Programm
Wie eine Stadt mentale Gesundheit fördert
Mental Health City gegen Zermürbung und Spannungen in der Pandemie
In der Hochphase der Pandemie tagten in Saarbrücken regelmäßig die verschiedenen Krisenstäbe und besprachen die aktuellen Problemlagen. Immer öfter wurde dabei auch die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung zum Thema. „Wir haben gerade mit Blick auf die Dauer der Pandemie zunehmend eine Zermürbung festgestellt bei den Menschen, eine Corona-Müdigkeit und auch wachsende gesellschaftliche Spannungen“, bemerkbar auch durch die Zunahme der Corona-Demonstrationen, wie Oberbürgermeister Uwe Conradt erzählt. Viele Menschen seien damals in einer schwierigen mentalen Verfassung gewesen, wobei die Gründe dafür vielfältig waren: „Da war natürlich der Mangel an sozialen Kontakten, da gab es viele wirtschaftliche Probleme und hatten manche auch große Angst vor einer Erkrankung – und all das hat sich über eine längeren Zeitraum aufgestaut“, so der Oberbürgermeister. Auch die konkreten Zahlen haben die Problematik aufgezeigt: so gab es damals laut Conradt einen hohen Krankenstand in der Verwaltung, der nicht alleine auf Covid-19-Fälle zurückzuführen war.

Positive Impulse durch die Stadt
Ob in der Verwaltung, der Stadt oder im Regionalverband: immer haben sich die Krisenstäbe in Saarbrücken bereichsübergreifend auch mit Themen beschäftigt, die über die formalen Fragen hinaus die Stadtverwaltung und die Stadtgesellschaft betrafen, erzählt Conradt. Letztlich sei es dabei auch darum gegangen, einsatzfähig zu bleiben – im ganzheitlichen Sinne. „Wir haben uns immer wieder gefragt: Was ist momentan los, wie ist die Stimmungslage in der Bevölkerung und wie können wir als Stadt hier etwas tun und gegensteuern?“, so der Oberbürgermeister.
Initiative „Mental Health City“
Angesichts der angespannten Gesamtgemengelage entstand die Idee zu einer Gesundheitskampagne der Stadt, die speziell die mentale Gesundheit ins Zentrum stellt. Angeregt wurde die Stadt hierzu auch durch die Empfehlungen der WHO. „Mental Health City – gemeinsam durch und stärker aus der Krise“ lautete schließlich der Slogan, unter dem eine Reihe von Angeboten und Veranstaltungen präsentiert wurden, die sowohl die Mitarbeiter als auch die Bürger der Stadt erreichen sollten. Begleitet wurde das Projekt von umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit. „Wir haben damals erkannt: Es fehlt an Impulsen und an positiven Perspektiven in dieser so schwierigen Zeit“, so Conradt. Deshalb wollte die Kommune „Angebote für all die Menschen schaffen, die unter der Pandemie leiden – etwa weil sie im Homeoffice saßen, weniger Menschen treffen konnten oder mit Kurzarbeit zu kämpfen hatten.“
Selbsthilfe, Unterstützung und neue Perspektiven
Startpunkt der Kampagne war eine „Woche des Glücks“, gefolgt von einer Reihe an mal einmaligen, mal regelmäßigen, mal analog, mal digital angebotenen Veranstaltungen und Kursen. Der erste Ansatz war dabei jener der Hilfe zur Selbsthilfe – also mögliche Antworten auf die Frage „Was kann ich selbst tun, wie kann ich dafür sorgen, dass es mir gut geht, auch dann, wenn der nächste Lockdown kommt?“, erzählt Conradt. Außerdem wurden verschiedene angeleitete Angebote geschaffen, darunter etwa Yoga- oder Qui Gong-Kurse, die teilweise auch von städtischen Partnern durchgeführt wurden. Ablenkung und neue Perspektiven wurden den Teilnehmern zudem durch Veranstaltungen geboten, die sich Themen jenseits der Pandemie gewidmet haben. „Wir wollten endlich auch mal wieder über etwas anderes reden als nur über Corona“, so Conradt, und entsprechend habe man zum Beispiel über die Zukunft der Stadt, den Klimawandel oder das große Feld „Wohnen und Arbeiten in Saarbrücken“ diskutiert. Außerdem wurde unter dem Titel „Zeit schenken“ eine intensive genutzte digitale Plattform geschaffen, auf der Bürger Hilfsangebote und –gesuche eintragen können.

Angebote für Mitarbeiter und Bevölkerung
Für die Durchführung der verschiedenen Angebote hat die Stadt mit verschiedenen kommunalen Partnern zusammengearbeitet. Die Organisation lief über die Stadtverwaltung, wo verschiedene Mitarbeiter speziell mit dieser Aufgabe beauftragt wurden; die Finanzierung wurde im Rahmen des vorhandenen Budgets umgesetzt, wie Conradt sagt. Dabei umfasste das „Mental Health City“-Programm sowohl interne via das Intranet kommunizierte Angebote für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung als auch ein vielseitiges Angebot für die Bevölkerung, das über eine eigens geschaffene Unterseite der Stadt-Website eingesehen werden kann.

Positiv aufgenommen
Die Initiative in der Krise wurde von allen Nutzern ausgesprochen positiv aufgenommen, wie Conradt berichtet. „Das Feedback war sehr gut und die Nachfrage so stark, dass in vielen Bereichen Zusatzangebote geschaffen werden mussten“, so der Oberbürgermeister. Für die Menschen in Saarbrücken sei es nach der langen Phase der Pandemie sehr wichtig gewesen zu merken: „Wir kümmern uns und sie sind nicht alleine“. Auch viele Mitarbeiter der Kommunalverwaltung nutzen bis heute Angebote wie „Yoga in der Mittagspause“ oder eine „Rückenschulung am Arbeitsplatz“. „Sie schätzen es sehr, nicht nur als Arbeitskräfte, sondern als Menschen am Arbeitsplatz wahrgenommen zu werden“, so Conradt, und etliche Angebote würden konstant weiterlaufen und dankbar angenommen werden.
Initiative läuft erfolgreich weiter
Die ursprünglich angesichts der Pandemie ins Leben gerufene Initiative läuft in Saarbrücken beständig weiter. So werden die Angebote sowohl seitens der Mitarbeiter wie der Bürger kontinuierlich genutzt und verzeichnete die Website seit ihrem Start mehr als 20.000 Aufrufe. Zwar gebe es keine detaillierten wissenschaftlichen Auswertungen und begleitende Studien, die Corona-Proteste aber seien in Saarbrücken „vergleichsweise moderat“ ausgefallen und das Stimmungsbild insgesamt habe sich laut Conradt aber deutlich gebessert – womöglich auch dank der Kampagne. „Ich habe das Gefühl, dass wir es über viel Kommunikation und die Angebote im Rahmen der Kampagne geschafft haben, die Menschen in Saarbrücken zu erreichen und mitzunehmen.“ Jetzt gebe es in der Stadt ein Fundament, auf das man jederzeit aufbauen könne, wenn die nächste Krise kommt. „Uns war immer klar: Wir müssen zusammenbleiben und können nur gemeinsam durch diese Krise gehen“, so Conradt.
