Prävention
Sucht vorbeugen: Was Kommunen tun können
Drogen-Prävention in Vereinen
Um auf die Gefahren von Drogenkonsum aufmerksam zu machen, hat die Stadt versucht, an möglichst vielen Stellen langfristig wirksame Projekte zu installieren. Ein zentraler Ort sind die Schulen, an denen mindestens einmal im Jahr ein suchtpräventives Angebot für die Kinder aller Klassenstufen stattfindet. Als weitere „Schlüsselstelle“ haben sich laut Klaiber die örtlichen Vereine erwiesen. Der Koordinierungskreis entwickelte das „JugendschutzPlus Siegel“ - eine Zertifizierung, für die sich die Vereine gezielt bewerben können. „Gerade Vereine, die intensiv in der Jugendarbeit aktiv sind, entwickelten jeweils eigene Präventions- und Schutzkonzepte und schulten ihre Leiter entsprechend.“

Alkohol nur an über 18-Jährige mit zuvor ausgeteiltem Armband
Um das Problem des Alkohol-Ausschanks an Jugendliche auf Veranstaltungen in den Griff zu bekommen, werden in Pfullendorf bei verschiedenen Festen zudem sogenannte „Fair-Fest-Regeln“ angewandt. Diese bedeuten konkret: Alkohol wird nur an über 18-Jährige ausgeschenkt, die vorher ein besonderes Armband erhalten haben. Eine öffentlichkeitswirksame Aktion waren außerdem Alkohol-Testeinkäufe in Lebensmittelgeschäften, bei denen mehrere Verstöße festgestellt werden konnten. 2020 wurde die Gemeinde beim Wettbewerb „Kommunale Suchtprävention“ für ihr Gesamtkonzept zur Suchtprävention ausgezeichnet. Es wirkt laut Klaiber bis heute. „Das Thema ist bei der Bevölkerung angekommen“, sagt der Hauptamtsleiter.
Alkohol wird bei Festen nur an über 18-Jährige mit zuvor verteiltem Armband ausgeschenkt.“
Was ist am effektivsten, um die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu fördern? Das ist die Ausgangsfrage der Studie „Gesunde Kommune – Gesundes Aufwachsen“ der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universität Hildesheim. Dazu wurden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus über 50 Kommunen in mehreren Bundesländern interviewt, aber auch Schüler und Schülerinnen der Kommunen.
Noch werden die Daten ausgewertet, doch schon jetzt zeichnet sich laut Dominik Röding von der medizinischen Hochschule Hannover ab: „In Gemeinden, die wissenschaftsbasierte Maßnahmen zur Suchtprävention ergreifen, haben Kinder und Jugendliche ein geringeres Risiko, Drogen zu konsumieren“. Das heißt konkret: „Will man als Kommune Präventionsarbeit betreiben, ist es sehr wichtig, erst einmal zu schauen: Wo genau stehen wir als Kommune und was können wir gezielt verbessern?“ Eine gute Grundlage hierfür sei die in den USA entwickelte Arbeitsmethode „Communities That Care“, kurz CTC. So hätten verschiedene Studien klar gezeigt: Es gibt bestimmte Risikofaktoren, die ein sicheres Aufwachsen bedrohen und Suchtverhalten fördern. Gleichzeitig gibt es Schutzfaktoren, die Risiken abmildern können.
„Grüne Liste Prävention“
Wie leicht etwa kommt man im Ort oder in bestimmten Stadtteilen an Drogen? Welches Schulklima herrscht an den einzelnen Schulen? Welche Jugendangebote gibt es und welche Aufenthaltsräume? Für die Analyse sollte die Kommune möglichst detailliert alle relevanten Daten zu den Feldern Familie, Schule, Gleichaltrige und Wohngebiet zusammentragen. „Was sind die am dringendsten zu bearbeitenden Faktoren vor Ort?“ – das sei in Folge die Schlüsselfrage für die Auswahl von Präventionsangeboten. Welche sich hier besonders bewähren, zeigt die Datenbank der „Grüne Liste Prävention“, in der Programme nach ihrer Effektivität bewertet sind. Erst Risiko- und Schutzfaktoren in der Kommune bestimmen, dann die Programme auswählen – diese Reihenfolge ist laut Röding essenziell für den späteren Erfolg. So habe sich gezeigt: „Passgenaue Maßnahmen sind kommunale Investitionen, die sich absolut lohnen.
Mit welchen Aktionen erreichen wir die jungen Menschen und wie können wir sie stärken, damit sie möglichst gut gewappnet sind gegen Drogenkonsum? Das waren die Fragen, die am Beginn des zweijährigen Modellprojekts „Trouble in the City - Stark ohne Drogen“ in Zwickau von über 30 Netzwerkpartnern aus neun Kommunen bearbeitet wurden. „Es gibt so viele verschiedene Ursachen für Drogenkonsum und Sucht. Deshalb braucht es auch eine Strategie mit vielen verschiedenen Ansätzen“, sagt Isabell Reise, die Leiterin der Stabsstelle Kommunale Prävention. Der Schwerpunkt der gemeinsamen Initiative des Landkreises und der Stadtverwaltung Zwickau, der Rotary Clubs Zwickau-Glauchau-Lichtenstein sowie der Diakonie Westsachsen lag dabei deutlich auf den Schutzfaktoren. „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen ein Handwerkszeug geben, um resilienter durchs Leben zu gehen und Strategien zur Problembewältigung zu haben“, so Reise.
Skaten statt Drogen
Keine theoretischen Präventionsprogramme, stattdessen interaktive Angebote, bei denen man mitmachen kann und Spaß hat – das war der Wunsch der befragten jungen Menschen. Daraufhin wurde das Event „Push your limits - Skaten statt Drogen“ im örtlichen Skaterpark veranstaltet, Lese- und Filmabende, Ortsteilfeste, Gesprächsrunden mit Suchtkranken und sportliche Wettkämpfe. Aus Sicht von Reise war das Modellprojekt ein voller Erfolg. „Wenn man drei oder vier Kinder von zehn Kindern erreicht, hat man schon viel bewirkt“, sagt die Leiterin. Daher sind auch in Zukunft weitere Projekte geplant wie Infostände zur Drogenprävention bei Festen und Tanzveranstaltungen.
Die Bedeutung solcher Aktionen wird nicht weniger werden, schließlich stehen die Suchtpräventions-Stellen allerorts mit der Cannabis-Legalisierung vor einer neuen Herausforderung.

