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Stadtmarketing sollte heute nachhaltig gedacht werden - dafür plädieren unsere Autoren
Stadtmarketing sollte heute nachhaltig gedacht werden - dafür plädieren unsere Autoren.
© fotolia

Tourismus

Was Stadtmarketing mit Nachhaltigkeit zu tun hat

12. Juni 2023
Immer mehr Kommunen wollen nicht nur den Tourismus fördern, sondern dabei auch nachhaltiger werden. Unsere Gastautoren zeigen anhand praktischer Beispiele sieben Gründe auf, warum Stadtmarketing dabei eine wichtige Rolle spielt.

1. Stadtmarketing schafft Akzeptanz für Veränderungen.

Stadtmarketing kann helfen, vor Ort für nachhaltiges Verhalten zu werben und die konkreten Angebote von Stadt und kommunalen Akteuren bekannt zu machen – von Mobilität, etwa über Car-Sharing Angebote, bis zum Thema Energie über die regionalen Stadtwerke gibt es zahlreiche praktische Möglichkeiten. Erste Stadtmarketinggesellschaften greifen das schon auf. Beispiel Osnabrück: Eine eigene Nachhaltigkeitsmanagerin schafft und kommuniziert seit Anfang des Jahres konkrete Nachhaltigkeitsprojekte. Denn nur wenn über Erfolge geredet wird und diese sichtbar sind, können andere dem Beispiel folgen.

2. Qualitatives löst quantitatives Wachstum ab.

Ob Tourismus, Wirtschaft oder Bevölkerung – der Paradigmenwechsel vom quantitativen zum qualitativen Wachstum ist auch in den Kommunen allgegenwärtig. Es geht in Zukunft nicht um immer „mehr“, sondern um die „richtigen“ Menschen. Wir wollen Unternehmen und Bewohner für unsere Städte gewinnen, die den nachhaltigen Wandel mittragen. Beispiele sind etwa CO2-neutrale Unternehmen oder solche, die auch ökologische und soziale Ziele verfolgen. In Extremfällen kann das auch heißen, dass eine Kommune versucht, Personen fern zu halten, die diese Ziele konterkarieren. Amsterdam ist diesen Schritt bereits gegangen. Die Stadt hat eine Kampagne gestartet, mit der Feiernde aus Großbritannien abgeschreckt werden sollen.

Stadtmarketing hat auch Effekte auf mögliche Mitarbeiter

3. Zukunftssicherung durch Fachkräftemarketing. Angesichts des deutschlandweiten Fachkräftemangels hat die Gewinnung und Bindung qualifizierter Fachkräfte für Städte und Gemeinden besondere Relevanz. Wenn ein Standort für Fachkräfte nicht attraktiv ist, wird er über kurz oder lang seine Attraktivität für Unternehmen verlieren. Eine Abwärtsspirale droht. Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet daher, die „richtigen“ Fachkräfte anzuziehen.Fachkräfte werden somit zu einer zentralen Zielgruppe des Stadtmarketings. Es gilt die spezifischen Qualitäten der Städte und Gemeinden herauszuarbeiten und ein positives Image aufzubauen. Wie das funktionieren kann, hat die ostwestfälische Stadt Bielefeld gezeigt. Mit der Social-Media-Kampagne matchyourfuture.de spielt die Stadt ihre Qualitäten zielgruppenspezifisch aus.

Dort gibt es gleich auf der Startseite etwa ein Quiz unter dem Namen: „Welcher Bielefeld-Typ bist du“? Besucher sollen herausfinden, wie gut die Stadt im Grünen zu ihnen passt. Es werden verschiedene nachhaltige Projekte und Orte vorgestellt, die bewertet werden sollen.

Die soziale Komponente von Stadtmarketing

4. Stadtmarketing stärkt soziale Nachhaltigkeit. Wer kennt nicht diesen Effekt beim Stadtfesten oder WeihnachtsmärktenWeihnachtsmarkt: Auf einmal gibt es ein kollektives „Wir“ und die ganze Stadt oder Gemeinde trifft sich. Eine Fähigkeit des Stadtmarketings liegt darin, Narrative zu entwickeln und dahinter die ganze Stadtgesellschaft zu versammeln. Das liegt zum einen an der Niederschwelligkeit der Angebote, zum anderen an der Verknüpfung von Stadtmarketing, Stadtfesten und lokalen Netzwerken.

Anders als bei kommerziellen Festivals, können dabei Menschen aller sozialer und wirtschaftlicher Schichten und verschiedenster Herkunft in den Austausch treten.

Stadtmarketing kann den passenden Rahmen schaffen und sozialen Sinn stiften – über das breite Angebot an Begegnungsmöglichkeiten und lokaler Identität.

5. Marketing nach Innen wird immer wichtiger. Lagen die Anfänge des Stadtmarketings vor allem in der Aufgabe Touristen anzuziehen, so hat sich der Fokus in den vergangenen 15 Jahren stark erweitert:  Unter den Schlagworten “Bürger zu Botschaftern machen” oder “partizipatives Stadtmarketing” liegt der Fokus heute verstärkt auf der eigenen Bevölkerung. Ziel ist das Erzeugen und Fördern einer grundlegend positiven Stimmung zur eigenen Stadt.

Idealerweise führt diese zu einer verstärkten lokalen Identifikation, zu Engagement für die Gemeinschaft – kurzum zu sozialer Nachhaltigkeit.

6. Regionalität ist ein Mega-Trend. Insbesondere Lebensmittel-Anbieter haben ihn längst für sich entdeckt: Den Trend zu regionalen Erzeugnissen. Kurze Wege, weniger Energie-Einsatz, mehr Frische und Geschmack. Konsumenten lieben Produkte „von hier“. Das Potenzial der Regionalität geht jedoch weit über Lebensmittel hinaus. Und wer könnte es besser und glaubwürdiger nutzen, als die Regionen selbst – die Städte und Gemeinden?!

Das Potenzial der Regionalität liegt dabei auf zwei Ebenen: Zum einen gilt es, die heimische Bevölkerung für die Angebote der örtlichen Unternehmen zu gewinnen – und Stolz und Verbundenheit zu stärken. Zum anderen, über die eigenen Grenzen hinaus, ein positives Image der Region und ihrer Unternehmen aufzubauen. Südtirol gilt als internationales Paradebeispiel für solch einen strategischen Aufbau eines starken Herkunftsimages der ganzen Region.

Wie Stadtmarketing sichtbar wird - ein Beispiel aus Niedersachsen

7. Nachhaltigkeit muss konkret werden. Alles das können wir nur schaffen, wenn wir Nachhaltigkeit erlebbar machen und ganz konkret kommunizieren. Durch Leuchtturmprojekte und viele kleinere Alltagsprojekte können die Bürger konkret sehen, was wir zusammen für die Nachhaltigkeit tun können. Das kann beispielsweise die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude sein.

Ein Beispiel: Die Hansestadt Uelzen hat fast 7,4 Millionen Euro in die Sanierung ihres Theaters investiert und spart so 145 140 Tonnen CO2 jährlich ein. Damit verknüpft sie kommunikativ Nachhaltigkeit mit einem zentralen Markenthema der Stadt: Kultur.

Zu den Autoren:

Martin Knabenreich

Martin Knabenreich ist Geschäftsführer der Bielefeld Marketing GmbH.

Peter Pirck

Peter Pirck ist Geschäftsführender Gesellschafter der Brandmeyer Markenberatung in Hamburg.

Sebastian Zenker

Dr. Sebastian Zenker ist Professor für Stadtmarketing und Tourismus an der Copenhagen Business School.

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