Bauplanung
Sanierungs-Sprint – in 22 Tagen zur Doppelhaushälfte
Sanierungssprint – ausgeklügelte Methode
Entwickelt wurde das Sanierungssprint-Verfahren von einem Bauingenieur. An welchen Stellschrauben im Prozess kann noch gedreht werden, damit eine Sanierung so schnell und reibungslos wie möglich abläuft – das ist die Ausgangsfrage, mit der er bei seiner Methode auf Baustellenabläufe blickt. Dabei wird für jedes Bauprojekt detailgenau analysiert und stundengenau ausgerechnet, wann welche Gewerke anwesend sind, wann welche Teile geliefert und wo diese gelagert werden.
„Bei dem Sanierungssprint-Verfahren geht es um eine umfassende Optimierung des Bauprozesses, wobei auch die gesamten Logistikprozesse integriert sind“, erklärt Ute Czylwik, die bei der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF e.V.) den Bereich „Energieeffizienz in Gebäuden“ leitet und das Hamburger Projekt begleitet hat. So würden klassische Methoden der Zeit- und Prozessoptimierung auf den Sanierungsprozess angewandt. „Die Methoden selbst sind an sich nicht innovativ, aber sie wurden in dieser Form bislang noch nicht bei Bauprozessen eingesetzt“, sagt Czylwik. Das Ergebnis ist ein extrem detaillierter Bauzeitenplan, bei dem alle Rädchen ineinander greifen, so wenig Wartezeiten wie möglich entstehen und die verschiedenen Gewerke parallel auf der Baustelle arbeiten können.

Für mehr Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz
Als Unternehmensinitiative beschäftigt sich die DENEFF mit energieeffizienten Lösungen und hat das Pilotprojekt wesentlich mit ermöglicht. Schließlich führt die deutlich schnellere Sanierung von alten Häusern auch zu einer schnelleren Steigerung der Energieeffizienz, wie Czylwik sagt. „Wenn die Handwerker mehr Baustellen in kürzerer Zeit schaffen würden, wäre auch die Energiewende schneller umsetzbar“, so die Bereichsleiterin. Aktuell käme es auf Baustellen häufig zu Wartezeiten, die für alle Parteien mühsam seien und in Folge weitere Verzögerungen nach sich bringen. Der Sanierungssprint arbeitet hier gezielt dagegen.
Außergewöhnliche Arbeitsatmosphäre bei Pilotprojekt
Ute Czylwik hat den Bauprozess in Hamburg intensiv verfolgt und war gleichermaßen beeindruckt von dem reibungslosen Ablauf vor Ort und dem rasanten Baufortschritt. „An einem Tag sind wir mittags zur Baustelle gekommen und in den paar Stunden, die wir dort waren, ist wahnsinnig viel passiert. Außerdem herrschte eine sehr gute Atmosphäre auf der Baustelle und waren die Mitarbeiter aller beteiligten Betriebe hoch motiviert beim Pilotprojekt im Einsatz“, so Czylwik.
Um den engmaschigen Plan des Sanierungssprints zu erfüllen, haben die insgesamt 60 Handwerker im Zwei-Schichten-Betrieb gearbeitet und in den 22 Tagen eine Komplettsanierung erreicht. Wärmepumpe und PV-Dach wurden installiert, Dämmung in Dach und Fassade angebracht und die Fenster ausgetauscht, außerdem wurde die komplette Haustechnik modernisiert, drei neue Bäder eingebaut und neuer Wohnraum im Dachgeschoss geschaffen. Zur Kontrolle der Baustelle war der Ingenieur selbst fast durchgehend vor Ort – laut Czylwik eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung des anspruchsvollen Zeitplans. „Es hat sich klar gezeigt: Es braucht einen Kümmerer vor Ort, der schaut, ob alles nach Plan läuft“, so die Bereichsleiterin.

Größere Vorarbeit für schnellere Sanierung
Damit der Sanierungssprint tatsächlich funktioniert, ist im Moment noch eine größere Planungsphase im Vorfeld nötig als dies bei üblichen Baustellen der Fall ist. „Gerade bei den Pilotprojekten war die detaillierte Vorplanung noch relativ aufwendig. Das wird aber mit jedem weiteren Gebäude weniger werden“, sagt Czylwik. Aus Sicht der DENEFF-Mitarbeiterin ist mit Abschluss des Hamburger Projekts der Beweis erbracht, dass der Sanierungssprint tatsächlich in der Praxis funktioniert. Noch stehen die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation durch die Universität Stuttgart aus, doch schon jetzt zeichne sich ab, dass der Sprint „nicht nur zu einem Zeitgewinn, sondern auch zu einem Kostengewinn für die Bauleute geführt hat“.
Sanierungssprint-Verfahren für kommunale Typenbauten geeignet
Bislang standen beim Sanierungssprint ausschließlich Ein- und Zweifamilienhäuser aus den 50er und 60er Jahren im Fokus, für die der Ingenieur Musterbaupläne entwickelt hat. Für die nächsten Jahre ist nach Einschätzung von Czylwik aber durchaus eine Ausweitung des Ansatzes auch auf andere Gebäudetypen realistisch. „Man muss nun sehen, wie man dieses spannende Verfahren in die Baubranche einführen und in der Breite anwenden kann“, so Czylwik. Für den Einsatz in Kommunen ist der Sanierungssprint aus Sicht der DENEFF-Vertreterin nur zum Teil geeignet, da er sich auf bestimmten Typologien von Häusern konzentriert und kommunale Gebäude meist sehr unterschiedlich und individuell seien.
Für Wohnungsbaugesellschaften, die Typenbauten betreuen, könne das Sprint-Verfahren in absehbarer Zeit aber sehr wohl interessant sein, etwa wenn es um die Sanierung von vergleichbaren Wohneinheiten gehe. Unabhängig vom Bautyp habe sich bei den Pilotprojekten deutlich gezeigt, wie wichtig neben dem präsenten Bauleiter funktionierende regionale Netzwerke sind. Was die zeitliche Dimension anbelangt, sind die rund drei Wochen für eine Komplettsanierung freilich der absolut beste Fall. So sagt Czylwik: „Es braucht natürlich immer noch einen Puffer für Eventualitäten. Aber auch ein Monat oder sechs Wochen wären schon irre schnell“.

