Bauplanung
Schlau vor dem Bau! - Aktion kommt gut an!
Bausünden von einst verhindern unkomplizierten Umbau
Beim Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Gifhorn steht das Thema barrierearmes Wohnen regelmäßig auf der Tagesordnung. Schließlich dient der Stützpunkt auch Senioren als Anlaufstelle, die noch eigenständig zuhause wohnen, allerdings zunehmend über mögliche Umbauten nachdenken, um auch im höheren Alter und bei eingeschränkter Mobilität in ihrem Zuhause wohnen zu bleiben. „Unsere ehrenamtlichen Wohnberater machen hierzu Hausbesuche und beraten die Menschen. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass es Bausünden gibt, die einen unkomplizierten Umbau verhindern“, sagt Anne Klung, Mitarbeiterin beim Senioren- und Pflegestützpunkt.
Hoher finanzieller und organisatorischer Aufwand
In der Praxis bedeutet das laut Klung, dass ein potentieller Umbau zu einer zumindest barrierearmen Wohneinheit meist baulich extrem aufwändig und entsprechend teuer sei. „Die alten Leute sind damit meist überfordert – sowohl organisatorisch als auch finanziell. Mit Anfang 80 nochmal so viel Geld in die Hand zu nehmen, schreckt viele ab, außerdem gibt es dann so viel zu managen, Kostenvoranschläge einzuholen, Handwerker zu koordinieren… Das schaffen viele in diesem Alter nicht mehr“, so Klung. Die Folge: Statt einem grundlegenden Umbau werden Minimallösungen in Kauf genommen, oder aber die Menschen müssen mittelfristig ihr Zuhause verlassen.
Flexibilität durch vorausschauende Planung
„Hätte man in der Bauplanung schon voraus gedacht, gäbe es heute keine so großen Probleme“ – das war eine zentrale Erkenntnis der Wohnberater bei ihrer Arbeit. Dabei geht es gar nicht darum, heute entstehende Neubauten von Vornherein komplett barrierefrei zu planen, wie Klung betont. Vielmehr solle das Ziel sein, ein bauliches Potential zu schaffen, so dass der Wohnraum je nach Bedarf mit wenig Aufwand angepasst werden könne. Gibt es zum Beispiel ein ebenerdiges Arbeitszimmer, aus dem man gegebenenfalls auch einen Wohnraum machen kann? Ist im Erdgeschoss ein barrierefrei zugängliches Bad planbar? Wo könnten später einmal Türen Sinn machen und lohnt es sich, jetzt schon einen Türstock einzuplanen? Durch welche Wände sollten keine Leitungen verlegt werden und wo sollten Zwischenwände besser im Leicht- als im Massivbau erstellt werden? All dies seien Fragen, die vor Beginn des Baus Sinn machen.
Bewusstsein für flexibles Bauen schaffen
Laut Klung zeige sich oft: „Es wäre sehr schlau gewesen, bei der Bauplanung gleich eine mögliche andere Nutzung mitzudenken. Das heißt nicht, dass man gleich alles so bauen muss – nur vorbereiten sollte man es“. Die Voraussetzung dafür ist ein Bewusstsein bei den Bauherren. Hier setzt das Programm „Schlau vor dem Bau!“ an, das sich laut Klung an Privatmenschen richtet, die mit dem Gedanken spielen, zu bauen. Um spätere Umbauten deutlich unkomplizierter und günstiger zu machen, soll den Bauherren im Rahmen der Aktion eine Art Checkliste mit an die Hand gegeben werden. „Wir möchten den Menschen dabei helfen, vorausschauend zu bauen“, sagt Klung. Schließlich gebe es ja nicht nur altersbedingte Einschränkungen, sondern auch andere Lebensveränderungen, bei denen man baulich reagieren müsse – deshalb solle der Wohnraum im besten Falle möglichst flexibel umgestaltbar sein. Finanziert wird das Projekt ebenso wie die Arbeit des Seniorenstützpunktes und die Wohnberatung über Zuwendungen durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.

Karten als Denkanstöße
Kernstücke der Aktion sind bunte Postkarten in verschiedenen Designs. „Stufenlos glücklich“ heißt es etwa auf der Vorderseite, oder „My home is my castle – also for my older self“. Auf der Rückseite findet sich ein QR-Code, der zu einer detaillierten Checkliste führt, die gemeinsam mit fachkundigen Ehrenamtlichen erstellt wurde. Damit können die einzelnen Wohnbereiche jeweils mit konkreten Fragen abgearbeitet werden, darunter zum Beispiel:
- Ist eine flexible Aufteilung des Wohnraumes möglich?
- Sind alle Türen breit genug?
- Kann bei Bedarf die Treppe mit einer Rampe überwunden werden?
- Befindet sich eine Duschmöglichkeit im Erdgeschoss?
„All diese Fragen sind dann relevant, wenn ich in die Planung gehe und sollen Denkanstöße sein“, sagt Klung. Für die Umsetzung und Einbindung in der Planung brauche es dann freilich die Fachkompetenz von einem Architekten. Ergänzend findet sich auf den Karten jeweils eine „clevere Ecke“ – ein kleines Viereck zum Ausschneiden, das durch eine Bauzeichnung geschoben werden kann und jenen Platz symbolisiert, den etwa ein Kinderwagen oder Rollator braucht.
Komfortabel wohnen bis ins hohe Alter
Im Mai wurde die Aktion erstmals im Landkreis vorgestellt, nun liegen die Karten in allen Landkreis-Institutionen sowie an Orten auf, an denen sich junge Menschen regelmäßig aufhalten. Ergänzend wird die Aktion via die sozialen Medien und die Presse verbreitet und ist die Checkliste auch ohne Karten online für jeden zugänglich. „Wir hoffen, wir können möglichste viele Menschen vor dem Hausbau mit unserer Aktion erreichen“, sagt Klung, wobei das Ziel von „Schlau vor dem Bau!“ letztlich sei, dass schon jetzt möglichst viele ihr Zuhause so bauen, dass sie bis ins hohe Alter problemlos dort leben können. Schließlich sei kaum etwas ärgerlicher, als nach dem Bau zu merken: „Mensch, hätte ich das vorher gewusst“.
Hier geht es zur Wohnberatung und zur Checkliste!

