einsehbar sind. Nur so könne ein nachhaltiges Siedlungsmanagement gelingen – und Wohnraum wieder oder weiter genutzt werden. Zukünftig sollen Flächen auch hinsichtlich des Klimawandels bewertet werden. „Diese Randbedingungen können wir automatisiert über unsere Bestandsdaten generieren“, so Lemberger. Dann könnten Interessierte über das Tool auch herausfinden, wo es Freiflächen für Windkraft oder Hitze-Hotspots in einem städtischen Umfeld gibt.

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