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So retten wir die Schwimmbäder
Schwimmbad soll geschlossen werden
Der Hintergrund des Aufruhrs: Seit über zwei Jahrzehnten schon ist das 2001 im Süden der Stadt erbaute Schwimmbad Bulabana gern besuchter Sport- und Freizeitort von Schulklassen, Sportvereinen, Familien und Hotelgästen des nahegelegenen Sporthotels. Durchgängig geöffnet und mit einer Saunalandschaft ergänzt, wird in dem Hallenbad auch regelmäßig der Schwimmunterricht von 17 Schulen aus Naumburg und der Umgebung abgehalten und so ist das Bad für Naumburg eine „wichtige Daseinsvorsorge, außerdem ein Wirtschaftsfaktor und ein Stück Lebensqualität“, wie Müller feststellt.
Die Finanzierung schien lange Zeit über stabil: Jährlich wurde das Schwimmbad mit rund einer Million Euro durch die Technischen Werke Naumburg gestützt, die ihre Gewinne an die defizitären Bäderbetriebe abgeführt hat. Dann aber gerieten die Stadtwerke aufgrund der Energiekrise und explodierender Preise in eine finanzielle Schieflage, wie Müller berichtet. Die Folge: Mit einem Male war eine Gewinnabgabe nicht mehr möglich und die Finanzierung der Betriebs- und Instandhaltungs-Kosten des Schwimmbads nicht mehr gesichert.
Schließung des Schwimmbads abgewendet
Nachdem auch die Suche nach einem privaten Investor erfolglos blieb, schien eine Schließung des Bades ab 1. April 2023 unausweichlich. Dass diese nun vorerst abgewendet wurde, hat auch mit den Reaktionen der Bürger zu tun. „Es stand wirklich Spitz auf Knopf“, sagt Müller, und nachdem der Aufschrei derart laut war, habe man sich im Rat dazu entschieden, das Bad bis Ende des Jahres offen zu halten und den Betrieb von März bis Dezember mit über 900.000 Euro aus dem Nachtragshaushalt zu finanzieren. Außerdem wurden die Eintrittspreise um circa 25 Prozent erhöht. Wie es aber ab Ende 2023 weitergeht, ist noch völlig offen.
Um besser kalkulieren zu können, läuft aktuell die Ausschreibung einer Machtbarkeitsstudie zur Sanierung des Bades. Als Ergebnis verspricht sich Müller einen Überblick, wie hoch der Instandhaltungs- und Sanierungs-Rückstau ist und wie man diesen mit Hilfe von Förderungen eventuell stemmen könnte. Um das Bad langfristig weiterführen zu können, ist es aus Sicht von Müller zwingend, „deutlich von den Energiekosten runter zu kommen und ein energetisch weitgehend autarkes Bad zu bauen“.
Konzept zu Schwimmbädern in Auftrag gegeben
Auch in Vellmar ist die Situation der kommunalen Bäder angespannt. Gleich zwei Bäder an verschiedenen Standorten gibt es in dem 20.000-Einwohner-Ort. „Das macht es komplizierter“, stellt Bürgermeister Manfred Ludewig fest. Vom 50-Millionen-Haushalt der Stadt fließen jährlich rund 1 Million in die Bäder. Dabei kommt der größte Teil dem Hallenbad aus den 70er-Jahren zu, das laut Ludewig aktuell zwar geöffnet und benutzbar ist, mittelfristig aber mit einer Investition von sechs bis acht Millionen Euro zukunftsfähig gemacht werden müsste. Auch beim Freibad, erbaut in den 50er-Jahren, ist Sanierung dringend notwendig. „Die Kosten sind es auf jeden Fall wert, unsere Kinder müssen ja schwimmen lernen können“, sagt Ludewig, und für die Region sei es wichtig, ein Bade- und Freizeitangebot aufrecht zu erhalten.
Ob langfristig allerdings beide Bäder erhalten bleiben können, ist offen. Klarheit bringen soll ein Konzept für die Bäderlandschaft in Vellmar, das aktuell von einem Ingenieurbüro erstellt und Ende des Jahres in der Stadtverordnetenversammlung diskutiert werden wird.
