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  1. Praxis
  2. Klimaschutz
  3. Norwegische Effizienz: Wie ein Klimamanager neue Impulse setzt
Wasserkraft: ein wichtiger Faktor zur Energiegewinnung in Norwegen.
Norwegen nutzt Wasserkraft. Ein Element, das Deutschland so nicht übernehmen kann.
© privat

Klimaschutz

Norwegische Effizienz: Wie ein Klimamanager neue Impulse setzt

von Annette Lübbers
Reporterin
11. Juni 2025
Eine norddeutsche Kommune beschäftigt einen Klimaschutzmanager, der die lokale regenerative Energieversorgung und -effizienz voranbringen soll. Lernen will die Kommune von Erfahrungen aus seinem zweiten Heimatland: Norwegen. Während Norwegen auf 100 Prozent Erneuerbare setzt und mit digitalen Energiemanagementsystemen punktet, sieht er in Deutschland noch großen Nachholbedarf. Warum eine Mischung aus norwegischer Lockerheit und deutscher Gründlichkeit der Energiewende helfen könnte.

Die kleine Waldgemeinde Großhansdorf in Schleswig-Holstein hat seit Januar 2024 einen neuen Klimaschutzmanager. Der 28-Jährige bringt einen Masterabschluss im Climate Change Management mit. Aber nicht nur sein Studiengang qualifiziert ihn für den Job: Christopher Faust hat 17 Jahre seines jungen Lebens in Norwegen verbracht. Ein Land, das nahezu 100 Prozent energieunabhängig ist. Norwegen und Deutschland, sagt er, seien wie Weißbrot und Knäckebrot. Einfach nicht zu vergleichen.

Norwegen: unschlagbar im Bereich Erneuerbare Energien

In Norwegen spielen fossile Energieträger schon länger kaum noch eine Rolle. Gasabhängigkeit? Gibt es nicht. Kohle- und Gaskraftwerke? Fehlanzeige. Windkraft, Solarenergie und besonders die Wasserkraft bringen das skandinavische Land auf 100 Prozent Erneuerbare. Schon seit annähernd 30 Jahren setzen die Skandinavier auf Wärmepumpen und Direktheizungen. Vorbildlich, aber Christopher Faust schränkt ein: "Die natürlichen Gegebenheiten lassen sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Gerade im Westen Norwegens mit all seinen Fjorden bietet Wasserkraft so viel mehr Möglichkeiten als in Deutschland. Die Windkraft spielt eine größere Rolle, aber auch das Heizen mit Biomasse." Der Norweger liebe seine heimelige Kamin-Atmosphäre und rauchende Schornsteine gehörten deshalb auch zum norwegischen Wärmemix. "Allerdings muss man auch dazu sagen, dass die Öfen in Norwegen sehr effizient arbeiten und nur wenig Biomasse erfordern."

Christopher Faust: jung und ambitioniert.
Christopher Faust, Klimamanager

Erneuerbare Energien: in Großhansdorf ausbaufähig

Derzeit ist Christopher Faust natürlich noch in die Einarbeitungsphase. Seine erste Aufgabe: ein Energiekonzept für die Zukunft zu erstellen, das Klimaschutz, erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigt. Derzeit ist Öl und Gas in dem kleinen Ort noch überall anzutreffen. Wenn der junge Mann durch die Waldgemeinde geht, dann fallen ihm im privaten Sektor viele neue Wärmepumpen auf. Auch Photovoltaik und Solarthermie sieht er auf dem Vormarsch. "Das ist die Angst davor, dass Öl und Gas Auslaufmodelle sind", unterstreicht der neue Klimaschutzmanager und sieht gerade für die kommunalen Liegenschaften großen Handlungsbedarf: "Wir haben in einer Kita eine Wärmepumpe. Vorrangig kommt Gas zum Einsatz, immerhin auf einem recht modernen Level." In nächster Zeit auf seiner To-Do-Liste: PV-Anlagen für Schulen, energetische Sanierungen - und ein Absenken des Energieverbrauchs. Was es für Letzteres braucht: Lernenswertes aus seiner norwegischen Heimat.      

Windräder inmitten der Natur sind in Norwegen ein häufiger Anblick.

Energieeffizienz: Lernen von Skandinavien

Auch wenn die Gegebenheiten "hüben und drüben" nicht direkt vergleichbar sind, will Christopher Faust seine Erfahrungen aus der zweiten Heimat hier mit einbringen: "Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien brauchen wir in Deutschland sehr viel mehr Effizienz im Verbrauch. In Norwegen gibt es annähernd flächendeckend das sogenannte EMS: Das Energiemanagementsystem erhebt Daten bezüglich des Energie-, Wasser und Stromverbrauchs, analysiert und visualisiert diese und zeigt so jederzeit die Schwachstellen im System auf." Allerdings, schränkt der neue Klimaschutzmanager ein: "In Norwegen sind alle wesentlichen Abläufe zu hundert Prozent digitalisiert, unabhängig davon, ob es sich um die Energieversorgung oder um die Kommunikation mit der Bürgerschaft handelt. Davon sind wir in Deutschland leider noch weit entfernt." Und noch etwas fällt Christopher Faust im Vergleich auf: "In  Norwegen gibt es überall im öffentlichen Raum Sensoren, die zum Beispiel automatisch die Temperaturen in Gebäuden regeln und das Licht ausschalten, wenn niemand im Büro ist. Mit solchen Vorschlägen kommt man in Deutschland nicht weit - Datenschutz. Das sieht der Norweger deutlich lockerer." Eine Lockerheit, die Energie sparen hilft.

Norwegen: Mehr Information und mehr Beteiligung

Christopher Faust sieht in Deutschland noch eine weitere Baustelle, die er auf dem Weg zu mehr Klimaschutz und dem Ausbau Erneuerbarer Energien bearbeitet sehen will: "In Norwegen fährt etwa jedes fünfte Auto bereits mit Strom. Grund dafür ist die gut ausgebaute E-Infrastruktur, die es so in Deutschland noch nicht gibt." Möglich sei der Wandel in diesem Bereich auch deshalb gewesen, weil die Bürgerinnen und Bürger in Norwegen über neue Entwicklungen gut informiert seien und es traditionell sehr viel mehr Bürgerbeteiligungen gebe. Grundsätzlich plädiert der junge Mann für einen Mix aus norwegischer Lockerheit und deutscher Gründlichkeit: "Ja, in Deutschland dauern die Genehmigungsverfahren extrem lange, zu lange. In Norwegen geht das viel, viel schneller. Allerdings werden häufig die Konsequenzen des schnellen Handelns nur unzureichend bedacht." Zusammenfassend betrachtet: Ein bisschen weniger Deutschland und ein wenig mehr Norwegen könnte die Energiewende in Deutschland befördern helfen.   

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