Ziel: Kommunale Schwimmbäder erhalten
Wie können die kommunalen Bäder erhalten bleiben? Das war auch die Frage im Main-Kinzig-Kreis, wo eine besondere Antwort hierauf gefunden wurde. „Der Erhalt von Bädern ist für die Kommunen immer mehr eine enorme Kraftanstrengung und wir verfolgen die Entwicklung mit großer Sorge“, sagt Landrat Thomas Stolz. Um all jene Kommunen zu unterstützen, die Bäder betreiben, hat der Landkreis auf mehrerlei Weise reagiert.
Der stärkste Hebel: Mit sofortiger Wirkung wurden die Zuschüsse für den Schulsport erhöht und während die Kommunen bislang 2,20 Euro pro Schüler und Schwimmstunde erhielten, bekommen sie nun 11,40 pro Schüler und Schwimmeinheit. Insgesamt bedeutet das eine Erhöhung der Zuschüsse von 400.000 Euro auf nun 2,5 Millionen Euro, wobei das Geld aus der Schulumlage kommt und nach Solidarprinzip verteilt wird, wie der Landrat sagt. „Dadurch wollen wir einen Ausgleich herbeiführen für die großen Defizite bei den Hallenbädern“, sagt Stolz. „Wir wollen mithelfen, damit das Bädersterben nicht weiter um sich greift und über den Schulsport dauerhaft die Kommunen unterstützen.“
Auch von den davon nicht betroffenen Kommunen wurde dieser Ansatz bislang positiv aufgenommen. „Die anderen Kommunen verstehen das und es gibt hier keine Widerstände“, sagt Stolz. Schließlich würden ja auch die Schüler von dort zum Schwimmunterricht ins Bad der Nachbarkommune fahren.

Bau- und Sanierungskosten massiv gestiegen
So herausfordernd sich der Erhalt von kommunalen Schwimmbädern auch darstellt – insgesamt ist durchaus Optimismus angebracht, findet Christian Mankel, der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“, bewertet Mankel die aktuelle Situation und während es noch vor einem Jahr viel Schwarzmalerei gegeben habe angesichts drohender Blackouts, sei die Branche mit erfolgreichen Einsparmaßnahmen bislang besser durch die Krise gekommen als gedacht. Gleichwohl sei die Kostensteigerung im Baubereich tatsächlich sehr belastend.
So sagt Mankel: „Die Bau- und Sanierungskosten sind deutlich teurer geworden und bei aktuellen Kostenvoranschlägen muss man als Kommune unserer Erfahrung nach immer nochmal 20 Prozent draufschlagen, um gewappnet zu sein.“ Fast noch drängender als die steigenden Kosten ist nach Erfahrung von Mankel aber der Personalmangel. „In vielen Bädern ist das der größte Engpass und wird immer noch akuter.“ Dies sei auch eine Spätfolge der Corona-Zeit, seit der viele Saisonkräfte nicht mehr zurückgekommen sind.
Tipps für den Erhalt der Schwimmbäder
Was also können Kommunen tun, um trotz der angespannten Lage für den Erhalt der Bäder zu sorgen? Für Mankel liegt eine Lösung in der Professionalisierung, sowohl bei der Budgetkalkulation als auch beim Personal. So könne es durchaus ein Erfolgsmodell sein, Bäderstandorte gemeinsam zu betreiben und bewähre sich nicht selten die Organisation von mehreren Bädern als ServiceGmbH. „Das entlastet die Kommunen und kann sehr helfen.“ Jenseits der Organisationsform aber ist laut Mankel nicht zu überschätzen, wie wichtig die politische Bekenntnis zum örtlichen Bad ist. Das unterstreichen auch die Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung der KfW aus dem Sommer 2022, nach der über 80 Prozent der Menschen in Deutschland Bäder für unverzichtbar halten. „Diese Zahl sollte man als Bürgermeister im Kopf haben“, findet Mankel.

